Judge Andrew Napolitano hatte den renommierten Polit-Analysten und Journalisten Pepe Escobar in seiner Sendung „Judging Freedom“ zu Gast. Er bat Escobar den XVI. BRICS-Gipfel im grossen Kontext zu analysieren.
Ist mit dem XVI. BRICS Gipfel eine neue Epoche angebrochen?
Judge Napolitano: Heute ist Dienstag, der 29. Oktober 2024 und Pepe Escobar ist uns aus Paris zugeschaltet.
Pepe Escobar, mein lieber Freund, willkommen in der Sendung! Vielen Dank, dass Sie bei uns sind. Sie haben einen Rekord aufgestellt, indem Sie uns aus den einzigartigsten, exotischsten und schönsten Orten der Welt berichteten, worum ich Sie etwas beneide. Wir wissen Ihre Zeit zu schätzen.
Wie fällt Ihre Einschätzung zum BRICS-Gipfel in der letzten Woche in Kasan aus – wie sehen den Gipfel im grossen Zusammenhang?
Pepe Escobar: Judge, zunächst habe ich mir die Metapher eines Bahnhofs ausgedacht, von dem aus ein Hochgeschwindigkeitszug in Richtung einer multipolaren oder multinodulären Welt abfährt. Diese Metapher, war von der Tatsache, dass der gesamte Gipfel einem echten Bahnhof glich, inspiriert: Man war mit dem Flughafen verbunden – man war mit den Expressverbindungen nach Kasan und mehreren Pavillons verbunden. Es glich in der Tat einem riesigen Bahnhof.
Zuletzt flog ich mitten in der Nacht nach Istanbul. Als ich um Mitternacht die Blaue Moschee sah, sagte ich mir: Vielleicht gibt es noch eine weitere Metapher. BRICS gleicht mehr einem gigantischen Laboratorium und dieses Labor wurde in Kasan aus der Taufe gehoben, um über die nächsten Wochen, Monate und Jahre zu arbeiten.
Es war historisch – es war enorm! Das muss man verstehen: Wir brauchen nicht nur ein paar Tage, sondern ein paar Wochen und Monate, um die ganze Tragweite des Geschehens zu verarbeiten. Auch wenn es die Welt inklusive den Krieg natürlich nicht in drei Tagen verändern konnte. Aber einige Geschehnisse waren absolut herausragend – Dinge, die wir in Bezug auf die internationalen Beziehungen seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hatten.
Judge Napolitano: Sie bezeichnen BRICS als Laboratorium: In einem Labor werden Experimente durchgeführt. Was stellte das große Experiment dar: Ist es die Annäherung des Irans an Russland oder die von Ägypten an China? Welche Experimente gab es?
Pepe Escobar: Es gibt so viele, Judge! Okay, ich werde versuchen, zumindest einige der wichtigsten zu skizzieren:
- Diplomatie: Am Tag des Gipfelbeginns am Dienstag gaben China und Indien offiziell bekannt, dass ihre Grenzprobleme um Ladakh behandelt und gelöst würden. Diese Entscheidung wurde – unseren diplomatischen Quellen zufolge – bereits Wochen zuvor getroffen. Aber sie wählten genau den Beginn des Gipfels, um das bekannt zu geben.
Raten Sie mal, wer der privilegierte Vermittler war? Präsident Putin selbst! Präsident Putin ist der einzige Staats- und Regierungschef auf dem Planeten, der Xi und Modi in einen Raum bringen und sagen kann: „Gut, meine Herren, fangt an zu reden und löst Eure Probleme!“ Das war der erste Punkt!
- Zum zweiten Punkt: Saudi-Arabien war nicht dabei, aber sie haben ihren Außenminister gesandt. Denn die Situation mit Saudi-Arabien scheint äußerst komplex. Putin selbst sagte während seiner Pressekonferenz: ‚Wir sprechen mit Saudi-Arabien auf höchster Ebene!‘ Aber er sagte nicht, ob sie dabei oder über die Mauer schon wären. So das geschieht, werden sie wahrscheinlich nach den amerikanischen Wahlen eine Entscheidung treffen.
