Trump legt ein Minenfeld um die deutschen Neuwahlen

Von Dagmar Henn

Jetzt soll es also der 23. Februar sein, an dem Neuwahlen stattfinden, und am 16. Dezember soll im Bundestag das Misstrauensvotum abgehalten werden. Aber kann man sich wirklich auf diesen Terminplan verlassen?

Stück für Stück werden die Ernennungen der künftigen US-Regierung bekannt. Das bisherige Bild ist sehr gemischt; in Bezug auf die Unterstützung Israels, die Haltung gegen den Iran und die zunehmende Aggression gegen China ist eher keine Verbesserung zu erwarten. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Amtswechsel für die deutsche Politelite unproblematisch wird. Denn da sind immerhin noch mindestens einige Punkte, die ernste Probleme machen können.

Der erste davon ist Corona. Da dürften einige unangenehme Dinge an den Tag kommen, wenn tatsächlich Robert Kennedy Jr. die Möglichkeit erhält, dieses Thema aufzuklären. Wie tief das gehen wird, ist noch kaum abzusehen. Sicher, wer es wissen will, kann schon jetzt eine Menge finden: Dass die meisten der Corona-Maßnahmen keinen nachweisbaren Nutzen brachten, dafür aber viel Schaden anrichteten, liegt eigentlich längst offen auf dem Tisch. Aber noch immer gelingt es relativ gut, diese Informationen aus den Mainstream-Medien herauszuhalten und so zu tun, als könne man die Akten einfach schließen. Das würde deutlich schwerer, wenn in den Vereinigten Staaten eine ernsthafte Aufklärung stattfände. Erst recht, wenn diese Aufklärung sich dann in Gerichtsverfahren niederschlüge.

Das Thema ist allerdings relativ komplex, und es wird etwas dauern, bis man bis zum Grund vorgestoßen ist; der Amtsantritt Donald Trumps ist am 20. Januar, in maximal einem Monat ist da noch nicht viel freigelegt. Aber schon dieser Punkt könnte eine Rolle dabei gespielt haben, dass Bundeskanzler Olaf Scholz einem früheren Neuwahltermin zugestimmt hat.

Was auf jeden Fall vorher zünden wird, ist das Thema Ukraine. Selbst wenn Trumps Wahlversprechen, den Konflikt in 24 Stunden zu beenden, eher uneinlösbar bleibt und die bisher bekannt gewordenen Pläne für Russland schlicht unannehmbar sind – allein, wenn eine ehrliche Einschätzung der militärischen Lage dort ausgesprochen wird, ist das in Deutschland problematisch. Schließlich ist hier immer nur zu hören, die Ukraine müsse siegen, und auf gar keinen Fall dürfe man Kompromisse mit Russland schließen.

Ein Mantra, das von der ganzen Kriegsfront im Bundestag, Rotschwarzgelbgrün, einstimmig gesungen und von den Leitmedien begeistert aufgegriffen wird. Allein die Informationslage in den USA selbst dürfte dazu führen, dass dort, weil der Ausstieg aus dem Projekt Ukraine ja gegenüber einer Öffentlichkeit begründet werden muss, die weitgehend ebenso hinters Licht geführt wird wie die deutsche, erst einmal die echten Fakten auf den Tisch kommen. Tulsi Gabbard als Aufsicht über alle US-Geheimdienste und als bekannte Gegnerin der weltweiten Kriege wird schon dafür sorgen, dass die Bewertungen, die aus der "Intelligence Community" nach außen dringen, wieder etwas mehr Berührung mit der Wirklichkeit haben, und die erste Aussage, die auftauchen wird, lautet, dass die Ukraine bereits verloren hat.

Das wäre dann das zweite Thema, bei dem es schwieriger wird, Informationen zu unterdrücken. Vor allem, weil auf Grundlage dieser Informationen dann auch noch Handlungen geschehen könnten, die – weil in den USA – nicht zu berichten schlicht nicht möglich ist. Und auch hier: Wenn wirklich allgemein bekannt würde, wie erbarmungslos die Ukraine verheizt wird, nur um Russland zu schwächen, wenn die möglichen Folgen auch für Deutschland (es gibt jetzt schon Befürchtungen, es könnten noch einige Millionen Flüchtlinge von dort kommen) benannt werden müssen, dann hat das nicht nur die Konsequenz, dass die Leitmedien den Rest ihrer Glaubwürdigkeit verlieren. Das Gleiche gilt auch für die Kriegsfront in der Politik.

Dann gibt es natürlich noch ein weiteres Thema, das aufgebrochen werden könnte, denn auch in der "Klimapolitik" wird diese US-Regierung eine andere Position einnehmen. Und schon wieder handelt es sich um eine Frage, in der in Deutschland jede Abweichung tabuisiert wurde und die bereits beträchtlichen Schaden angerichtet hat.

Februar ist in diesem Zusammenhang auf jeden Fall ein weniger gefährlicher Termin als März. Nur, es gibt noch eine weitere Option, die sich bereits davor entfalten könnte. Da ist schließlich noch ein Thema, auch wenn man das in den letzten zwei Jahren mit aller Kraft heruntergespielt hat.

