Von Olga Samofalowa
Präsident Wladimir Putin wies die Regierung an, die Exportprognose im Nicht-Energie-Sektor bis zum Jahr 2030 zu präzisieren und Maßnahmen zu dessen Steigerung vorzuschlagen. Die Ausführungsfrist läuft am 1. April 2025 ab.
Das Ministerium für Industrie und Handel entwickelt derzeit ein neues nationales Projekt "Internationale Zusammenarbeit und Export". Das Ziel dieses Projekts ist es, den Exportanteil von Nichtrohstoffen und von nichtenergetischen Gütern bis 2030 um mindestens zwei Drittel und den Export von agroindustriellen Gütern um das Anderthalbfache zu steigern. In den vergangenen Jahren erzielte Russland erhebliche Fortschritte bei den Exporten nichtenergetischer Güter.
"Russlands Exporte außerhalb des Energiesektors wuchsen seit Anfang der 1990er Jahre zunächst langsam, beschleunigten sich aber in den 2000er Jahren aufgrund der gestiegenen Nachfrage auf den Weltmärkten und der hohen Rohstoffpreise. Dies führte zu Deviseneinnahmen und stimulierte andere Industriesektoren. In den 2010er Jahren arbeitete Russland aktiv an der Diversifizierung der Exporte, um die Abhängigkeit von Energieressourcen zu verringern, sodass die Exportstruktur ab 2020 mehr Produkte des agroindustriellen Komplexes, der Metallurgie und der chemischen Industrie umfasste", sagt Jaroslaw Kabakow, Strategiechef der Investmentfirma "Finam".
Ihm zufolge begann das aktive Wachstum der Nicht-Energie-Exporte in den 2010er Jahren und wurde durch das staatliche Exportentwicklungsprogramm, einschließlich des Programms "Internationale Zusammenarbeit und Export", gefördert. Die staatliche Unterstützung trug dazu bei, russische Nicht-Rohstoff-Waren im Ausland zu fördern und Handelsmechanismen zu schaffen. Kabakow erklärt dazu:
"Im Ergebnis erreichten die Nicht-Energie-Exporte bis 2021 einen Rekordwert von 194 Milliarden US-Dollar, doch die Sanktionen 2022 bis 2023 verursachten erhebliche Verluste. Im Jahr 2023 fielen die Exporte außerhalb des Energiesektors auf 146,3 Milliarden US-Dollar, verglichen mit 190,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022. Dies ist das Ergebnis der Sanktionen und des Nachfragerückgangs in Europa."
Die Dynamik der russischen Nicht-Rohstoff- und Nicht-Energie-Exporte sei stark von den Weltmarktpreisen abhängig, erläutert Alexander Firantschuk, führender Wissenschaftler am Forschungslabor für internationalen Außenhandel des Instituts für angewandte Wirtschaftsforschung der Präsidentenakademie. Ihm zufolge erreichten die Nicht-Rohstoff- und Nicht-Energie-Exporte in den Jahren 2021 bis 2022 dank eines starken Preisanstiegs bei wichtigen Rohstoffen wie Metallen, Nahrungsmitteln und Düngemitteln ein Rekordniveau. Die Preiskorrektur im Jahr 2023 führte jedoch zu einem 25-prozentigen Wertrückgang dieser Exporte im Vergleich zu 2021, wobei der Mengenrückgang mit zehn Prozent geringer ausfiel.
Allerdings begannen die Exporte von Nicht-Energie-Gütern im Jahr 2024 wieder zu wachsen. In sieben Monaten stiegen sie um fünf Prozent auf 89,8 Milliarden US-Dollar. "Im Jahr 2024 wird ein Exportwachstum erwartet, das auf die Stärkung der Position Russlands auf den asiatischen und afrikanischen Märkten sowie auf die Entwicklung der heimischen Industrie und die Erweiterung der Produktpalette zurückzuführen ist", so Kabakow.