Judge Napolitano: Was bedeutet „über der Mauer“ zu sein: Gehört Saudi-Arabien zu den BRICS-Staaten oder nicht oder verharrt es in neutraler ?
Pepe Escobar: Genau! Sie sind nicht ganz dabei – sie sind nicht ganz draußen. Zum Beispiel gab es in den letzten Monaten in den BRICS-Arbeitsgruppen und im BRICS-Wirtschaftsrat sehr knifflige Entscheidungen und Debatten. Die Saudis waren die meiste Zeit da nicht zugegen. Sie waren also nicht am entscheidenden Ende der BRICS-Beratungen dabei. Sie könnten nächstes Jahr damit beginnen.
Und noch etwas aus diplomatischer Sicht: Die Liste der BRICS-Partner – der 13 BRICS-Partner-Länder! Das war in der Tat ein strategisches Meisterwerk. Das wurde am zweiten Tag des Gipfels bekannt gegeben und die Liste umfasst:
- vier südostasiatische Wirtschaftsmächte, darunter zwei muslimische, Malaysia und Indonesien, sowie Thailand und Vietnam.
- zwei zentralasiatische Wirtschaftsmächte, Kasachstan und Usbekistan – die wichtigsten zentralasiatischen „Stans“.
- drei afrikanische : Algerien, Nigeria, Uganda
- zwei lateinamerikanische : Bolivien, Kuba
- sowie Weissrussland und Türkei
Wie Sie sehen, sind die Länder des Islam unter den BRICS-Partner-Ländern stark vertreten, wie zuvor schon unter den neun BRICS-Staaten. Das ist kein Zufall, Judge! Denn das bestimmende Symbolbild des Gipfels – aus der Sicht von zwei Milliarden Muslimen auf der ganzen Welt – war das Minarett der Moschee, das an den Kasaner-Kreml anschliesst Das ist immens:
Immens heisst, dass die Länder des Islam am Haupttisch der wichtigsten multilateralen Organisation sitzen und mitentscheiden, wohin sich die multipolare oder multi-noduläre Welt bewegt.
Es entspricht der Kontinuität von Kasan seit dem 10. Jahrhundert: Der Kreml steht für Kontinuität von den Bojaren über die Goldene Horde und das Kanat im 15. und 16. Jahrhundert bis zum heutigen Tatarstan.
Es ist eine Mischung aus muslimischen Tataren, die mit orthodoxen Christen in absoluter Harmonie zusammenleben. Die Stadt selbst ist äußerst harmonisch – sie entwickelt sich auf harmonische Weise.
Alle Ausländer, mit denen ich über Kasan gesprochen habe, waren buchstäblich sprachlos. Sie hatten nicht damit gerechnet…
Judge Napolitano: Pepe! Wer hätte gedacht, dass orthodoxe Christen in Russland, atheistische Kommunisten in China – mit zwei Milliarden Muslimen in einer Wirtschaftsorganisation vereint sein würden, die sich als noch mehr als eine Wirtschaftsorganisation herausstellen könnte und die bereits größer als G7 des Westens ist.
Pepe Escobar: Absolut, Judge! Hier kommt das Konzept der Kulturstaaten ins Spiel:
Unter den vier führenden BRIC-Staaten befinden sich also vier führende Kulturstaaten: Russland, China, Indien und der Iran.
Als Partner haben wir bereits die Türkei. Der Islam als Ganzes, wenn wir den Islam als eine zivilisatorische Lebensweise betrachten, die auch Religion, Kultur und Bräuche umfasst, ist stark vertreten. Afrika: Die Vertretung Afrikas besteht jetzt aus drei zusätzlichen Mitgliedern als Partner-Länder. Wir können auch von der afrikanischen Zivilisation als Ganzes sprechen.
Judge Napolitano: Gibt es verschiedene Mitgliedschaftsstufen bei BRICS?
