Die wirre Kamala und ihre Fans in der deutschen Presse

Von Dagmar Henn

Es ist eine fast einmalige Gelegenheit, die Qualität der deutschen Berichterstattung über den US-Wahlkampf zu überprüfen: das Interview mit Kamala Harris beim US-Sender Fox News und dessen Darstellung in den deutschen Medien.

Die kühnste Darstellung liefert vermutlich die Berliner Morgenpost, die gleich im Titel in die Vollen geht: "Kamala Harris zerlegt Trump auf seinem Haussender Fox News". Und der Artikel geht in diesem Tonfall weiter:

"Im explosiven Interview lässt die Demokratin sich nicht aufs Glatteis locken." Was sich dann bis zu einer geradezu hymnischen Beschreibung steigert:

"Einen der stärksten Momente hatte eine Gestik und Mimik nach zu urteilen aufrichtig wütende Harris, als Bret Baier sie danach fragte, warum rund 50 Prozent der Wähler auf Trumps Seite seien und 80 Prozent das Land auf einem falschen Kurs wähnten."

Harris konterte mit dem Argument, dass Trump vom "Feind im Inneren" rede und sogar den Einsatz des Militärs gegen die eigenen Bürger befürworte.

Immerhin, wenn man diese Aussagen genau genug liest, kann man erkennen, dass die Antwort sich nicht auf die Frage bezieht. Denn selbst wenn alle von ihr genannten Vorwürfe gegen Donald Trump berechtigt wären, liefern sie keine Antwort auf die Frage "Warum meinen 79 Prozent der Wähler, dass das Land auf dem falschen Kurs ist?" Auch das beste Lebkuchenrezept ist keine Antwort auf eine Frage nach dem Wetter.

Hier die Szene im Original (Übersetzung folgt):

Bret Baier: "Mehr als 70 Prozent der Leute sagen, das Land ist auf dem falschen Kurs. Sie sagen, das Land ist auf dem falschen Kurs, wenn es auf dem falschen Kurs ist, dieser Kurs folgt auf dreieinhalb Jahre, in denen Sie Vizepräsidentin waren und Präsident Biden Präsident. Das ist es, was sie sagen, 79 Prozent von ihnen. Warum sagen sie das? Wenn Sie die Richtung ändern, Sie waren dreieinhalb Jahre im Amt? "

Harris: "Und Donald Trump hat für das Amt kandidiert."

Baier: "Aber Sie waren die Person, die im Amt war."

Harris: "Sie und ich wissen, wovon ich rede. Sie und ich wissen, wovon ich rede."

Baier: "Nein, wovon reden Sie?"

Harris: "Wovon ich rede, ist, dass die Leute im letzten Jahrzehnt wurden … Aber hören Sie zu, im letzten Jahrzehnt, es ist mir klar, und sicher den Republikanern, die mit mir auf der Bühne sind, der ehemalige Stabschef von Präsident Donald Trump, ah, ehemalige Verteidigungsminister Nationaler Sicherheitsrat, und sein Vizepräsident, einer, dass er außerstande ist, das Amt auszuüben, dass er instabil ist und dass die Leute es satthaben, mit jemandem, der erklärt, ein Anführer zu sein und die ganze Zeit mit Erniedrigungen verbringt und und und sich mit persönlichen Problemen befasst, und es geht um ihn und nicht um das US-amerikanische Volk."

Das geht so noch weiter. Irgendwann im Verlauf dieses Wortschwalls erwähnt sie tatsächlich, dass Trump von einem "Feind im Inneren" rede. Das ist immer noch keine Antwort auf die Frage. Aber sie hat einige Punkte untergebracht, die ihre Fans gerne hören. Ausführungen darüber, wie sehr die Biden-Regierung nach einem "Feind im Inneren" gesucht hat, quer durch alle sozialen Netzwerke beispielsweise, spare ich mir an dieser Stelle.

Ein anderes Beispiel ganz zu Beginn des Interviews. Die Frage ist einfach und direkt.

Baier: "Umfragen im ganzen Land und hier in Pennsylvania besagen, dass Einwanderung eines der Schlüsselthemen ist, auf das sie bei dieser Wahl schauen, und insbesondere der Zufluss an illegalen Immigranten aus mehr als 150 ..."

Harris: "Sie wissen, worüber ich reden werde."

Baier: "Nur eine Zahl. Denken Sie, es ist eine Million, drei Millionen?"

Harris: "Kommen wir doch auf den Punkt. Der Punkt ist, wir haben ein kaputtes Einwanderungssystem, das repariert werden muss ..."

Die gleiche Situation wie bei der ersten Frage. Nun ist es zwar üblich, dass Politiker gern von Fragen weglenken auf die Punkte, die sie unterbringen wollen. Aber üblicherweise geschieht das, indem erst eine kurze Antwort erfolgt, dann aber umgeleitet wird. Beispielsweise mithilfe von Floskeln wie "Dabei sollten wir aber nicht vergessen, dass" oder "Viel wichtiger ist aber". Harris antwortet überhaupt nicht auf die Frage, sondern spult die Aussagen, die sie unterbringen will (oder soll), zusammenhangslos herunter.

