Wenn wir einen guten Freund verloren haben, hinterlässt er eine große Lücke. Der Schmerz über den Verlust lässt sich vielleicht etwas besser ertragen, wenn wir uns nicht darauf konzentrieren, was nicht mehr da ist, sondern auf das, was uns bleibt. Wir Netzfrauen müssen Ihnen eine traurige Nachricht überbringen. Unsere Lisa Natterer hat ihre letzte große Reise angetreten. In ihrer Kurzbio schrieb sie ganz stolz: „Ich bin von Anfang an dabei. Ich möchte auch damit dazu anregen, nicht kritiklos hinzunehmen, sondern mehr zu hinterfragen, sich nicht immer mit einer vorgeschlagenen Lösung zufrieden zu geben, sondern nach besseren Alternativen zu suchen. Und denjenigen eine Stimme zu geben, die ohne unsere Hilfe nicht gehört werden.“ Das war vor 10 Jahren, denn da begann die Geschichte zweier Frauen, die eine aus Deutschland, die andere aus Österreich. Sie wollten nicht mehr tatenlos zuschauen und hatten eine Idee: Netzfrauen. Vor 10 Jahren tauchten die Netzfrauen plötzlich auf und wagten es, gegen große Konzerne vorzugehen. Seitdem ist viel geschehen. Wir haben einen langen Weg hinter uns und hätten noch einen langen Weg vor uns, dachten wir, aber leider ist dieser Weg jetzt für Lisa zu Ende. Dazu lesen Sie bitte folgende Zeilen, die Freundschaft zweier Frauen, die etwas bewegen wollten und auch haben.
Liebe Lieschen,
nun sitze ich hier, weit weg von dir, aber dir doch so nah. Statt mit dir zu telefonieren, schreibe ich dir diese Zeilen. Ja, das Telefon, es war die Verbindung, die wir hatten. Andere haben eine Redaktion, wir hatten das Telefon. Doch jetzt ist unsere Leitung unterbrochen worden. Kein Anruf und keine Lieschen mehr, die wieder voller Elan an einer neuen Recherche sitzt und sie mit mir bespricht. Wie oft, hast du mich gefragt: „Hast du das gewusst? Das ist unglaublich, ich habe sofort recherchiert…“ Nun ist deine Stimme verstummt, aber du hast Spuren hinterlassen und zwar ganz viele.
Meine liebe Lieschen, der Zufall hat uns vor über 10 Jahren zusammengebracht und wir merkten sofort, es passt. Wir haben zusammen die Welt revolutioniert, zwei Frauen, die einfach nicht mehr zu schauen wollten, wie der Planet zugrunde gerichtet wird und damit auch die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder.
Weiß du noch, wie wir auf einmal in Lateinamerika im Fernsehen waren und das zur besten Sendezeit? Weiß du noch, wie wir anfangs angegriffen wurden, aber jetzt auf einmal stellen sie fest, wir hatten doch recht. Aber das wussten wir ja eh, denn wir waren sehr sorgfältig mit den Recherchen. Und sogar bis in den Kongress in den USA haben wir es geschafft. In den 10 Jahren, waren es 200 Millionen Aufrufe, egal ob aus Japan, Afrika, Amerika, Indonesien – auf der ganzen Welt. Nur mit Grönland hatten wir so unsere Probleme, doch auch das schafften wir. Also können wir sagen, wir werden auf der ganzen Welt gelesen.
Ja, es waren 2 Frauen, die einfach angefangen sind, zu hinterfragen.
Ich muss gerade schmunzeln, wenn ich an deinen ersten Bericht über Designer-Babys denke. Du schriebst: Aber bitte auch den Ohrenschmalz berücksichtigen, der kann ganz schön arg im Alter sein.
Oder wie du dich geärgert hast, als man behauptete, wir würden keine Quellen anzeigen. Erst gestern sah ich eine Erinnerung von Facebook, dass du dich öffentlich darüber beklagt hast und beschrieben hast, wie wir recherchieren.
Ja und Dein Text macht gerade im Netz seine Runde, so wie du dir es gewünschst hast:
Ja, du hast nicht weggeschaut, du konntest deinen Enkelkindern noch sagen, dass du etwas bewegen wolltest und auch hast.