Pepe Escobar: Im Moment nur zwei, Judge: Die neun Vollmitglieder und Saudi-Arabien, das (noch) nicht entschieden hat, ob es Vollmitglied werden will, sowie die 13 Partner. Aber es gibt auch jene, die daran interessiert sind, zunächst Partner und nachfolgend Vollmitglied zu werden. Und das wären dann über 30 und bald 40 Länder.
Judge Napolitano: Wo steht der Iran, während wir sprechen: Ist er ein Partner oder Vollmitglied?
Pepe Escobar: Vollmitglied, denn der Iran wurde mit der ersten Gruppe, die von der BRICS-Erweiterung betroffen war, Vollmitglied, zusammen mit: den Vereinigten Emiraten, Äthiopien, Ägypten und natürlich Saudi-Arabien, das sich in einer äußerst heiklen Lage befindet. Argentinien wurde ebenfalls eingeladen, aber Argentinien lehnte ab, da es sich inzwischen als amerikanische Kolonie betrachtet, die vom argentinischen Kettensägen-Meister geführt wird.
Judge Napolitano: In Ihrem Artikel – in Ihrer Kolumne für Sputnik, den Sie vor oder kurz nach Ihrer Abreise aus Kasan geschrieben haben, war eine sehr interessante Abbildung enthalten:
Ich weiß nicht, ob Sie diese einfügen liessen oder die Redakteure es taten: Es zeigt eine Währung, die so aussah, als könnte sie eine einheitliche Währung darstellen oder darauf hindeuten. Glauben Sie, dass die BRICS-Staaten es der EU gleichtun und eine einheitliche Währung einführen werden oder sind sie noch nicht so weit?
Pepe Escobar: Davon sind sie noch sehr weit entfernt, Judge! Vor dem BRICS-Gipfel hatte ich ein ausgezeichnetes Gespräch mit dem wohl führenden brasilianischen Wirtschaftswissenschaftler Paulo Nogueira Batista Jr., der früher beim IWF tätig war und Vizepräsident der New Development Bank (NDB), der BRICS NDB in Shanghai, war. Er sollte idealerweise einer der Top-Berater der NDB werden. Paulo sagte mir: „Sehen Sie, das Hauptproblem bei all dem ist das Streben nach einer neuen globalen Reservewährung.“ Aber wir sind weit davon entfernt – wir sind mindestens sechs, sieben, acht Jahre davon entfernt …
Judge Napolitano: … also müsste es eine Reservewährung sein, die es derzeit noch nicht gibt, richtig?
Pepe Escobar: Genau! Sie haben absolut recht. Sie wird auf einem Währungskorb basieren. Was die BRICS also zuerst tun werden – und hier kommt die Labor-Metapher ins Spiel: Es gibt mehrere Experimente, die tatsächlich in der nächsten Woche oder so starten werden: BRICS Pay – BRICS Bridge – das «Unit»-System, das im Wesentlichen von zwei Russen und einem Chinesen konzipiert wurde – alternative Zahlungssysteme – einige davon auf Blockchain-Basis, einige auf Goldbasis, einige auf Basis der Währungen der BRICS-Länder.
All das wird auf verschiedenen Spuren der verschiedenen Hochgeschwindigkeitszüge laufen, die jedoch zum selben Punkt führen, der in Zukunft eine alternative Reservewährung sein wird.
Aber davon sind wir noch sehr weit entfernt. Ich hatte dieses Jahr die Gelegenheit, viele der Beratungen und Gespräche am runden Tisch der Arbeitsgruppen und des BRICS-Wirtschaftsrats in Moskau zu verfolgen. Man konnte sehen, wie enorm schwierig es für all diese Sherpas bereits war, zunächst einmal einen Konsens unter den Neun zu erzielen – extrem schwierig. Und jetzt sind es die Neun, die auch an die 13 zu denken haben, denn die 13 werden auch eine Meinung dazu abgeben wollen.
