Neben der Diskussion um die Lieferung von Taurus-Raketen in die Ukraine ist auch ein möglicher Bundeswehreinsatz im ukrainischen Konfliktgebiet nach Ansicht der Demoskopen zu einem der Leitthemen für die kommende Bundestagswahl geworden. Anfang Dezember hatte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock den Einsatz deutscher Soldaten zur Friedenssicherung (Wortgebrauch wie in der Umfrage formuliert – Anm. der Redaktion) in der Ukraine ins Gespräch gebracht.
Die aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten Olaf Scholz und Friedrich Merz haben in der ersten Dezemberhälfte nacheinander jeweils eintägige Kiew-Reisen absolviert (Robert Habeck kann noch folgen), um ihre eigenen Akzente in der Ukraine-Frage zu setzen. Eine INSA-Umfrage macht deutlich, was die Wähler von ihnen erwarten.
Nur jeder dritte Befragte (32 Prozent) unterstützt demnach den Einsatz deutscher Friedenstruppen in der Ukraine. Eine deutliche Mehrheit von 55 Prozent lehnt einen solchen Einsatz hingegen ab. In der Wählerschaft von CDU/CSU (53 Prozent), Linkspartei (67 Prozent), BSW (76 Prozent) und AfD (77 Prozent) gibt es absolute Mehrheiten dagegen, deutsche Soldaten zur Friedenssicherung in der Ukraine einzusetzen.
Bei den Wählern der SPD gibt es eine relative Mehrheit (44 Prozent dagegen, 40 Prozent dafür) gegen den Einsatz von deutschen Friedenstruppen, bei den Wählern der FDP eine relative Mehrheit (46 Prozent dafür, 42 Prozent dagegen) dafür. Nur die absolute Mehrheit der Grünen-Wähler (56 Prozent) ist für den von der grünen Außenministerin angeregten Einsatz deutscher Soldaten zur Friedenssicherung in der Ukraine.
Die Frage des Einsatzes deutscher Soldaten innerhalb einer internationalen Truppe für eine mögliche Friedenssicherung zwischen Russland und der Ukraine ist für eine Mehrheit von gut 58 Prozent wichtig für ihre Wahlentscheidung zur Bundestagswahl 2025. Nur 27 Prozent sehen diese Frage mit Blick auf ihre Wahlentscheidung als unwichtig an.
Frauen (60 Prozent) und Ostdeutschen (62 Prozent) ist diese Frage für ihre Wahlentscheidung häufiger wichtig als Männern (56 Prozent) und Westdeutschen (58 Prozent). Vor allem Wählern des BSW (71 Prozent), der AfD (69 Prozent), der Linkspartei (68 Prozent), der SPD (66 Prozent) und der CDU/CSU (60 Prozent) ist das Thema für ihre Wahlentscheidung wichtig. Etwas weniger häufig wichtig ist das Thema für die Wähler von FDP (54 Prozent) und Bündnis90/Die Grünen (52 Prozent).
Die Kritiker eines Einsatzes deutscher Friedenstruppen, aber auch Kritiker von Waffenlieferungen, zum Beispiel des Waffensystems Taurus, halten diese Frage häufiger für wichtig für die Wahlentscheidung als die Befürworter von deutschen Friedenstruppen oder Befürworter von Waffenlieferungen. Eine stärkere Fokussierung auf diese Themen dürfte also tendenziell eher den politischen Befürwortern als den politischen Gegnern solcher Schritte schaden, schlussfolgert das Umfrageinstitut.
Andere Umfragen geben ein ähnliches Bild wieder. So fand eine Erhebung der Körber-Stiftung heraus, dass BSW- und AfD-Wähler in vielen außenpolitischen Fragen sehr ähnliche Einstellungen vertreten, wobei die BSW-Sympathisanten die Kritik gegenüber den USA und pazifistische Positionen von allen Parteien am konsequentesten vertreten.
Das Thema deutscher Bodentruppen in der Ukraine beschäftigt indes auch Militärexperten. So hält der Militärhistoriker Sönke Neitzel das UN-Mandat für Friedenssicherung an der gesamten Waffenstillstandlinie für unrealistisch. Wenn es also zu einem solchen Einsatz käme, müssten dann die deutschen Truppen ran – mit Ausrichtung gegen Russland, sagte er im Gespräch mit dem NDR. Es sei Wasser auf die Mühlen von Putin zu sagen, die NATO expandiere oder die Deutschen stünden auf einmal wieder in der Ukraine. Putin müsse ja ein Interesse daran haben, den Westen aus der Ukraine herauszuhalten. Und möglichst weit von seiner Landesgrenze fernzuhalten.
"Ich kann mir kein Szenario vorstellen, in welchem Putin westliche Truppen an seiner Grenze akzeptiert, auch wenn sie nur einen Waffenstillstand überwachen sollten. Selbst wenn die einen blauen Helm aufhätten. Das halte ich aufgrund der derzeitigen Machtposition Russlands für unrealistisch", so Neitzel.
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