Allerdings steht Russland aufgrund der verschärften Sanktionen vor neuen Herausforderungen. "Sanktionen, logistische Schwierigkeiten und Probleme bei Finanztransaktionen könnten die Rückkehr zu den Zahlen von 2021 bei den Nicht-Rohstoff- und Nicht-Energie-Exporten erschweren – es könnte etwa fünf Jahre dauern. Die Aufrechterhaltung von Marktpositionen in den Industrieländern, insbesondere in den Segmenten Düngemittel und einiger Metalle, wird eine gewisse Rolle spielen", meint Alexander Firantschuk von der Präsidentenakademie.
Der Experte weist auf die Exporte von Hightech-Gütern hin, die sich auf die Segmente Maschinen, Ausrüstungen und die Gruppe der "sonstigen Güter" konzentrieren, die im Jahr 2023 einen stärkeren Rückgang verzeichneten. Die Exporte dieser Waren seien im Vergleich zu 2021 um ein Drittel zurückgegangen und ihr Anteil an den Gesamtexporten sei von 8,3 Prozent auf 5,4 Prozent gesunken.
Laut Prognosen sollen sich diese Exporte bis zum Jahr 2030 teilweise erholen und einen Gesamtanteil von etwa 6 Prozent erreichen, so Firantschuk. "Die Probleme durch den Ausfall ausländischer Partner und die Lieferunterbrechungen stellen nicht nur für die Wiederherstellung der Exporte, sondern auch für die inländische Produktion erhebliche Hindernisse dar. Die Unternehmen sind gezwungen, nach Umgehungslösungen für die Lieferung von Schlüsselkomponenten zu suchen, was die Kosten und Lieferzeiten erhöht und die Wettbewerbsfähigkeit der Produktion verringert", bedauert Firantschuk.
"Meiner Meinung nach wurde die Regierung vom Präsidenten rechtzeitig angewiesen, die Exportprognosen außerhalb des Energiesektors zu präzisieren", sagt Pawel Sewostjanow, amtierender Staatsberater der Russischen Föderation und außerordentlicher Professor am Lehrstuhl für politische Analyse und soziale und psychologische Prozesse an der Russischen Wirtschaftsuniversität Plechanow.
Die russische Wirtschaft verfügt über ein Wachstumspotenzial außerhalb des Energiesektors, vor allem im Zusammenhang mit der globalen Energiewende. Hieraus werden sich Industriezweige wie die Hochtechnologie, der agroindustrielle Komplex, die Produktion von z. B. Lithium und der Abbau von Metallen und Elementen der Seltenen Erden transformieren und aktiv entwickeln.
Im IT-Sektor beispielsweise liegt das Wachstum bei fünfzehn Prozent im Vergleich zu 2023, was auf eine verstärkte Nachfrage nach Digitalisierung hinweist. Auch der Agrarsektor sorgt mit einem Wachstum der Agrarexporte von zwölf Prozent für eine positive Dynamik. Diese Entwicklungen bieten neue Möglichkeiten zur Diversifizierung der Wirtschaft und zur Verringerung der energiebezogenen Komponenten.
Die vielversprechenden Bereiche für ein Exportwachstum bis 2030 seien der agroindustrielle Komplex, die Metallurgie, IT- und Hightech-Produkte sowie der Maschinenbau, stimmt Kabakow zu. Das Russische Exportzentrum stellt fest, dass befreundete Länder in Asien, Afrika und Lateinamerika von Russland die Lieferung von gängigen Industrierohstoffen, komplexen Industrie- und Infrastrukturausrüstungen, IT-Lösungen, Medikamenten, rollendem Material für den Verkehr usw. erwarten. Der Pressedienst des Russischen Exportzentrums erklärt:
"Diese russischen Güter werden in vielen Ländern willkommen sein, aber dafür muss eine neue industrielle Basis auf der Grundlage von inländischen Technologielösungen aufgebaut werden."