Aber das russische Finanzministerium ist sehr daran interessiert, dieses System zu starten. Sie nennen es «BRICS Bridge», das auf mBridge basiert, das bereits existiert und woran die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich , die Europäische Zentralbank, der IWF beteiligt sind.
Es gibt das berühmte Beispiel, dass die Thailänder Öl von den Emiraten kaufen und mit mBridge bezahlen, anstelle ihrer eigenen Währung. So etwas könnte zuletzt in allen BRICS-Staaten eingeführt werden.
BRICS Pay, das ist eine BRICS-Pay-Minikarte, die bei einem Testlauf eine Woche vor dem Gipfel in Moskau vorgestellt haben. Mit BRICS Pay konnte man seinen Cappuccino bezahlen, aber natürlich denken Unternehmen darüber nach.
Warum sollte man das nicht nutzen und beispielsweise Folgendes andenken: Können Sie sich vorstellen, dass ein indisches Unternehmen große Mengen Öl von Russland kauft und anstatt Rupien zu verwenden, stattdessen BRICS Pay nutzt?
Judge Napolitano: Was würde passieren, wenn man BRICS Pay verwenden würde – woher käme das Geld oder wohin würde es gehen?
Pepe Escobar: Das wissen wir immer noch nicht, weil es noch im Labor-Stadium ist, Judge! Ich habe versucht, eine kurze, prägnante Erklärung zu BRICS-Bridge in Moskau oder Kasan zu bekommen, aber es war unmöglich. Ich habe mit vielen Sherpas gesprochen, absolut unmöglich…
Judge Napolitano: Wird die Türkei Mitglied von BRICS?
Pepe Escobar: Die Türkei ist jetzt ein Partner. Das ist sehr, sehr wichtig – extrem wichtig. Erdogan verbrachte nur ein paar Stunden in Kasan, weil es letzte Woche diesen Terroranschlag in der Nähe von Ankara gab. Er verbrachte also etwas mehr als 12 Stunden dort, wenn ich mich nicht irre. Aber zum ersten Mal konnten man sehen, dass ihn die ganze Sache sichtlich begeisterte. Nicht nur, weil er Putin, Xi und Modi persönlich traf. Das war sehr, sehr wichtig, denn er verkaufte die Türkei im Grunde genommen an diese drei BRICS-Staaten…
Aber was ich als das bedeutendste Ereignis für den gesamten Planeten einstufen möchte, war die BRICS-Outreach-Sitzung, bei der wir diesen grossen Runden Tisch unter dem Vorsitz von Putin hatten. Er eröffnete mit einer sehr kurzen Rede und gab dann das Wort an alle weiter: An 35 Nationen plus UN-Generalsekretär. Das war enorm – jeder hatte gleich lang Redezeit und sprach in seiner Muttersprache. Es war in der Tat ein besonderer Anblick.
Einige der Reden waren eher kulant gegenüber der „regelbasierten internationalen Ordnung“ bzw. zumindest gegenüber der Ordnung von Breton-Woods. Einige waren äußerst kritisch: Wie Palästina Präsident Mahmud Abbas, der eine feurige Rede hielt. Nicolas Maduro sagte es UN-Generalsekretär António Guterres, der Wirkung zeigte geradewegs ins Gesicht: „Was hat die UNO getan, als es vor den Augen der Welt einen Völkermord gab, 24 Stunden pro Tag und sieben Tage pro Woche?“
Das war unglaublich! Es dauerte drei Stunden und 25 Minuten, und ich würde vorschlagen, dass jemand eine Super-Edition der Sitzung anfertigt, etwa im 10-minütigen Tik-Tok-Stil. So könnte es sich jeder ansehen – auch das junge Tik-Tok-Publikum.
Es ist erstaunlich, weil es die Neue Welt darstellt, die auf der globalen Mehrheit basiert, die vor einem entsteht.
Judge Napolitano: Glauben Sie, dass die Türkei Vollmitglied wird und dann die NATO verlässt?
