Umgehung der Sanktionen: Russland findet Weg zu Fortsetzung der Gaslieferungen nach Europa

Von Olga Samofalowa

Präsident Wladimir Putin hat die Änderungen zum Dekret über Gasabrechnungen in Rubel für unfreundliche Länder vom 31. März 2022 unterzeichnet. Igor Juschkow, ein Experte des Nationalen Energiesicherheitsfonds und der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation, erklärt in diesem Zusammenhang:

"Russland kommt den Europäern mit großen Schritten entgegen, um die Einstellung der Gaslieferungen ab dem 20. Dezember zu verhindern. Im Gegensatz zu den US-Amerikanern, die die Europäer im Gegenteil in die Enge treiben, damit es ihnen wirtschaftlich schlecht ergeht. Die USA wissen sehr wohl, dass die Zahlungen für Pipeline-Gas über die Gazprombank abgewickelt werden und dass es derzeit unmöglich ist, Zahlungen auf andere Weise zu leisten. Zudem unterbrechen die USA absichtlich nicht die russischen Gaslieferungen ab dem 1. März oder 1. April 2025, wenn die Heizperiode vorbei ist, sondern ab dem 20. Dezember, mitten in der Heizperiode."

Noch eine Anmerkung: Die nächste Zahlung für Gas aus Ungarn fällt auf den 20. Dezember. Das heißt, die USA kannten sogar den genauen Zahlungstag und wählten diesen symbolisch, um ihre Sanktionen gegen die Gazprombank zu verhängen. Dies war eine gezielte Attacke.

Am 21. November verhängten die USA Sanktionen gegen die Gazprombank, die am 20. Dezember 2024 in Kraft treten sollen. Dies würde die Bezahlung durch europäische Unternehmen für Gaslieferungen an Gazprom unmöglich machen. Aus diesem Grund müssten die Gaslieferungen aus Russland in die Europäische Union vollständig eingestellt werden, sowohl über die Ukraine als auch über TurkStream. Es handelt sich dabei ‒ auf das Jahr 2024 berechnet ‒ um circa 30 bis 32 Milliarden Kubikmeter Gas.

Ungarn und die Türkei versuchten, von den USA eine Befreiung von den Sanktionen zu erhalten, um die Gaslieferungen über die Gazprombank bezahlen zu können. Beide Seiten erklärten, sie befänden sich in Gesprächen mit den USA zu diesem Thema. Über die mögliche Entscheidung der USA, eine Ausnahme zu machen, ist jedoch nichts bekannt. Die Chancen dafür sind gering. Russland geht als Erster einen Schritt auf die Europäer zu, die weniger als zwei Wochen Zeit haben, um einen Weg zu finden, die Lieferungen trotz der Sanktionen zu bezahlen.

Wie war es vorher? Gemäß dem Dekret von 2022 mussten Unternehmen aus unfreundlichen Ländern ihre Devisen zur Bezahlung von Gaslieferungen an die Gazprombank überweisen, welche sie an der russischen Börse MICEX-RTS in Rubel umtauschte und diese Rubel an Gazprom überwies. Nach der Verhängung von Sanktionen gegen die MICEX-RTS musste der Währungswechsel in Rubel auf die Inter-Exchange-Plattform verlagert werden, aber das System funktionierte weiter.

Für die europäischen Unternehmen änderte sich im Jahr 2022 eigentlich nicht viel. Zuvor übermittelten sie ihre Währung zur Bezahlung von Gas in der Regel an die europäischen Tochtergesellschaften von Gazprom, doch seit 2022 transferieren sie diese an die russische Gazprombank. Die Europäer selbst mussten ihre Währung nicht einmal in Rubel umtauschen ‒ die russische Bank kümmerte sich darum. Igor Juschkow erläutert:

"Die europäischen Tochtergesellschaften von Gazprom wurden 2022 beschlagnahmt, und das Präsidialdekret erlaubte es Gazprom, die Zusammenarbeit mit diesen Tochtergesellschaften rechtlich einzustellen, sodass die Europäer nicht mehr mit unserem Eigentum, das sie uns weggenommen hatten, Geld verdienen konnten."

Was hat sich nun geändert? Igor Juschkow antwortet darauf:

"Erstens kann eine dritte Partei einbezogen werden. Nun müssen europäische Unternehmen ihre Devisen nicht mehr ausschließlich zur Gazprombank bringen. Es ist klar, dass sie dazu nicht in der Lage wären, weil sie befürchten, sekundären Beschränkungen seitens der USA zu unterliegen. Jetzt können die Europäer eine beliebige andere Struktur finden, die bereit ist, ihre Währung zu nehmen, sie in Rubel zu wechseln und diese Rubel an die Gazprombank zu überweisen. Diese wiederum wird die Rubel an Gazprom überweisen, um die Gaslieferungen zu bezahlen. Jetzt ist es die Aufgabe der europäischen Unternehmen selbst, jemanden zu finden, der die Währung in Rubel umtauschen kann."

