"Eine List half": Wie russische Marine-Infanteristen im Gebiet Kursk kämpfen

Von Dawid Narmanija

Durch Maisfelder

Die Kämpfe im Gebiet Kursk unterscheiden sich kaum von anderen Frontabschnitten. Gekämpft wird meist um Waldstreifen, denn gerade dort ist es möglich, sich zumindest irgendwie vor den allgegenwärtigen Drohnen zu schützen. Zu einem solchen Streifen, der jüngst von den Marine-Infanteristen besetzt wurde, arbeiten wir uns durch ein Maisfeld durch.

Das idyllische Bild von Sonnenstrahlen, die durch gelbliche Blätter scheinen, kontrastiert zunehmend mit einem schweren, stickigen Geruch, der aus dem Waldstreifen kommt. Der Wald wurde vor wenigen Tagen gesäubert, die Leichen der gefallenen ukrainischen Soldaten begraben, doch ihre Schutzwesten liegen immer noch überall herum.

Am Waldrand steht ein ausgebrannter ukrainischer Mannschaftstransporter. Wer genau ihn zerstört hat, ist schwer zu sagen. "Alle machten mit: Drohnenpiloten, Artillerie, Panzerabwehrraketenschützen. Jetzt kann man sich schon gar nicht mehr daran erinnern, wer den verbrannt hat", erklärt der Kämpfer mit dem Funknamen Tschekist aus der Sturmgruppe Koschmar (Alptraum). Diese Einheit schlug gemeinsam mit dem Verband des Kommandeurs mit dem Funknamen Palatsch (Henker) die ukrainischen Truppen von hier zurück.

Die gesamte Länge des Waldstreifens erreicht keine fünf Kilometer. Doch die Infanteristen mussten um ein Vielfaches länger marschieren – wegen der Besonderheiten des Geländes.

"Das erste Drittel säuberten wir recht schnell, doch später begannen die Schwierigkeiten", erzählt Tschekist.

Die ukrainischen Soldaten waren gut ausgerüstet, was aus den Funden an ihren Stellungen klar wird. Selbst Tage nach dem Gefecht, als die Haupttrophäen bereits gesammelt sind, liegen dort westliche Granatwerfer herum, wie etwa schwedische AT-4 und RPG-75 aus tschechischer Produktion.

"Der schwedische ist gegen schwere Panzer, der RPG-75 eher gegen Infanterieansammlungen und leichte Technik. Aber einem Panzer kann er auch die Kette zerstören", erklärt Tschekist.

Wie in einem indischen Film

Der Vorstoß hat sich verlangsamt, als die Marine-Infanteristen der 810. Brigade ein MG-Nest erreicht hatten.

"Hier waren Profis am Werk. Sie haben sich schnell eingegraben, und zwar sehr fachkundig: Schauen Sie, von jedem Feuernest aus ist das benachbarte zu sehen, damit man Deckungsfeuer geben kann. Und hier saßen ihre MG-Schützen. Wir steckten hier fast drei Tage lang fest. Ich schoss, wie im indischen Kino – zwei Tage ohne Unterbrechung", erklärt der Kämpfer mit dem Funknamen Schmel (Hummel).

Die MG-Stellung wurde tatsächlich mit Bedacht ausgewählt – auf der gegenüberliegenden Seite eines Erdrisses. Um sie zu erreichen, mussten die russischen Soldaten also erst die eine Seite hinuntersteigen, und dann die andere hinaufsteigen. Und während all dieser Zeit wurden sie beschossen.

Eine Umgehung war nicht möglich – im Waldstreifen wimmelte es buchstäblich von Minen, ukrainische Drohnen warfen Bündel aus drei miteinander verbundenen Granaten ab. Sie landen als ein Dreieck, und sobald eine davon detoniert, explodieren die anderen automatisch.

Hier half den Marine-Infanteristen eine List. Wie der Bataillonskommandeur mit dem Funknamen Yak erzählt, führten sie zwei Tage lang Störfeuer, um eine Antwort des MG-Schützen zu provozieren. Jener hatte genug Munition, doch die westliche Waffe war auf einen solch langen Einsatz offenbar nicht ausgelegt. Das MG begann, zu klemmen.

Außerdem beschlossen die Kämpfer, den Gegner auch moralisch unter Druck zu setzen. Sie baten einen der Gefangenen, die in ebendiesem Wald aufgegriffen wurden, eine Ansprache an seine Kameraden aufzuzeichnen.

"Kämpfer der Streitkräfte der Ukraine! Ihr werdet zur Schlachtbank geführt. Ihr werdet alle sterben. Ergebt euch! Kommt an eine offene Stelle mit erhobenen Händen ohne Waffen und Schutzwesten. Die Marine-Infanteristen werden euch alle verbrennen. Ergebt euch, Widerstand ist zwecklos. Nutzt die Gelegenheit, zu euren Familien zurückzukehren!" Diese Meldung hörten die MG-Besatzung und die Soldaten an benachbarten Stellungen die ganze Nacht. Die Marine-Infanteristen warfen in der Nähe einen Lautsprecher ab. Die daraus erklingenden Aufrufe, sich zu ergeben, wechselten sich mit einem Lied der Band Ljube ab.

Um die Wirkung zu verstärken, wurden zusätzlich Flugblätter abgeworfen.

Gäste von fern her

Die scheinbar naive Herangehensweise erwies sich als sehr effektiv – nach zwei Tagen ununterbrochenen Gefechts bringen solche Ansprachen von gefangen genommenen Kameraden einen zum Nachdenken. Am Morgen bemerkten die Aufklärer, dass die ukrainischen Soldaten ihre Stellungen verließen. Das klemmende MG wurde still und der Schütze versuchte zu fliehen, wurde aber in wenigen hundert Metern getötet.

