Jurist: NATO-Hauptquartier in Rostock verletzt Völkerrecht eklatant

Von Rechtsanwalt Hans Bauer, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung (GRH) e.V.

Erklärung der Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung (GRH) e.V.
NATO-Hauptquartier in Rostock – Verletzung des Völkerrechts

Die Einweihung eines maritimen taktischen Hauptquartiers der NATO am 21. Oktober in Rostock ist ein eklatanter Völkerrechtsbruch. Mit ihr wird insbesondere der "Zwei-plus-Vier-Vertrag" vom 12. September 1990 zwischen den beiden deutschen Staaten und den vier alliierten Mächten Frank­reich, Großbritannien, UdSSR und USA verletzt, in dem unter anderem die Stationierung und Verlegung aus­ländischer Streitkräfte auf dem Territorium der DDR nach Abzug der sowjetischen Streitkräfte gere­gelt ist.

Artikel 5 (3) des Vertrages bestimmt: "Ausländische Streitkräfte … werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt."

Welche Bedeutung dieses Hauptquartier, das "CTFB" (Commander Task Force Baltic), für die mul­tilaterale Kooperation der NATO hat, machte Verteidigungsminister Boris Pistorius bei der Einwei­hung klar. Es gehe um die Verantwortung Deutschlands als "globale Handlungs- und Seenation" an der Ostfront der NATO. Durch ständige Lageinformationen soll die Ostfront gegen den Feind Russland gesichert werden.

Auch Manuela Schwesig, die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, begrüßte die Einrichtung des Hauptquartiers in der Hansestadt Rostock. Proteste aus der Bevölkerung gegen die Stationierung der NATO sind ihnen egal. Mit Wortklaubereien und irreführenden Behauptungen versuchen die Kriegspolitiker, gestützt von ihren Experten, Diensten und abhängigen Medien, der Öffentlichkeit weiszumachen, es handele sich nicht um Völ­kerrechtsbruch. Das NATO-Hauptquartier sei lediglich eine nationale Einrichtung.

Die Fakten be­weisen allerdings das Gegenteil. Die militärische Aufgabenstellung besteht in der Überwachung des Ostseeraums und in der Über­nahme von Führungsverantwortung im Rahmen der NATO. Die Beteiligung von elf weiteren Staaten an dieser Einrichtung, u.a. von Polen und Schweden, bekräftigt ebenfalls zweifelsfrei den NATO-Charakter. Es widerspricht Sinn und Inhalt des Zwei-plus-Vier-Vertrages, wenn das Verbot von "ausländischen Streitkräften" auf dem Territorium der DDR nicht selbstverständlich auch auf die Kommandostellen zutreffen sollte, die für die NATO handeln und Kriege für internationale Streitkräfte planen, vorbereiten und auch führen sollen. Was der Öffentlichkeit hier zugemutet wird, ist an Dreistigkeit, Dummheit und Manipulation nicht zu überbieten.

Zu Recht hat die russische Seite gegen diesen Bruch des Völkerrechts sofort protestiert. Mit der Einrichtung dieser NATO-Führungsstelle auf dem Territorium der DDR erreicht die Miss­achtung des Völkerrechts durch die deutsche Regierung eine weitere Eskalation. Von der Beteili­gung an der NATO-Osterweiterung über die Nutzung ostdeutschen Territoriums für den Transport von NATO-Truppen bis zum jetzigen Bruch des Zwei-plus-Vier-Vertrages hat der deutsche Staat be­wiesen, was er vom internationalen Recht und dem Friedensgebot im eigenen Grundgesetz hält.

Der Zwei-plus-Vier-Vertrag gilt als einer der wichtigsten Verträge nach Beendigung des 2. Welt­krieges. Ungeachtet seiner unterschiedlichen politischen Bewertung war er Voraussetzung für den "Einigungsvertrag" und als Friedensregelung gedacht.

Geist und Buchstabe des Zwei-plus-Vier-Vertrages sind mit einem NATO-Hauptquartier in Rostock, "einem der wichtigsten NATO-Stützpunkte im Ostseeraum" (Ostseezeitung), unvereinbar. Gegen Deutschland als "zentrale Drehscheibe für die Allianz" (Bundeskanzler Scholz) zur Kriegsführung und besonders – entgegen internationalen Abkommen – die schrittweise Einbeziehung des DDR-Territoriums in NATO-Kriegsvorbereitungen und Feindschaft gegen andere Staaten und Völker ist unser aller Protest notwendig. Wir solidarisieren uns mit allen Bürgerinnen und Bürgern, die gegen diesen friedensfeindlichen NATO-Stützpunkt Widerstand leisten.

Vorstand der GRH, Berlin, am 31. Oktober 2024

Die Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung (GRH) e.V. setzt sich gemäß ihrer Selbstdarstellung gegen politische Strafverfolgung und Kriminalisierung von DDR-Bürgern sowie für Rehabilitierung, Gerechtigkeit und Historische Wahrheit ein. Deren Vorstandsvorsitzender, Rechtsanwalt Hans Bauer, war zu DDR-Zeiten letzter stellvertretender Generalstaatsanwalt. 

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