Das Büro der EU-Abgeordneten Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat im vergangenen Jahr eine Frau aus Solingen angezeigt, die die Politikerin in einem X-Posting als "Flintenweib" bezeichnet hatte. Es folgte eine Gerichtsverhandlung und die Verurteilung durch das Solinger Amtsgericht zu einer Geldstrafe über 750 Euro. Die Verurteilte ging daraufhin in Berufung. Am Dienstag endete das Verfahren mit einem Freispruch für die 78-jährige Kritikerin von Strack-Zimmermann.
Die "Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen" erklärte im September nach entsprechenden Medienanfragen, dass das Büro der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann "seit Februar vergangenen Jahres 1.894 Sachverhalte" zuungunsten von Bürgern angezeigt hat. Im Januar 2024 wurde ein Verfahren gegen eine Rentnerin aus Solingen eröffnet, der "der Kragen platzte", wie die Rheinische Post (RP) berichtet. Zum Verlauf des durch die klagewütige FDP-Politikerin angestoßenen Verfahrens heißt es weiter:
"Auf ihrem Handy schreibt die Solingerin unter einem Tweet (heute X-Posting) auf der Plattform von FDP-Politikerin Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann: 'Früher nannte man solche Frauen Flintenweiber!'. Dahinter drei sich übergebende Emojis."
Strack-Zimmermann ließ daraufhin eine weitere ihrer monatlich Dutzenden Strafanzeigen aufsetzen, was der Rheinischen Post zufolge wiederum "sogar die Zentrale Ansprechstelle Cybercrime (ZAC NRW) in Köln auf den Plan rief, die nach eigener Aussage 'für Cybercrime-Ermittlungsverfahren von herausgehobener Bedeutung' zuständig ist".
Anschließend wurde ein "Strafbefehl gegen die Solingerin" ausgestellt, mit dem gegen die Rentnerin eine Geldstrafe in Höhe von 750 Euro erlassen wurde. Die Rentnerin legte jedoch Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Zum Verlauf der Verhandlung und der juristischen Klärung des Vorwurfs der Beleidigung erläutert die Zeitung:
"Darf man also Agnes Strack-Zimmermann ungestraft als 'Flintenweib' titulieren? Nicht unbedingt: Berufungsrichter Dr. Markus Quantius holte weit aus, um diese Frage zu beantworten. Den Begriff gebe es schon lange, so seien im Russlandfeldzug die Frauen der Roten Armee von den Deutschen als 'Flintenweiber' bezeichnet worden. Der Duden wiederum sehe darin 'eine Frau, deren kompromissloses Auftreten und deren (übersteigertes) Selbstbewusstsein als unangenehm empfunden werden'."
Der Richter bestätigte, dass die Begrifflichkeit auch "eine herrische und rücksichtslose Frau" beschreibt und damit bewertet. Die verwendeten Emojis hätten zudem "ohne Zweifel einen diffamierenden Charakter" gehabt, befand der Richter. Es komme jedoch "auf den Kontext an, in dem so etwas in den sozialen Medien gepostet werde". Zu den Beweggründen der 78-Jährigen, die zu ihrer Wortwahl in dem Posting führten, heißt es im Artikel:
"Sie sei entsetzt gewesen, dass Agnes Strack-Zimmermann in ihrem Tweet die sofortige Ausbildung von ukrainischen Soldaten an deutschen Leopard-Panzern gefordert habe. Und da die FDP-Politikerin ebenfalls hart austeile, habe Strack-Zimmermann aus ihrer Sicht das Recht darauf verspielt, bei harmloseren Aussagen selbst beleidigt zu sein."
Der Richter erkannte zum Vorwurf der persönlichen Beleidigung:
"Die Schmähkritik müsse sich eindeutig auf die Person beziehen, das sei hier nicht der Fall. Und die sich übergebenden Emojis? Auch da sei nicht klar, ob der Brechreiz der FDP-Politikerin gegolten habe oder deren Äußerungen zum Einsatz der Leopard-Panzer im Ukraine-Krieg."
"Um deutlich zu machen, dass sich das 'Flintenweib' ohnehin am unteren Rand einer Schmähkritik bewegen würde", verwies der Richter auf eine Reihe vorheriger von Strack-Zimmermann beanstandeter "Beleidigungen", die zu ähnlichen Anzeigen führten:
"Von 'packen Sie endlich die Koffer und wandern Sie aus' bis hin zu 'Frankensteins Braut rührt die Kriegstrommel' eröffne sich da eine große Bandbreite von öffentlichen Verunglimpfungen."
Schlussendlich wurde die Rentnerin aus Solingen des Vorwurfs der Beleidigung freigesprochen.
Monatlich lässt Strack-Zimmermann über ihre Mitarbeiter "bis zu 250 neue Strafanzeigen" einleiten, wie ihr Büro gegenüber Welt am Sonntag auf Anfrage im September mitteilte. Zumeist geht es dabei den Angaben zufolge "um Beleidigungen, aber auch Morddrohungen und die Androhung sexualisierter Gewalt".
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