Von Dawid Narmanija
Obwohl weniger als zwei Wochen vergangen sind, seit Selenskij seinen "Siegesplan" vorgestellt hat, sind dessen geheime Punkte, die man in Kiew auch lieber vor der Öffentlichkeit geheim halten wollte, bekannt geworden. Die westlichen Politiker lassen Informationen über die Medien durchsickern. Was Kiew zu verheimlichen hat, ob es überhaupt die Sicherheit gewährleisten kann und ob die Wünsche der ukrainischen Machthaber prinzipiell realisierbar sind, steht in diesem Bericht von RIA Nowosti.
"Den Schleier herunterreißen"
Der öffentlich zugängliche Teil von Selenskijs Plan umfasste fünf Punkte:
- Unverzügliche Einladung der Ukraine in die NATO;
- Fortsetzung der westlichen Waffenlieferungen und Genehmigung von Langstreckenraketenangriffen tief nach Russland hinein;
- Stationierung eines "umfassenden nichtnuklearen strategischen Abschreckungspakets" in der Ukraine nach dem Krieg, das ausreicht, um "jede militärische Bedrohung durch Russland abzuwehren";
- Abschluss einer Reihe von Wirtschafts- und Investitionsabkommen mit dem Westen für den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg;
- Einsatz der ukrainischen Armee als fortgeschrittene militärische Kraft in Europa.
Und es gab noch drei weitere Punkte, die Selenskij geheim hielt. Allerdings nicht für lange.
Für das "Leck" sorgte letztlich die New York Times (NYT) in den USA. Der Kiewer Machthaber versuche seit mehreren Wochen, europäische und amerikanische Politiker zur Unterstützung seines sogenannten "Siegesplans" zu bewegen, was aber nicht gelungen sei, so die Zeitung.
Die NYT schrieb:
"Bisher hat kein Staat Angriffe mit seinen Langstreckenraketen auf Militärziele tief in Russland genehmigt. Und keine Großmacht hat öffentlich die NATO-Einladung der Ukraine unterstützt, während der Krieg weitergeht. Selenskijs Lobbying-Tour durch die Vereinigten Staaten und Europa in den vergangenen sechs Wochen kann als Fehlschlag betrachtet werden."
Einem ungenannten hochrangigen US-Beamten zufolge wurde der dritte Punkt – die nichtnukleare Abschreckung – durch das Ersuchen ergänzt, Kiew mit Tomahawk-Marschflugkörpern auszustatten. Der Informant selbst bezeichnete dies als "völlig undurchführbar".
Auf See und an Land
Die Raketen der Tomahawk-Serie sind seit langem eines der Symbole der US-amerikanischen Macht. Sie wurden im Golfkrieg, in den Konflikten im ehemaligen Jugoslawien, bei Angriffen auf den Irak in den 1990er Jahren und bei der Irak-Invasion in den 2000er Jahren, in Libyen und in Syrien in den Jahren 2017 und 2018 in großem Umfang eingesetzt.
Im Jahr 2023 – vier Jahre nach Aussetzung des Abkommens – testeten die USA jedoch das bodengestützte Typhon-System mit Tomahawks. Sie erklärten diese Waffensysteme für voll einsatzfähig. In diesem Jahr wurde Typhon in Dänemark und auf den Philippinen stationiert.
"Tomahawks" sind in der Lage, unitäre – einschließlich nuklearer – sowie Streu-Sprengköpfe zu tragen, und darüber hinaus können sie Aufklärungsmittel transportieren. Sie erreichen eine Unterschallgeschwindigkeit von etwa 800 Kilometern pro Stunde. Der Preis liegt bei etwa zwei Millionen US-Dollar pro Stück.
Es ist bemerkenswert, dass diese Raketen noch nie gegen Staaten mit modernen Luftabwehrsystemen eingesetzt wurden. Bei den Angriffen auf Damaskus gelang es dem syrischen Militär, mehr als die Hälfte der Tomahawks abzufangen, obwohl es nur über in den späten 1960er Jahren entwickelte S-200 "Wega"-Raketen und Boden-Luft-Raketensysteme "Buk" aus den 1970er Jahren sowie einigen Berichten zufolge auch über einige modernere "Panzir-S1"-Systeme verfügte.
Nicht für Kampfeinsätze
Die Forderungen Selenskijs sind indes nicht realisierbar – die Anzahl der Typhon-Systeme ist immer noch zu gering, und der Ukraine, die über keine Marine verfügt, fehlen schlichtweg die für den Einsatz von Tomahawks geeigneten Schiffe. Und Kiew hofft wohl kaum ernsthaft, dass man der Ukraine Trägerschiffe mitsamt Raketen geben wird.
Wie die New York Times jedoch anmerkt, zielt dieser Punkt keineswegs auf die Stärkung der ukrainischen Verteidigungsfähigkeit ab:
"Einige Militäranalysten und Diplomaten sind davon überzeugt, dass der vorgelegte Plan in erster Linie auf das ukrainische Publikum abzielt. Selenskij könnte solche Vorgänge, einschließlich seiner jüngsten Rede vor dem Parlament, nutzen, um den Ukrainern zu zeigen: Er hat alles getan, was er konnte. Zudem kann er sie auf einen möglichen Deal vorbereiten, indem er den Westen zum Sündenbock macht."
In Anbetracht der nachlassenden Unterstützung durch den Westen, des Zusammenbruchs der Front im Donbass, der militärischen Niederlagen im Gebiet Kursk und der bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen, die die Politik gegenüber der Ukraine radikal verändern könnten, erscheint dies durchaus plausibel.
"Zumindest wird er demonstrieren, dass er es versucht hat. Er hat alle möglichen Optionen ausgeschöpft", zitiert die Zeitung die Aussage von Michael John Williams. Williams ist Professor für internationale Beziehungen an der Universität Syracuse und ehemaliger NATO-Berater.
Die Lieferung von Tomahawk-Raketen an Kiew wäre ein ernsthafter Schritt in Richtung einer direkten Eskalation zwischen Washington und Moskau. Diese Waffen würden die ukrainischen Streitkräfte erheblich stärken, aber es ist unklar, wie viele Raketen benötigt würden, um die Kampfsituation wesentlich zu beeinflussen. Die Erfolgsaussichten dieser Forderung sind indes äußerst gering, da Selenskij bisher nicht einmal die Erlaubnis bekommen hat, auch mit viel weniger weitreichenden ATACMS tief in Russland zuzuschlagen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 30. Oktober 2024 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.
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