Von Andrei Perla
Die Freiheitliche Partei erhielt bei den Parlamentswahlen in Österreich 29 Prozent der Stimmen. Kurz zuvor erhielt die Alternative für Deutschland bei den Wahlen in Brandenburg fast 30 Prozent der Stimmen. Zusammen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht wird die "systemkritische Opposition" etwa die Hälfte der Sitze im Parlament des Bundeslandes kontrollieren. Theoretisch bedeutet dies, dass mit der Meinung der "Rechtsextremen", die keinen Krieg mit Russland und keinen Zusammenbruch der heimischen Wirtschaft wollen, nun gerechnet werden muss. Praktisch wird die Regierung des Bundeslandes Brandenburg von der derzeit regierenden Sozialdemokratischen Partei gebildet werden, wahrscheinlich in Koalition mit der CDU. Das sind nur bedingt linke Zentristen und rechte Zentristen. Sicherlich sind sie Mitläufer der Globalisten, gehorsame (oder leicht verblendete) Vollstrecker des Willens der Europäischen Union. Die Vorgänge in Österreich werden sich ebenso entwickeln: Die Gewinner der Wahl werden nicht in der Lage sein, eine Regierung zu bilden, sondern dies werden die "Gemäßigten" im Bündnis mit den "Linken" tun.
So funktioniert die westliche Demokratie – nicht nur in Brandenburg und nicht nur in Deutschland, sondern immer und überall. Die Bevölkerung, oder wie man früher sagte, die Massen, haben die Möglichkeit, ihre Unzufriedenheit mit einem bestimmten Politiker und bestimmten politischen Entscheidungen zum Ausdruck zu bringen. Es gibt sogar die Möglichkeit, einen bestimmten unpopulären Populisten abzuwählen (nein, das ist kein Oxymoron, alle Politiker sind Populisten, manche sind aber weniger erfolgreich als andere). Die Wähler im Westen haben jedoch keine Möglichkeit, den eingeschlagenen Kurs des Landes zu ändern.
Die Marxisten glauben, dass es die Demokratie nie gegeben hat, dass sie nichts weiter als ein Mittel der herrschenden Klassen ist, um die Massen zu täuschen. Es gab eine Zeit, in der den Schulkindern in der UdSSR im Sozialkundeunterricht genau das erzählt wurde. Dann gab es eine Zeit, in der wir über diese Schullektionen lachten und nach dem Vorbild des Westens wiederholten, wie wunderbar die "Tauschbarkeit der Macht" sei.
Aber schauen wir uns den aktuellen Stand der Dinge an. In Deutschland wird der "linke" Kanzler Olaf Scholz nach der nächsten Wahl wahrscheinlich nicht mehr Kanzler sein. Etwas unwahrscheinlicher ist, dass die Parteien der derzeitigen Regierungskoalition nicht mehr an einer Regierung beteiligt sein werden. Dennoch wird die Koalition aus SPD, den Grünen und der FDP keine Mehrheit mehr haben. Die Regierung nach der nächsten Bundestagswahl wird von dem "rechten" Friedrich Merz (CDU/CSU) gebildet werden.
In der deutschen Politik wird es aber keine nennenswerten Änderungen geben. Weder in der Außenpolitik – der Kurs in Richtung Krieg mit Russland wird nicht korrigiert werden – noch in der Innenpolitik. Und weder BASF noch Volkswagen werden auf eine Rettungsaktion in Form eines Bailouts warten, denn sie werden ja keine billigen Energieträger mehr bekommen, weil der Kriegskurs mit Russland und die antirussischen Sanktionen beibehalten werden.
Vorsichtshalber wiederhole ich noch einmal: Dies ist kein Problem Deutschlands. Es ist überhaupt kein Problem, es ist "not a bug, it's a feature". Es ist Ausdruck einer Grundregel der westlichen Demokratie. Der Wähler wählt zwar die Regierung, aber er entscheidet nicht, was die Regierung tun soll.
Um sich davon zu überzeugen, können Sie einen Blick auf das Vereinigte Königreich werfen. Die Regierungspartei wurde in diesem Jahr ausgetauscht, die Konservativen haben ihre Mehrheit im Parlament und in der Regierung verloren, und nun ist Labour am Zug. Weder in der Innen- noch in der Außenpolitik des Landes lassen sich unter der neuen Regierung auch nur kosmetische Veränderungen feststellen.
In Frankreich ist die Situation genauso wie in Brandenburg – mehr als ein Drittel der Wähler wählt die Rechten. Und was ist mit der Regierung? Die Regierung wird von einem unbeliebten Präsidenten gebildet, der die Meinung dieser Wähler ignoriert. Ein Brüsseler Bürokrat wird Premierminister. Und in Brüssel selbst ist es das gleiche Spiel: Die Rechten gewinnen die Wahl, Ursula von der Leyen verabschiedet sich. Sie verabschiedet sich und verabschiedet sich noch eine Weile weiter, und dann geht sie nirgendwo hin und behält ihren Posten. Die Rechten sind nämlich verschieden, sie können sich nicht untereinander einigen, dafür aber die Zentristen und die Linken. Was, die Meinung der Wähler? Nein, die interessiert niemanden.
Wenn man in Russland auf die Geschehnisse in Westeuropa blickt, stellt man sich gerne vor, dass die Unzufriedenheit der Bevölkerung zum Wahlsieg vernünftiger Politiker führen wird, die nicht gegen Russland und nicht unter dem Diktat Washingtons, sondern zum Wohle ihres Landes handeln werden. Pragmatisch gesehen profitiert Europa nicht von einem Krieg mit Russland, im Gegenteil, es ist günstig, mit Russland zwar vielleicht nicht befreundet zu sein, aber zumindest mit ihm Handel zu treiben. Außerdem ist es für Europa nicht rentabel, vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts für ein Wettrüsten auszugeben, besonders in Zeiten der Rezession. Zudem ist es auch nicht vorteilhaft, der Ukraine Geld zu geben, das für Investitionen im eigenen Land und für "die soziale Wohlfahrt" ausgegeben werden könnte. Bald wird die Alternative für Deutschland oder Sahra Wagenknecht oder Marine Le Pen die Mehrheit bekommen und dann …
… auch dann wird sich nichts ändern. Demokratie ist nicht die Macht der Mehrheit der Wählerschaft, sondern die Macht der Demokraten. Mehr noch – die Macht der Demokratischen Partei der USA. Davon sollte man in Russland ausgehen, wenn man über die Beziehungen mit dem Westen spricht.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 2. Oktober 2024 zuerst auf der Website der Zeitung Wsgljad erschienen.
Andrei Perla ist ein russischer Politikwissenschaftler.
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