Wahlen und Referendum zum EU-Beitritt in Moldawien: Nur zwei Wahllokale in Russland geöffnet

Am Sonntag findet in Moldawien die Präsidentschaftswahl statt. Die proeuropäische Präsidentin Maia Sandu will sich heute wiederwählen lassen, auch mithilfe eines Referendums, das die Zukunft des Landes für Jahrzehnte bestimmen soll. Die Moldawier werden gleichzeitig aufgerufen, ihre Stimme für oder gegen den Beitritt Moldawiens in die Europäische Union abzugeben. Sollte die Abstimmung zugunsten des Beitritts ausfallen, wird dies in der moldawischen Verfassung als primäres Ziel festgeschrieben. Laut moldawischer Regierung treffen die Bürger des Landes an diesem Tag eine "Schicksalsentscheidung". 

Umfragen zufolge liegt die amtierende Präsidentin bei deutlich über 30 Prozent und hat keine ernst zu nehmenden anderen proeuropäischen Konkurrenten; die zwei bekanntesten russlandfreundlichen Kandidaten Alexandru Stoianoglo und Renato Usatyi kommen auf sieben bis neun Prozent. Diese Ergebnisse zeigen einmal mehr: Die Opposition gegen Sandu ist zerstritten und es gibt keinen starken einheitlichen Kandidaten.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Sicherheitsapparat mit administrativen Druckmitteln gegen prorussische Politiker vorgeht. Russische und prorussische Medien sind in Moldawien verboten, Telegram-Kanäle der Oppositionellen gesperrt. "Proeuropäischer" Propaganda sind dagegen seit Jahren Tür und Tor geöffnet. Ursula von der Leyen, Olaf Scholz und andere hochrangige Vertreter aus dem EU- und NATO-Raum besuchten vor kurzem das Land und leisteten Maia Sandu und proeuropäischen Kräften Wahlhilfe in Form von Subventionen und Krediten. Meinungsbildung auf der anderen Seite brandmarken diese Wahlhelfer einstimmig als "russische Propaganda" und "schädlicher Einfluss Moskaus". 

Ob diese Agitation beim Referendum greift, ist allerdings ungewiss. Viele Moldawier betrachten die Annäherung an den Westen mit Skepsis und glauben nicht an die Versprechen. Auch fürchten sie die Verwicklung ihres Landes in einen bewaffneten Konflikt mit Russland. Auf dem international anerkannten Territorium Moldawiens befindet sich De-facto-Staat Transnistrische Moldawische Republik. Rund 200.000 Einwohner Transnistiens haben einen russischen Pass. Nach dem Bürgerkrieg im Jahr 1992 bewachten russische Friedenstruppen die Einhaltung der Waffenruhe. 

Moldawien hat 2,6 Millionen Einwohner. Bis zu einem Drittel von ihnen befindet sich als Arbeitsmigranten im Ausland und ist als Wähler auf die Bereitstellung der Wahllokale vonseiten des Staates angewiesen. Die Anzahl der Moldawier, die sich derzeit in Russland aufhalten, ist mit ca. 350.000 am höchsten. Dennoch sind für sie nur 10.000 Wahlzettel in lediglich zwei Wahllokalen in Moskau vorbereitet.

Zum Vergleich: In Italien, wo etwas mehr als 100.000 moldawischer Bürger leben, sind 60 Wahllokale geöffnet und etwa 240.000 Stimmzettel ausgegeben worden. In Deutschland sind 26 Wahllokale geöffnet, in Frankreich 20 und in Großbritannien 17. Die Möglichkeit einer Briefwahl ist für Moldawier in Russland auch nicht vorgesehen. 

Laut der Regierungspartei PAS haben um die Mittagszeit schon 100.000 Moldawier in der Diaspora ihre Stimmen abgegeben. In Moskau bildeten sich noch lange vor der Eröffnung der beiden Wahllokale längere Schlangen. Wie russische Reporter in Gesprächen erfuhren, mussten sehr viele Wähler aus Tausenden Kilometern Entfernung anreisen und sich in Hotels einmieten, um ihre Bürgerpflicht zu erfüllen. Genannt wurden die Städte Kursk, Sotschi und sogar Jakutsk in Ostsibirien. Manche Vertreter der moldawischen Opposition erwägen, die Resultate der Wahlen und des Referendums wegen des Ausschlusses einer großen Wählergruppe und sonstiger Manipulationen nicht anzuerkennen. 

"Die Regierung bereitet de facto offen einen Wahlbetrug vor: Maia Sandu hat ideale Bedingungen geschaffen, um dem Volk Moldawiens sein nunmehr letztes Recht zu rauben – die Freiheit der Willensbekundung", teilte die oppositionelle "Partei der kollektiven Aktion – der Bürgerkongress" im Vorfeld der Wahlen mit. 

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, erklärte die Verringerung der Wahllokale in Russland mit panischer Angst der moldawischen Behörden vor einer Niederlage. "Die Beispiele der betrügerischen politischen Techniken, die das Regime in Chisinau auf Veranlassung des Westens anwendet, zeigen das Ausmaß der Siegesgewissheit, der panischen Angst vor einer Niederlage, der echten Einstellung zu demokratischen Prinzipien und der völligen Missachtung jeglicher demokratischer Verfahren", so die Diplomatin am 9. Oktober. 

Vertreter westlicher Länder loben dagegen die Fortschritte Moldawiens auf dem Weg der "Demokratisierung". Die Republik Moldau beweise einen bemerkenswerten Reformwillen auf ihrem Weg in die EU, sagte der Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem letzten Besuch in Chisinau. Die Erweiterung der Europäischen Union liege dabei im strategischen Interesse der EU, Deutschlands und der Republik Moldau, so der Bundeskanzler. Russland warf er Destabilisierungsversuche vor und versprach die Unterstützung Deutschlands im Sicherheitsbereich und Erhöhung der Resilienz.  

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