Es war ein dunkelhäutiger Söldner. Er hatte keine Dokumente bei sich, deswegen gelang es nicht, seine Nationalität zu bestimmen.

"Man muss es ihnen lassen: Sie kämpften verbissen. Und daran, wie sie hier alles eingerichtet hatten und wie sie agierten, war zu sehen, dass es erfahrene Kämpfer waren", fügt Schmel hinzu.

Doch danach verwandelte sich der Rückzug des ukrainischen Militärs in eine chaotische Flucht.

"Wir saßen ihnen auf den Fersen, wir liefen direkt auf ihren Spuren. Sie warfen schon alles weg. Manche begannen, die blauen Klebestreifen von sich zu reißen und rote anzubinden (rote Klebebandstreifen dienen als Erkennungszeichen der russischen Streitkräfte, blaue als Erkennungszeichen der ukrainischen Streitkräfte, Anm. d. Red.). Doch ihre Uniform sieht anders aus, und später ließen wir uns etwas einfallen, wie man Freund und Feind selbst mit den gleichen Bändern auseinanderhält. Doch es ist besser, dieses Geheimnis nicht zu lüften, wir können es noch gebrauchen", erzählt der Kämpfer mit dem Funknamen Amur.

Die restlichen zehn Kilometer verfolgten die Marine-Infanteristen den fliehenden Gegner. Ihre weiteren Stellungen gaben die Ukrainer praktisch kampflos auf, sagen Kämpfer der Koschmar-Gruppe. Das bestätigen auch die Funde: In jedem Feuernest liegen unberührte Munitionskisten, Patronengurte, Haufen von US-amerikanischen M67-Granaten, die gewohnten sowjetisch produzierten Granaten vom Typ F-1 und sogar die seltenen ukrainischen thermobarischen RGT-27S.

Daneben eine Fahrspur – wahrscheinlich befand sich hier eine der Entladungsstellen für Lebensmittel und Munition.

Die abgerissenen Klebebandstreifen liegen ebenfalls hier und da unter den Füßen. Unweit des MG-Nests steht ein Mitsubishi L200 mit einem dreieckigen Zeichen an der Tür, dem Symbol des ukrainischen Invasionsverbands. Daneben liegt ein abgerissenes schwarzes Militärkennzeichen. Das Auto hat einen Riss in der Windschutzscheibe und fast der ganze Vorderteil ist zerschlagen, doch die Kämpfer wollen es zur Reparatur abschleppen. "Für unsere Mechaniker ist es ein Kinderspiel", sagen sie.

Instinkt des Kommandeurs

Doch selbst bei der Verfolgung eines fliehenden Gegners ist Vorsicht geboten: Der ganze Waldstreifen ist von Stolperdrähten übersät. "Als wir hier passierten, hielt Akula – der Kommandant des Trupps – an und befahl dem Kampfingenieur, vorzugehen. Er muss es geahnt haben: Nach keinen fünf Minuten fand der einen Stolperdraht. Das rettete die ganze Gruppe, denn Sprengstoff gab es reichlich."

An einer weiteren Stelle sind Druckverbände und Aderpressen zerstreut – wahrscheinlich versuchte man hier, die verwundeten ukrainischen Soldaten zu versorgen.

Amur weist auf die Marschverpflegung hin: "Jeder von ihnen hatte mindestens zwei Pakete bei sich. Ein ukrainisches, dessen Inhalt dem unseren ähnlich ist. Ein anderes von der NATO, mit Riegeln, Nüssen, pulverisierten Energydrinks, die man in Wasser auflösen soll – einfach Kohlenhydrate, um schnell Energie aufzutanken."

Geschenke von "Baba Jaga"

Es ist Zeit für die Rückkehr. Als wir den Evakuierungspunkt erreichen, kommt ein Kämpfer angerannt. Er warnt uns: Während wir im Waldstreifen waren, flog eine "Baba Jaga" vorbei – eine große Drohne, die das ukrainische Militär für die ferngesteuerte Verminung einsetzt.

Auf der Straße werden zwei verdächtige Gegenstände entdeckt: Einer davon ähnelt einem selbstgebauten Sprengsatz, der in grünes Klebeband eingewickelt ist, der Zweite ist ein ganz seltsamer Sack mit unbekanntem Inhalt. Etwas weiter ist ein "Glöckchen" zu sehen – ein Bomblet, das seinen Namen wegen seiner Form erhielt. Es ist um ein Vielfaches kleiner als die anderen Gegenstände, doch seine Explosion kann leicht eine Gliedmaße absprengen.

Wir haben nicht die Zeit, um auf Kampfingenieure zu warten, und solange die Gefahr nicht beseitigt ist, kann man uns nicht abholen. Deswegen greift man zur althergebrachten Methode: aus dem Sturmgewehr zu schießen.

Das im Gras versteckte Ziel aus etwa hundert Metern zu treffen, ist nicht einfach. "Höher", korrigiert Tschekist das Feuer von Schmel. "Noch höher", sagt er nach dem zweiten Schuss.

Auf den dritten Schuss folgt eine heftige Explosion.

Der verdächtige Sack wurde sofort getroffen, doch nichts ist passiert. Er detonierte erst, nachdem Tschekist noch einige Schüsse abgefeuert hatte. Das "Glöckchen" wurde gleich beim ersten Versuch zerstört.

Jetzt können wir zurückkehren. Auf die Kämpfer wartet eine Erholung, und danach neue Stürme. Der befreite Waldstreifen wurde zum Schlüssel zum Dorf Wetreno. Eineinhalb Kilometer hinter ihm liegt Olgowka, wo jetzt gekämpft wird. Es gibt noch viel Arbeit, doch die Marine-Infanteristen sind siegessicher.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 27. September 2024.

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