Von Jewgeni Krutikow
Nach Angaben der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) haben die israelischen Truppen begrenzte Bodenangriffe gegen mit der Hisbollah verbundene Ziele im Grenzgebiet im Südlibanon eingeleitet. Laut dieser Mitteilung unterstützen die israelische Luftwaffe und die Artillerie die IDF-Bodentruppen bei dieser Operation, indem sie militärische Ziele angreifen. "Entsprechend den Entscheidungen der politischen Führungsebene haben die IDF vor einigen Stunden beschränkte, lokal begrenzte und gezielte Angriffsaktionen gegen terroristische Ziele und Infrastrukturen der Hisbollah im Südlibanon eingeleitet", teilten die IDF auf ihrem Telegram-Kanal mit.
Wie Ynet berichtete, genehmigte das israelische politisch-militärische Kabinett die neue Phase der Operation im Libanon. Gleichzeitig verurteilten einige Minister die "Informationslecks über das Manöver" von amerikanischer Seite, nachdem Tel Aviv Washington über seine Pläne informiert hatte.
Der israelische Verteidigungsminister besprach später die Operationen im Libanon mit seinem amerikanischen Amtskollegen Lloyd Austin. "Sie (die Minister – Anm. Wsgljad) waren sich einig über die Notwendigkeit, die Angriffsinfrastruktur entlang der Grenze zu beseitigen, um sicherzustellen, dass die libanesische Hisbollah keine Angriffe auf Nordisrael wie am 7. Oktober durchführen kann", so das Pentagon in einer Erklärung.
Zuvor hatte die israelische Armee einen Teil des Gebiets entlang der Grenze zum Libanon zur militärischen Sperrzone erklärt. Parallel dazu berichteten die Medien, dass die israelischen Streitkräfte die libanesischen Grenzgebiete mit massiver Artillerie beschossen, während sich die libanesische Armee aus mehreren Stellungen im Süden des Landes zurückzog. Nach Angaben von NBC News haben die IDF bereits Aufklärungsoperationen eingeleitet, einschließlich kleinerer Bodeneinsätze unter Beteiligung von Spezialeinheiten, und etwa fünf Brigaden eingesetzt; allerdings "wird nicht erwartet, dass alle von ihnen die Grenze überschreiten".
Viele Experten bezeichnen das Geschehen in Analogie zu den Invasionen von 1982 und 2006 bereits als "dritten Libanonkrieg". Wie immer in solchen Fällen sind historische Analogien nicht immer korrekt, aber das Besondere an der aktuellen Situation liegt darin, dass die sowohl von der israelischen politischen Elite als auch von den IDF erklärten Ziele der Operation und die eingesetzten Mittel tatsächlich übereinstimmen können.
Anscheinend hat Tel Aviv nicht allzu viel Vertrauen in seine Kräfte, sodass es im Voraus die Operation als "beschränkt" ankündigt.
Israel beharrt auf dem "Verteidigungsstatus" dieser Operation, die als "Nördliche Pfeile" bezeichnet wurde. Ihr Ziel ist fast schon humanitär: "Die Bewohner sollen die Möglichkeit bekommen, in ihre Häuser zurückzukehren." Gemeint sind die Bewohner der israelischen Siedlungen in Tiberias im Norden des Landes, die vor einem Jahr evakuiert wurden, sowie die Bewohner der Siedlungen und Kibbuze, die im potenziellen Beschussbereich der Hisbollah aus dem Libanon liegen. Dies ist jedoch, gelinde gesagt, nur ein Wortspiel, denn das gesamte Gebiet Israels – und nicht nur der Norden – befindet sich in Reichweite der Hisbollah-Raketen.