Pepe Escobar: Nun, nach Kasan bin ich über Moskau nach Istanbul geflogen und habe das Wochenende dort, wo ich auch diese Kolumne geschrieben habe, verbracht. Genau und in Istanbul habe ich mit einigen meiner akademischen Gelehrtenkontakten gesprochen. Sie sagten, man meine es sehr ernst: Erdogan meint es sehr ernst mit dem Beitritt, aber er will einen Fuß in der NATO behalten und versucht BRICS als Druckmittel zu nutzen, um die Amerikaner dazu zu bringen, noch mehr Zugeständnisse zu machen. Typisch Erdogan – typisch Teppich-Bazar-Händler-Stil – nicht wahr…
Judge Napolitano: … richtig! Ich denke, das wird vom 5. November abhängen. Er kann nur mehr von den Amerikanern heraushandeln, falls Vizepräsidentin Harris gewönne. Er würde keinen Cent erhalten, wenn Donald Trump gewinnt – er würde keinen Cent von Trump bekommen.
Pepe Escobar: Genau – Sie haben recht!
Judge Napolitano: Wurde beim BRICS Gipfel der Krieg zwischen Russland und der Ukraine thematisiert?
Pepe Escobar: Natürlich! Es wurde kurz während des BRICS-Outreach Treffens diskutiert, aber vor allem in den bilateralen Gesprächen, würde ich sagen. Vergessen Sie nicht, dass es viele davon gab. Als Putin am letzten Tag die Pressekonferenz gab, musste er früher fort. Er wollte zwar bleiben, um mehr Fragen zu beantworten, Nachdem die meisten von uns keine Chance bekamen: Es gab mehr als 200 Meldungen (durch Handheben), wobei er 10 oder 12 Fragen beantwortete. Danach er hatte an diesem letzten Tag nach der Pressekonferenz noch fünf bilaterale Treffen.
Er hatte also insgesamt mindestens 17 oder 18 bilaterale Treffen. Natürlich war der Krieg in der Ukraine ein zentrales Thema bei diesen Gesprächen, indem er dies ausführlich mit den anderen drei führenden BRICS-Staaten, China, Indien und natürlich dem Iran, besprach. Der iranische Präsident Massud Peseschkian war persönlich anwesend. Sie sprachen nicht nur über Westasien – die Eskalation in Westasien und wie der Iran versucht, diese zu entschärfen, sondern auch über die Ukraine.
Judge Napolitano: Nun, wenn Präsident Peseschkian dort war und der Iran jetzt Vollmitglied ist und Russland und der Iran sich sehr nahestehen, wenn ich das richtig verstanden habe – korrigieren Sie mich, falls ich falsch liege – aber noch nicht wirklich dieses Verteidigungsabkommen unterzeichnet haben…
Pepe Escobar: … in den nächsten Tagen, Judge!
Judge Napolitano: Wow! Wurde über Israel und Gaza-Israel-Iran bei BRICS auch diskutiert?
Pepe Escobar: Ja, und zwar im Rahmen von BRICS-Outreach: Viele der Reden, insbesondere von Vertretern der islamischen Länder, einschließlich der Staats- und Regierungschefs, stellten die Verbindung her. Ausser beispielsweise Farah el-Sisi aus Ägypten, dessen Rede war, was auch immer … Aber viele von ihnen stellten die Verbindung im Rahmen eines «Ewig-Krieges» her, was es auch ist. Es handelt sich um zwei «Ewig-Kriege» auf verschiedenen Breitengraden, aber sie betreffen auf der einen Seite ungefähr dieselben Akteure.
Israel spielt auch im Ukraine-Krieg eine Rolle. Und sie sind im Wesentlichen gegen die BRICS-Mitglieder. In Westasien ist ihr Hauptziel der Iran – ein BRICS-Mitglied. In der Ukraine ist ihr Hauptziel Russland, aber auch China, ebenso BRICS-Mitglieder.
Es war auch sehr interessant, die Körpersprache und Interaktion vieler Teilnehmer zu beobachten. Zum Beispiel Modi und Xi: Ich habe sie noch nie so entspannt von Angesicht zu Angesicht gesehen.