Aber nicht nur die Kinder waren dir wichtig, auch die Orang Utans. Dieser olle Palmöl, was haben wir darüber schon geschrieben und immer wieder darauf aufmerksam gemacht. Und du hast sogar mit Karin einen Verein gegründet:
„Mamat Orang Utan Hilfe“ Facebook: Mamat Orangutanhilfe
Der Verein unterstützt das Sintang Orang Utan Center von Willie Smits. Dr. Willie Smits, geborener Holländer, mittlerweile jedoch seit Jahrzehnten in Indonesien und dort eingebürgert, setzt sich vor Ort unter vielem Anderen für den Erhalt des Regenwaldes und das Überleben der Orang Utans, der Schwarzschopfmakaken und anderer Tiere ein. Seine Arbeit begann 1985 in der Wanariset-Forschungsstation in Ost-Kalimantan auf der Insel Borneo. 1991 gründete Dr. Smits die „BORNEO ORANGUTAN SURVIVAL FOUNDATION“ BOS, die weltweit größte Organisation zum Schutz der Orang Utans. Das Sintang Orang Utan Centre, welches sich im südwestlichen Teil Borneos befindet, nimmt verwaiste oder kranke Tiere auf. Dort werden sie gesund gepflegt, möglicherweise re-sozialisiert und schließlich in einen geschützten Waldteil (Tembak) gebracht, wo sie ihre natürlichen Sinne und Fähigkeiten wieder erlernen sollen. Das Klettern oder wie man sich einen Schlafplatz für die kommende Nacht baut, haben die meisten „Bewohner“ von Sintang nicht erlernt, weil sie ihren Müttern gestohlen wurden, oder eben verwaist waren. Helfen sie mit, dieses Projekt zu unterstützen. Immer wieder werden Tiere aufgenommen. Manchmal gibt es zu wenige Käfige, und Geld wird benötigt, um das Material für neue Gehege zu kaufen. Mehr dazu HIER
Liebe Lisa, du hast deine dir noch gebliebene Zeit sinnvoll genutzt, du warst weltweit unterwegs, wenn auch nur noch im Internet.
Du bekamst aus vielen Ländern ein Dankeschön. Weiß du noch, als ein Aloha aus Hawaii kam? Waren wir beide glücklich, dass sich dort Menschen freuten, dass wir ihnen im Kampf gegen Monsanto geholfen haben. Oder aus Mexiko, auch dort konnten wir den Maya helfen.Wir haben vielen Menschen geholfen, allerdings auch viele liebgewordenen Aktivisten verloren.
Sogar wir dachten schon, dass wir irgendwann im Gefängnis landen werden, weil wir zu laut sind. Ich erinnere mich gern an den Abend, wie wir unsere Forderungen formuliert haben, wenn es dazu käme. Wir wollten Internet haben und natürlich eine gemeinsame Zelle, denn dann können wir von dort aus weiterarbeiten. Das du aus Österreich und ich aus Deutschland komme, damit sollten sich dann die Regierungen auseinandersetzen. Wir haben herzhaft gelacht und gesagt, dass wenn wir untergehen, mit erhobenem Haupt und wehenden Fahnen.
Und jetzt ist es so weit, meine liebe Lisa, du gehst deinen letzten Weg, die Fahnen werden wehen und du gehst mit erhobenem Haupt. Und dein Internet ist jetzt deine Gedanken, die uns immer begleiten werden.
Ich lasse dich ungern gehen, dass weiß du, liebe Lisa. Aber die Zeit ist gekommen und wir müssen es akzeptieren.
Du bist jetzt von deinen Leiden erlöst. Der Krebs ist ein Arschloch, dass haben wir immer gewusst und auch daher haben wir gekämpft. Wir wollen, dass endlich die gefährlichen Chemikalien entfernt werden, die für Krebs verantwortlich sind.
Liebe Lisa, du bist mein Lieblingsmensch, meine Schwester, meine Freundin und meine Vertraute. Ein Leben ohne dich, ist für mich unvorstellbar. Ich vermisse unsere Telefonate, ich vermisse alles, was ich mit dir erleben durfte.
Und vergesse mich nicht, bitte passe auf mich auf. Ich komme dir hinterher, aber nicht so schnell, denn ich habe noch einiges zu erledigen. Du hast mir viele Aufgaben dagelassen, die ich versuche zu erfüllen.
Du weißt ja, niemals geht man so ganz… du bleibst immer ein Teil von uns allen.
Liebe Lisa, vielleicht habe ich noch was vergessen, was ich dir erzählen wollte, aber wichtig ist vor allem, dass ich stolz bin, eine so großartige Freundin gehabt zu haben.
Danke liebe Lisa, im Namen aller, die dich kennenlernen durften.
Wir werden weiterhin für dich kämpfen, denn wie man es macht, hast du uns gezeigt.
Alles begann vor 10 Jahren, die Geschichte zweier Frauen, die eine aus Deutschland, die andere aus Österreich, aber ihr Geschichte wird mit dem Tod von Lisa aus Österreich nicht enden. Denn das hat sie nicht gewollt, es gibt noch so viel zu tun. Alles begann vor 10 Jahren mit einer Idee – NETZFRAUEN!
Bitte unterstützt uns weiter, im Namen von Lisa Natterer, eine großartige Frau und ein großer Verlust auf dieser Erde.
Im Namen von Lisa, soll ich allen Leserinnen, Leser und Unterstützer Danke sagen.
Wir sind in Gedanken bei Heinz, ihrem Mann und Uschi, ihrer Tochter und den Enkelkindern. Ihr verliert eine großartige Frau, Mutter und Oma. Sie ist nicht weg, sie ist jetzt nur woanders.
In tiefer Trauer
Netzfrau Doro Schreier
Alles begann vor 10 Jahren mit einer Idee – NETZFRAUEN!
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