Diese Formulierung ermöglicht es jedoch, sowohl den Kampfschauplatz zu begrenzen als auch gleichzeitig einige wichtige Prioritäten zu setzen. Erstens vermeidet das offizielle Israel Ausdrücke wie "Libanonkrieg". Es ignoriert einfach die Existenz des Staates Libanon und seiner Armee. Die IDF-Operation scheint sich nur gegen die Hisbollah zu richten. Andererseits akzeptierte die libanesische Armee, das heißt ihre kleinen Teile, die sich in der Nähe einiger Grenzabschnitte befanden, diese Spielregeln inoffiziell und bewegte sich näher an Beirut heran: Herzlich willkommen, "gute Leute"!
Das sieht, gelinde gesagt, merkwürdig aus, denn Hisbollah-Mitglieder sind genauso Libanesen wie alle anderen auch. Sie sind zwar Schiiten, aber das ist noch kein Verbrechen. Dennoch weigerte sich die libanesische Armee faktisch, sie zu schützen.
Zweitens spricht Israel von "kleinen Bodeneinsätzen", das heißt, die Beteiligung großer gepanzerter und mechanisierter Einheiten ist noch nicht vorgesehen. Die 98. Division, – also die einzige mit Kampferfahrung in Gaza –, wurde an die Grenze verlegt, aber bisher ist nur die Beteiligung von Spezialeinheiten an der Invasion bekannt. Und das angekündigte Ziel, die Raketen- und Artilleriestellungen der Hisbollah zu zerstören, erfordert nicht unbedingt ein tiefes Eindringen in libanesisches Gebiet, wie es 1982 der Fall war. Damals waren die Palästinenser das Ziel, über deren Präsenz auf libanesischem Territorium die Libanesen selbst nicht sehr glücklich waren.
Doch im Sommer 2006 begann alles mit genau denselben Zielen. Und es endete traurig für Israel: mit der Niederlage einer IDF-Panzerkolonne durch den Einsatz von Kornet-Panzerabwehrraketen (insgesamt 40), die zu dieser Zeit das modernste Mittel der Panzerabwehr waren. Die Hisbollah leistete damals in den Bodenkämpfen unerwartet wirksamen Widerstand gegen die IDF, die ihr zahlenmäßig um das Fünffache überlegen waren (20.000 zu 100).
Und um die sogenannte "Pufferzone" zu schaffen, mussten die IDF ihre Reserven in den Kampf einbringen. Der Verlauf der Kämpfe war genau derselbe wie heute: massive Bombardierung von Hisbollah-Stellungen im Südlibanon, in Beirut, Tyrus und Sidon, Zerstörung von Brücken über den Litani-Fluss und ein Vordringen zu ihm als natürliche Grenze. Alles geschah entlang derselben drei Angriffslinien: entlang des Meeres bis Tyrus, vom Kibbuz Shlomi durch das Zentrum und von den Golanhöhen von Kfar Metula bis zur Burg Beaufort. Jetzt spricht Tel Aviv wieder von einer 20 Kilometer langen "Pufferzone", was per definitionem dieselbe Demarkationslinie entlang des Litani-Flusses, einschließlich der Burg Beaufort, impliziert.
Anscheinend möchte Israel auf keinen Fall, dass die derzeitige Invasion im Libanon von äußeren Akteuren als "Krieg gegen den Libanon" wahrgenommen wird.
Der Grund hierfür ist wahrscheinlich ideologischer Natur. Erstmals in seiner Geschichte stößt Israel in der westlichen Gesellschaft auf eine so massive Ablehnung seiner militärischen und politischen Praktiken, dass es in den vergangenen sechs Monaten eine ganz neue Informations- und Ideologiestrategie entwickeln musste, um sein Image als "ewiges Opfer" wiederherzustellen. Und nun geht es um die Okkupation eines Teils eines souveränen Staates, wenn auch unter dem Vorwand der Schaffung einer "Pufferzone".
Dabei schränkt sich Israel in der Wahl der Kampfmittel und -methoden überhaupt nicht ein. Wenn sie es attraktiv und interessant finden, Pager und Gegensprechanlagen zu verminen, werden sie es tun. Wenn sie den Plan haben, den Libanon noch einmal bis zum Litani-Fluss zu überfallen, werden sie es tun. Wenn sie eine Atombombe abwerfen müssen, werden sie dies zweifellos ohne unnötige Diskussionen in der Knesset tun.