Es wird auch eine zweite Option für die Bezahlung von Gaslieferungen vorgeschlagen. Juschkow präzisiert:

"Europäische Unternehmen müssen ihre Währung nicht unbedingt nach Russland überweisen. Sie können diese in ein Drittland überweisen, zum Beispiel auf das Konto einer chinesischen Bank, und gleichzeitig in Russland ein Unternehmen finden, das vom Geldwechsel profitieren würde. Die Europäer übergeben diesem Unternehmen das Eigentumsrecht an ihrer Währung bei einer chinesischen Bank, und das russische Unternehmen gibt der Gazprombank Rubel für einen ähnlichen Betrag gemäß dem offiziellen Wechselkurs der Zentralbank als Bezahlung für Gaslieferungen im Namen des europäischen Käufers. Diese Währungstransaktionen würden also durchgeführt werden, ohne dass die Währung nach Russland gelangt."

In gewissem Sinne handelt es sich um eine Art "Tauschhandel mit Währungen", oder besser gesagt um gegenseitige Aufrechnung. Warum sollte ein russisches Unternehmen dies tun? Es könnte sogar günstig für dieses sein. Unsere Importeure tauschen in Russland Rubel in Fremdwährung um, damit sie importierte Waren kaufen können ‒ chinesische Waren zum Beispiel. Aber in diesem Jahr wurde die finanzielle Bezahlung von Geschäften aufgrund der zahlreichen US-Sanktionen komplizierter, und die Währung bleibt oft im Ausland hängen. Der Experte des Nationalen Energiesicherheitsfonds meint dazu:

"Jetzt können russische Unternehmen diese Währung nicht mehr in Russland kaufen, sie landet sofort im Ausland. In Anbetracht der Verschlechterung des Handels mit China und anderen Ländern könnte dies sogar günstiger sein. Die Chinesen haben manchmal Angst, Zahlungen aus Russland zu erhalten, aber hier werden sie Zahlungen von europäischen Energieunternehmen erhalten, was nicht verboten ist. Andererseits wird der Devisenbedarf der russischen Importeure befriedigt."

Die Kehrseite dieses Modells ist, dass die US-Amerikaner diese Vermittler, die mit der Gazprombank zusammenarbeiten, ausfindig machen und sie ebenfalls auf die Sanktionsliste setzen können. Diese Vermittler würden dann für die europäischen Unternehmen gefährlich, und Letztere müssten sich dann einen neuen Vermittler suchen, so der Gesprächspartner.

Außerdem bedeutet das Vorhandensein von Zwischenhändlern immer zusätzliche Kosten, und es ist noch unklar, wer dafür aufkommen wird ‒ Russland oder die europäische Seite.

Im Jahr 2022 stimmten nicht alle europäischen Länder dem neuen Gasbezahlungssystem zu. Diesmal könnte die Änderung des Modells ohne Verluste seitens der Gasabnehmer vonstattengehen, aber es wird dennoch Schwierigkeiten geben. Juschkow führt aus:

"Im Jahr 2022 war der politische Druck auf die europäischen Unternehmen, die sich bereit erklärt hatten, russisches Gas zu kaufen, viel stärker als heute. Damals konnten sie mit dem Vorwurf konfrontiert werden, Russland zu unterstützen. Jetzt wird es aus politischer Sicht leichter sein, das neue System zu akzeptieren. Aus praktischer Sicht wird es für europäische Unternehmen jedoch schwieriger sein, da es in Russland nicht mehr viele Banken gibt, die die US-Sanktionen umgehen und ausländische Währungen annehmen können."

Sergei Terjoschkin, CEO von OPEN OIL MARKET, einer Handelsplattform für Erdölprodukte und Rohstoffe, merkt an:

"Das verabschiedete Dekret hebt de facto das Monopol der Gazprombank auf Exportabrechnungen auf. Nun ist dieser Bereich dereguliert, aber das Problem ist, dass andere russische Staatsbanken weiterhin mit Sanktionen belegt sind. Daher können wir leider nicht ausschließen, dass es zu Problemen bei den Zahlungen kommen wird und dass die Gaslieferungen nach Europa unterbrochen werden."

Olga Samofalowa ist Wirtschaftsanalystin bei der Zeitung Wsgljad.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 9. Dezember 2024 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

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