Maduro – die Art und Weise, wie er sowohl von Putin als auch von Xi empfangen wurde. Es war erstaunlich! Können Sie sich das vorstellen: Xi völlig entspannt, als er sagte, sie wären eiserne Brüder, aus dem Mandarin buchstabengetreu übersetzt, lächelnd gerichtet an Maduro und Putin.
Das bringt uns zu einem der, ich würde sagen, schwerwiegendsten diplomatischen Missgeschicke der ganzen Sache, nämlich dem brasilianischen Veto gegen die Aufnahme Venezuelas als BRICS-Partner. Dies würde in der Tat eine sehr lange Analyse aus einer Reihe von Gründen erfordern. Denn Brasilien bevorzugt die G20, die im nächsten Monat in Rio stattfindet.
Die Brasilianer schenken BRICS praktisch keine Beachtung und das schon das ganze Jahr über. In Brasilien gibt es eine riesige Anti-BRICS-Lobby in den Ministerien und in den brasilianischen Gesellschaftsklassen der Compradoren – sagen wir es mal so.
Aber das ist ein riesiges Problem, Judge!
Raten Sie mal, wer nächstes Jahr BRICS-Präsident wird?
Judge Napolitano: Sagen Sie nicht Lula da Silva…
Pepe Escobar: Brasilien! Das wird so kommen!
Hinter den Kulissen in Moskau wird darüber gesprochen, dass sie dieses Jahr eine Schwerarbeit verrichten mußten, um sich auf das nächste Jahr vorzubereiten, weil sie wissen, dass im nächsten Jahr nicht viel passieren wird, weil die Brasilianer sich auf die COP-Klimakonferenz am Ende des Jahres im Amazonas-Regenwald konzentrieren werden.
Die dümmste Entscheidung aller Zeiten ist, dass sie den BRICS-Gipfel im Juli ansetzen wollen: Wie kann man mitten im Jahr eine so komplexe Agenda abschließen? Doch sie sagen: „Oh, nein, wir können das nicht am Ende des Jahres schaffen, wegen COP!“ – Sie verstehen. Es fing also sehr, sehr schlecht an und das brasilianische Veto gegen Venezuela kam im gesamten Globalen Süden ganz schlecht an. Es setzte eine sofortige Erosion des brasilianischen Kapitals als einer der Anführer des Globalen Südens ein. Es wird sehr schwer für sie werden, sich davon zu erfangen.
Judge Napolitano: Lassen Sie mich das Thema wechseln, denn Sie kennen sich mit allem Russischen so gut aus: Gibt es nordkoreanische Truppen in Russland, die bereit sind, mit russischen Truppen gegen das ukrainische Militär zu kämpfen?
Pepe Escobar: Es gibt diesbezüglich eine sehr wichtige Differenzierung: Wir sollten nicht übersehen, dass DVRK ein Nachbar Russlands ist und Wladiwostok 120 Kilometer von der nordkoreanischen Grenze entfernt liegt – sie sind buchstäblich Nachbarn! Im Rahmen ihrer neuen strategischen Partnerschaft werden nordkoreanische Soldaten auf russischem Territorium ausgebildet. Das bedeutet nicht automatisch, dass sie an die Front im Donbass oder nach Kursk geschickt würden. Sie befinden sich also auf russischem Territorium und werden im Fernen Osten ausgebildet. Alles, was mit Gerüchten zu tun hat, wonach morgen Truppen der DVRK im Donbass eingesetzt würden, bleibt reine Spekulation.
Judge Napolitano: Verstanden! Wer war der „King of the Hill“ , wie wir hier in New Jersey bezüglich BRICS fragen wollten: War es Präsident Putin oder Präsident Xi oder beide?