Eine andere Frage ist, inwieweit all dies auf Dauer wirklich effektiv sein wird. Der Krieg im Sommer 2006 dauerte 33 Tage, aber am 1. Oktober desselben Jahres zogen sich die IDF aus dem Südlibanon zurück – und die Idee der Schaffung einer "Pufferzone" scheiterte. Die massive Beseitigung der Hisbollah-Führungsriege bringt lediglich einen "Karrieresprung" für eine jüngere Generation der Organisationsführung mit sich, die aber nicht zwangsläufig ausgeglichener ist. Zwar könnte das zu einem vorübergehenden Kontrollverlust führen, allerdings nicht für längere Zeit.
Die IDF werden sicherlich alles tun, um wirklich innerhalb der deklarierten Grenzen einer "beschränkten Operation" im Grenzgebiet zu bleiben. Das liegt aber nicht daran, dass die IDF so "nett" sind, sondern an der mangelnden Sicherheit darüber, dass eine größere Militäroperation mit dem Marsch auf Beirut und der Vertreibung der Hisbollah aus dem libanesischen Gebiet erfolgreich durchgeführt werden kann.
Doch in Tel Aviv spricht man von einer "Umformatierung" des gesamten Nahen Ostens, um die Sicherheit Israels zu gewährleisten, so wie sie es verstehen. Das heißt, es geht um die Schaffung eines militärisch-politischen Systems in der Region, das jede militärische oder terroristische Bedrohung für Israel dauerhaft ausschließen würde. Dies ist ein strategisches Ziel, keine isolierte Aktion. Und die Operation heißt "Neue Ordnung", was an sich schon politisch korrekt aussieht.
Der erste Schritt bestand darin, den Gazastreifen als Gefahrenquelle für Israel physisch vom Antlitz der Erde zu tilgen. Den zweiten Schritt stellt die Zerstörung der Hisbollah als weiterer permanenter Bedrohungsquelle dar. Dies ist jedoch nur durch die physische Zerstörung des halben Libanons mitsamt dem schiitischen Teil seiner Bevölkerung zu erreichen. Und das ist etwas anderes als die Schaffung einer 20-Kilometer-"Pufferzone" im Rahmen einer "beschränkten Operation".
Bislang gibt es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass Tel Aviv bereit ist, eine so ausgeprägte Aggression gegen den Libanon zu unternehmen, wie sie im Gazastreifen durchgeführt wurde.
Das liegt wahrscheinlich daran, dass die IDF technisch nicht darauf vorbereitet sind und die politische Elite, die sich der außenpolitischen und ideologischen Konsequenzen eines solchen Schrittes nicht sicher ist, auch organisatorisch nicht dazu bereit ist. Und die Teilmaßnahme in Form einer "beschränkten Operation in der Grenzregion" ist nur die Notlösung, da die interne Situation in Israel eine solche Entscheidung erfordert.
Das andere Problem ist jedoch, dass ein solches Format die Gefahr birgt, nach und nach immer bedrohlichere Bodenkämpfe mit sehr ungewissem Ausgang auszulösen. Im Jahr 2006 wurde bereits nach einem Monat klar, dass die IDF dem Druck nicht standhalten konnte – und die "Pufferzone" wurde schnell wieder aufgelöst. Angesichts der aktuellen Aufregung und der Stimmung in der Öffentlichkeit wird es Tel Aviv möglicherweise nicht gelingen, die militärische Pattsituation konfliktfrei zu beenden. Zwar könnte man versuchen, sowohl mit der Hisbollah als auch mit Iran eine geheime Einigung zu erzielen. Aber im Zuge der "strategischen Umformatierung der Region" will das niemand mehr tun.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 1. Oktober 2024 zuerst auf der Seite der Zeitung Wsgljad erschienen.
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