Nach Angaben des Russischen Exportzentrums besteht in den postsowjetischen Ländern eine hohe Nachfrage nach inländischen Konsumgütern, darunter Fertiglebensmittel, Baumaterialien, Kunststoffprodukte, Möbel und Haushaltschemikalien. Darüber hinaus entwickeln sich die Zulieferungen von Energie- und Eisenbahnausrüstungen. "Die postsowjetischen Länder und die EAWU (Eurasische Wirtschaftsunion) werden im Jahr 2030 Schlüsselmärkte für viele russische Waren sein, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Nachfrage dort aus demografischen Gründen schneller wachsen wird als in Russland", so der Pressedienst des Russischen Exportzentrums.
Große Erwartungen seien auch mit den Ländern des Globalen Südens verbunden, denen Russland nicht nur Nahrungsmittel, Energie und Industrierohstoffe, sondern auch Waren und Lösungen für die vollständige Modernisierung der gesamten Ingenieur-, Energie-, Verkehrs- und städtischen Infrastruktur, Bildungs- und medizinische Dienstleistungen, IT-Dienstleistungen und vieles mehr anzubieten bereit sei, stellt das Russische Exportzentrum fest.
Das Handelsvolumen mit befreundeten Ländern sei bereits gewachsen und entspreche dem Handelsvolumen Russlands mit der ganzen Welt vor vier Jahren, bemerkt der Pressedienst des Russischen Exportzentrums. Während im Jahr 2021 60 Prozent der russischen Nicht-Rohstoff- und Nicht-Energie-Exporte auf befreundete Länder entfielen, erreichen sie jetzt 86 Prozent aller Lieferungen aus Russland.
Es gebe jedoch Hemmnisse für ein weiteres Wachstum der Nicht-Rohstoff- und Nicht-Energie-Exporte. Dazu seien logistische Einschränkungen, unzureichende Finanzinstrumente für Exporteure und ein starker Wettbewerb zu zählen, weist Kabakow hin.
"Bestimmte Hindernisse, die der Exportumorientierung im Wege stehen, können abgemildert werden. Für die Lösung von Logistikproblemen ist die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur und die frühzeitige Ermittlung der größten Engpässe erforderlich. Die Wirksamkeit solcher Maßnahmen hängt von der Genauigkeit der Außenhandelsprognosen und der Ermittlung erfolgversprechender Exportziele ab. Von besonderer Bedeutung ist die wohlüberlegte Priorisierung des Schienenverkehrs unter Berücksichtigung der Wertschöpfung und der gesamten Steuereinnahmen pro Frachteinheit", sagt Alexander Firantschuk.
Eines der Probleme besteht darin, die Zulassung unserer Produkte auf den neuen Märkten zu erhalten. "In vielen für uns interessanten Ländern schützen hohe Zölle den heimischen Markt, insbesondere in Indien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und in afrikanischen Ländern. Im Industriesektor werden jedoch Lokalisierungsprogramme durchgeführt (das sind unsere Geschäftschancen), und in einer Reihe von Ländern werden solche Projekte bereits diskutiert und sogar umgesetzt.
Dabei handelt es sich um fachkundige, technologisch fortgeschrittene Produkte, die es den russischen Lieferanten ermöglichen, durch die Betreuung solcher Projekte viele Jahre lang auf dem Zielmarkt Fuß zu fassen", so das Russische Exportzentrum.
Für das Wachstum der Nicht-Energie-Exporte ist auch eine berechenbare und berechtigte Handelspolitik wichtig. "Russland nutzt aktiv Zollkontingente und Ausfuhrzölle, die die Inlandspreise stabilisieren und den Haushalt auffüllen. Ihre dauerhafte Anwendung kann jedoch die Attraktivität von Investitionen verringern und die Unternehmensplanung erschweren", erklärt Firantschuk.
Um die Einnahmen des Landes aus dem Nicht-Energie-Sektor bis zum Jahr 2030 deutlich zu steigern, sei es notwendig, die Infrastruktur zu stärken, Investitionen in Produkte mit hoher Wertschöpfung anzuziehen, die Steuerbedingungen zu optimieren und einen Schutz gegen Währungsrisiken zu errichten, schlussfolgert Kabakow.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 31. Oktober 2024 zuerst auf der Seite der Zeitung Wsgljad erschienen.
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