Was niemandem auffällt, der die deutschen Berichte liest. Wobei es natürlich völlig in Ordnung ist, aus dem Gesagten zwei, drei Sätze herauszuziehen, anders geht man bei derartigen Berichten nie vor; nur die Tatsache, dass Frage und Antwort selten zusammenfanden, wäre bei einer ehrlichen Berichterstattung eine ebenso wichtige Information. Harris ist nicht die einzige Politikerin, die sich wegduckt, wenn ihr Fragen nicht genehm sind, aber die Art und Weise, wie sie das tut, erweckt eher den Eindruck, als wäre sie gar nicht richtig anwesend, und die Stichworte, die sie abarbeitet, sind auswendig gelernt und nicht das Ergebnis einer Überzeugung.

Als Baier sich auf Plakate der Wahlkampagne von Trump bezieht, die sich dagegen aussprechen, Gefängnisinsassen aus Steuergeldern Operationen zur Geschlechtsumwandlung zu finanzieren, erklärt sie erst, solche Operationen seien unter der Regierung Trump auch finanziert worden; es geht ein paarmal hin und her, dann fragt Baier sie, ob sie das als Präsidentin unterstützen werde. Ihre Antwort:

"Ich denke, er hat 20 Millionen Dollar für diese Anzeigen ausgegeben, um bei den Wählern ein Gefühl der Furcht auszulösen, weil er tatsächlich in dieser Wahl keinen Plan hat, in dem er sich mit den Bedürfnissen des US-amerikanischen Volkes beschäftigt, aber 20 Millionen für dieses Plakat zu einem Thema, das, bezogen zu den größten Themen, die das US-amerikanische Volk betreffen, da ist es tatsächlich weit weg, und noch einmal, seine Politik war nicht anders, schau, wo wir sind, obwohl, ich biete dem US-amerikanischen Volk einen Plan für bezahlbare Wohnungen ..."

Noch einmal: Die Frage war, wie sie dazu steht, in Gefängnissen Geschlechtsumwandlungen zu finanzieren, und der Bandwurmsatz endet nach einem Umweg über die Wahlplakate bei ihrem Plan für Wohnungsbau.

Man kann verschriftlicht kaum nachvollziehbar machen, welchen wirren Eindruck diese Aussagen hinterlassen. Die Punkte, die erwähnt werden und die für sie werben sollen, das Einzige, was es bis in die deutschen Berichte schafft, sind ohne Logik vorgetragen. Die Argumente passen nicht zusammen – wie sollen Plakate, die steuerfinanzierte Geschlechtsumwandlungen thematisieren, Angst machen? Und was sind 20 Millionen in einem US-Wahlkampf, in dem von beiden Seiten Milliarden ausgegeben werden?

Nicht, dass deutschen Zuschauern dieser Schmerz fremd wäre. Außenministerin Annalena Baerbock kann ihn auch erzeugen; allerdings ist Harris wie Baerbock auf Speed.

Zitieren wir noch einmal, diesmal die Eloge der Zeit:

"In Abkehr ihres bisherigen 'Er ist einfach seltsam'-Wahlkampfs gegen Trump verteidigte Harris leidenschaftlich die US-Demokratie und griff auch hier Trump an, der von 'Feinden im Inneren' der USA gesprochen hatte, gegen die das Militär eingesetzt werden könne. Trump werte Menschen ab, statt ihnen hochzuhelfen, sagte Harris."

Ja, sie hat das alles gesagt, irgendwann im Verlauf der 40 Minuten, und man kann diese Punkte aus dem Transkript des Interviews herauspicken. Aber dass sie "leidenschaftlich die US-Demokratie verteidigt" hätte, ist reine Ausschmückung. Man ist eher froh, dass es bei diesen an falscher Stelle eingestreuten Vorwürfen blieb. Man ist sogar froh, dass der Interviewer tatsächlich für Fox News ziemlich handzahm war und ihr all die Dinge, die das US-Justizministerium in den letzten Jahren angerichtet hat, nicht vorhielt. Mit der Antwort hätte man ohnehin nichts anfangen können.

Man sollte allerdings erwarten, dass die deutschen Berichterstatter – sofern sie den Auftritt überhaupt gesehen haben – sich zumindest einmal die Frage stellen, wie man mit einer Person, die so wirr auftritt wie Harris, überhaupt jemals verhandeln kann. Wie eine Verbindlichkeit in Denken und Handeln erwartet werden kann, wenn schon der logische Ablauf einzelner Argumente zum Chaos wird, und wie man ruhig damit schlafen können will, wenn eine derart zerfahrene, unwirkliche Persönlichkeit wie Harris die Kontrolle über das zweitgrößte Atomwaffenarsenal des Planeten erhält.

Nein, die vorgegebene Linie ist klar, in allen Berichten kommt sie gut weg und hat am Ende das Interview bei einem eher Trump gewogenen Sender "gewonnen". Das muss ein anderes Interview gewesen sein. Und das Gute daran – man kann es überprüfen.

Mehr zum Thema – Katastrophales Fox-Interview mit Kamala Harris – Trump klarer Favorit

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