Pepe Escobar: Ich würde es lieber als „Primakow-Dreieck“ beschreiben, Judge: Ich denke, viele unserer Zuhörer werden sich daran erinnern, dass das ursprüngliche „Primakow-Dreieck“ aus Russland, Indien und China bestand. Das war also letztendlich der Ursprung von BRICS. Nachdem Primakow am Ende des Jahrtausends Außenminister wurde, setzte er tatsächlich darauf, dass diese drei zusammen die Landkarte von Eurasien als Ganzes neugestalten würden.
Brasilien kam später hinzu und natürlich auch Südafrika. Brasilien und Südafrika hatten ihre eigenes Mini-BRICS – nur unter den beiden. Das waren also die drei Hauptakteure.
Aber es war natürlich Putins Show: Es war äußerst beeindruckend, aufgrund all der bilateralen Treffen natürlich – des makellosen Empfangs. Alle waren – Sie wissen schon – waren vom Empfang des Außenministeriums und natürlich der Stadtverwaltung von Kasan, worin sie sehr gut sind, hellauf begeistert.
Ich war Mitte des Jahres bei einem früheren Gipfel: Sie sind hervorragende Organisatoren. In der Stadt funktionierte alles reibungslos und natürlich die Art und Weise, wie Putin die wichtigsten Sitzungen leitete – die BRICS-Sitzung am ersten Tag und am zweiten Tag die BRICS-Plus- oder BRICS-Outreach-Sitzung – dieser riesige runde Tisch mit 36 Nationen und den Vereinten Nationen zusammen. Das war schon etwas Besonderes.
In Bezug auf die Pressekonferenz, welche fünf oder sechs Stunden hätte dauern können, war es schade, dass Putin im Anschluss noch all diese bilateralen Treffen hatte. Nach vier oder fünf Fragen kam er richtig in Fahrt und beantwortete alles, auch die unverschämten Fragen eines BBC-Idioten sowie eines Vertreters von NBC, der einmal mehr mit konfrontativen und fehlinformierten Fragen glänzte. Aber Putin antwortete allen…
Judge Napolitano: … anders als im Westen!
Pepe, vielen Dank! Vielen Dank, mein lieber Freund. Übrigens – Sie sind irgendwo auf diesem Bild zu sehen: Da, sind Sie …
Pepe Escobar: Ja, das bin ich, und offensichtlich sind wir das alle. Direkt hinter mir, Judge, sass George Galloway: Wir haben verzweifelt unsere Hände gestreckt, aber es klappte nicht…
Judge Napolitano: Ich war letzte Woche in der Show von George Galloway – was für eine Freude! Er hat sehr gut über Sie gesprochen – natürlich, da ich weiß, dass Sie ihn kennen.
Vielen Dank für Ihre Zeit, Pepe – es war eine wunderbare Analyse. Wir können uns beim nächsten Mal gerne eingehender mit einigen dieser einzigartigen Themen befassen. Ich hoffe, Sie können wiederkommen.
Pepe Escobar: Sehr gerne, Judge! Ja: Zu einigen Details, insbesondere geoökonomischer Natur, ja!
Judge Napolitano: Alles Gute, mein Freund. Vielen Dank und alles Gute!
Pepe Escobar: Es war mir ein Vergnügen, Sie zu sehen!
Judge Napolitano: Was für eine wunderbare, angenehme und informative Person. Es ist ein großes Geschenk, sein Freund und Kollege zu sein.
Später am heutigen Tag:
– um 14:00 Uhr Eastern (Ortszeit) mit Matt Ho
– um 15:00 Uhr Eastern (Ortszeit) mit LtCOL. Karen Kwiatkowski
– um 16:00 Uhr Eastern (Ortszeit) mit Oberst Douglas McGregor
Das war Judge Napolitano von Judging Freedom!
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Das Video im Original: Hier
Übersetzung & Transkript-Erstellung: UNSER-MITTELEUROPA
UNSER-MITTELEUROPA berichtete zuvor über BRICS:
PK – Putin Teil I: Hier
PK – Putin Teil II: Hier
PK – Putin Teil III: Hier
Analyse zum Gipfel: Hier
Analyse zum Gipfel: Hier
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