Wird Kiew nun Kinder in den Kampf schicken?

Von Tatjana Pop

Wenn Moskaus Bewohner laut dem russischen Literaturklassiker Michail Bulgakow von der "Wohnungsfrage" verdorben wurden, so wird die ukrainische Propaganda von der "Kinderfrage" verdorben. Oder sie wird vielmehr – genauer gesagt – in ihrer ganzen Menschenverachtung entlarvt. Kiews Regime begann vor langer Zeit, dieses Thema auszuschlachten, denn es ist sehr leicht, damit sowohl Empathie zu erwecken als auch somit zugleich die Finanzierung aufrechtzuerhalten.

Natürlich haben die Machthaber in Kiew mit niemandem Mitgefühl. So behauptete der Berater des ukrainischen Präsidialamts Michail Podoljak, dass die Zivilisten, die am Strand von Sewastopol angegriffen wurden, darunter zwei getötete Kinder, "zivile Besatzer" seien. Nach dieser Logik dürfe Kiew töten, und zwar auch Kinder.

Und die sogenannte internationale Gemeinschaft steht zu einem nicht vernachlässigbaren Teil auf der Seite Kiews, wovon sowohl der Haftbefehl gegen Russlands Präsidenten und die russische Kinderbeauftragte als auch die am 24. Juni selbst gegen das Kindererholungslager Artek verhängten Sanktionen zeugen. Besagtes Lager bedrohe angeblich "die territoriale Integrität, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine". Russland handele also falsch: Man bringt Minderjährige aus dem Kampfgebiet heraus, lässt Waisenkinder adoptieren, und zwingt die Kinder dann auch noch, sich in Sommerlagern zu erholen – was für ein Schrecken!

Ganz anders die ach so "demokratische" Ukraine. Am 22. Juni 2024 (und ich bin mir sicher, dass der Jahrestag des Überfalls Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion nicht zufällig gewählt wurde) veröffentlichte die Deutsche Welle eine Sendung über die Militärausbildung von ukrainischen Schülern. Ort der Handlung des Berichts ist die Stadt Schepetowka, doch die Autoren versichern, dass es in der Ukraine "Hunderte solcher Jugendgruppen" gebe. Und dabei lügen sie diesmal wahrscheinlich nicht.

Es ist allgemein bekannt, dass die militanten Nationalisten aus dem Asow-Regiment seit 2014 sehr eifrig Kindern und Jugendlichen militärische "Fertigkeiten", eigentlich aber ihre eigene Ideologie zu vermitteln versuchten. Insbesondere befanden sich ihre Lager an der Küste des Asowschen Meeres, die heute wieder ein Teil Russlands wurde. Ich schließe nicht aus, dass Kinder, deren Fotos mit zum Hitlergruß ausgestreckten Händen wir im Netz mit Schrecken in den Jahren 2014/2015 sehen mussten, im Jahr 2022 aus Überzeugung dem ukrainischen Militär beitraten unter den Ersten waren, die von Kiew in den Fleischwolf gejagt wurden. Nun sehen wir, wie diese "Jugendpolitik" unter verhaltenem Beifall der westlichen Öffentlichkeit auf das ganze Land ausgeweitet wird.

Doch wenn die Militarisierung der Schüler eher eine moralische Frage als eine Frage der Mobilmachung ist, so sind die Perspektiven der ukrainischen Studenten weitaus schlechter. Am 24. Juni wurde bekannt, dass durch Hochschulen des Gebiets Wolhynien Listen von exmatrikulierten Studenten direkt an die Musterungsbehörden übergeben werden. Dies hatten die lokalen Verwaltungen, Militärbehörden und Hochschulen vereinbart. "Die Rektoren versicherten, dass es eine klare Übereinkunft mit den regionalen Musterungs- und Polizeibehörden gebe, dass ihnen sie Listen von exmatrikulierten Personen vorgelegt werden, die die Bedingungen für eine Immatrikulation nicht erfüllten", meldet die Gebietsverwaltung.

Ein wichtiges Detail dabei ist, dass die allermeisten Studenten jünger als 25 Jahre sind. Nach geltender Gesetzgebung unterliegen diese ganz jungen Menschen jedoch noch keiner Mobilmachung.

Daher ist ein solches Interesse vonseiten der Verwaltung und der Musterungsbehörden für ihr Studium kein Zufall. Und Wladimir Putin hatte wohl recht, als er jüngst voraussagte, dass Selenskijs Aufgabe darin bestehe, das Einberufungsalter in der Ukraine radikal zu senken, um eine weitere, inzwischen die letzte Generation der wehrfähigen Ukrainer in einen selbstmörderischen Kampf gegen Russlands Armee zu schicken.

Freilich sollte das nach Schätzungen des russischen Präsidenten zwei Jahre in Anspruch nehmen. Doch das Regime in Kiew könnte eine ganz andere Mathematik benutzen. Nach dessen verkehrter Logik werde eine "Gegenoffensive" vor den US-Präsidentschaftswahlen benötigt, und nicht erst danach. Gerüchte, dass Kiews Militär als Gegenleistung für die in diesem Jahr erhaltene Hilfe bis zum Herbst zumindest irgendeinen Erfolg vorweisen müsse, kursieren bereits in ukrainischen Telegram-Kanälen. Möglicherweise werden gerade die exmatrikulierten Studenten aus Wolhynien gemeinsam mit besonders patriotischen Oberstufenschülern in die Gegenoffensive geschickt.

Wahrscheinlich erinnern sich nicht alle daran, dass einer der Gründungsmythen der ukrainischen Unabhängigkeit der Mythos über die Helden der Schlacht von Kruty ist – Studenten und Gymnasiasten, die im Januar 1918 von der Ukrainischen Volksrepublik gegen die vorrückende Rote Armee geschickt wurden, um sie aufzuhalten, allerdings vom eigenen Kommando schlicht im Stich gelassen wurden. Nun, die Ukraine ist ein Territorium, wo sich Geschichte zu wiederholen scheint.

Verfasst für RT und übersetzt aus dem Russischen, zuerst erschienen am 24. Juni 2024.

Tatjana Pop, geboren 1983 im westukrainischen Gebiet Transkarpatien, ist eine ukrainische Journalistin und gesellschaftliche Aktivistin. Sie leitet die internationale öffentliche Bewegung "Wnuki" (Die Enkelkinder). Man kann ihr auf ihrem Telegram-Kanal folgen.

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