Was wäre, wenn sich Trump öffentlich für die Sprengung von Nord Stream entschuldigen würde? Nur mal so ins Blaue gedacht ... Wäre das eine Aussage, die sich leicht ignorieren ließe? Und welche Wirkungen hätte das, nachdem selbst die Ergebnisse von Seymour Hersh nur kurz wiedergegeben wurden, um dann schnell mit der Geschichte von ukrainischen Hobbytauchern auf der Andromeda verdeckt zu werden? Man hat sich wirklich alle denkbare Mühe gegeben, von einem Zusammenhang zwischen der US-Politik und den hohen Gaspreisen abzulenken, wenn das dann ein US-Präsident umwirft?

Nicht zu vergessen, bisher waren es vor allem kalte Behörden und Wohnungen, die den Deutschen vor Augen (oder eher auf die Gänsehaut) führten, welche Folgen die Gefolgschaft zu den USA hat. Aber in diesem Winter träfe diese Nachricht auf eine stetig wachsende Liste von Entlassungen, Kurzarbeit und Werksschließungen, gekoppelt mit viel Dunkelflaute, steigenden Strompreisen (sofern es dabei bleibt; bisher war es einzig der Einbruch bei der Produktion, der die deutschen Stromnetze stabilisiert hat) und einer wieder anziehenden Inflation. Wie gleichmütig werden es die Deutschen dann noch aufnehmen, wenn die politische Klasse plötzlich mit heruntergelassenen Hosen dastünde?

Da brauchen wir noch gar nicht davon zu reden, dass die treudoofe Befolgung aller US-Sanktionswünsche Richtung Russland und China gleichzeitig dazu geführt hat, dass die Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten als Absatzmarkt so groß ist wie schon sehr lange nicht mehr, und sich auch das, sobald die von Trump geplanten Schutzzölle greifen, als ausgesprochen dumme Entscheidung erweisen wird.

Mindestens die Ukraine und Nord Stream dürften noch vor dem 23. Februar aufschlagen. Wie sähe dann das Wahlergebnis aus? Es gibt ja zu jedem der betroffenen Themen die überzeugten Gegner und die überzeugten Anhänger, aber die große Menge dazwischen, diejenigen, die etwa bei Corona nicht glaubten, sondern sich nur fügten, wie wütend werden sie, wenn Punkt für Punkt sich als unhaltbar erweist?

Allerdings, wenn man einmal anfängt, auf der Bahn zu denken, dass wir hier von Menschen reden, die um jeden Preis die eigene Position retten wollen, führt das noch in ganz andere Gefilde. Man kann diese kleine Differenz zwischen Scholz und Merz die Lieferung der Taurus-Raketen betreffend ja für eine Art Wahlkampfhilfe für die SPD halten, damit sie sich zumindest noch als Partei von ein bisschen Frieden – oder eher, etwas weniger Krieg – feilbieten kann, wobei in diesem Zusammenhang die wachsende Neigung, Boris Pistorius anstelle von Scholz zum Kanzlerkandidaten zu machen, auch diese Option anullieren würde. Aber was, wenn sich die Gruppierung der Taurus-Lieferanten formieren würde, und das vor dem 16. Dezember?

Das wäre die ganz unheimliche Version. Denn selbst, wenn nur ein Teil der Leichen im Keller vor dem 23. Februar hervorgeholt würde, auf dem Umweg über den Großen Teich, könnte das zumindest dafür sorgen, dass die politische Debatte nicht mehr völlig erstickt werden könnte und die Politik in Deutschland wieder ein klein wenig realer würde, trotz allen Widerstands der Kriegsfrontparteien. Um alle Risiken auszuschließen, die der Wahltermin mit sich bringt, hätten diese im Grunde nur eine Möglichkeit: einen Regierungswechsel ganz ohne Wahl zu vollziehen.

Rein theoretisch wäre das möglich. Immerhin war nicht nur die FDP, sondern waren auch die Grünen immer dafür, mit den Taurus-Raketen für eine direkte deutsche Kriegsbeteiligung zu sorgen. Es bräuchte nur weniger als die Hälfte der Grünen, 51 von 119, und das Misstrauensvotum würde nicht mit einer Auflösung des Bundestags, sondern mit einer Wahl eines Kanzlers Merz enden. Ist das den Grünen zuzutrauen? Immerhin haben mehrere ihrer Vertreter bekundet, das Thema Ukraine sei ihnen das wichtigste von allen, und erst mal gar keine Wahlen wären für die Grünen genauso erfreulich wie für die Gelben.

Selbst wenn Merz seine eigenen Ankündigungen ignoriert und auf Adenauersche Weise erklärt "was schert mich mein Geschwätz von gestern", dürfte dann die Hoffnung darauf liegen, bis September beim Versuch, die AfD aus dem Wahlkampf zu ziehen, weit genug voranzukommen und sich zumindest vorerst vor den aus Washington drohenden Gefahren gerettet zu haben. Die übrigen Wähler haben ja vielleicht im Herbst bereits vergessen, was sich im Frühjahr und Sommer alles als Täuschung entpuppt hatte.

Womit man bei der letzten denkbaren Variante wäre, derjenigen, die hoffentlich nicht realisiert wird – dass statt der Neuwahl Merz gleich Kanzler wird und seine Drohung mit den Taurus tatsächlich umsetzt. Das wäre völlig verrückt, auch wenn es die ganze Berliner Meute vor jeglicher Variante von Wahl bewahren würde; denn das, was dann im Herbst von Deutschland noch übrig ist, hätte mit Sicherheit andere Sorgen. Allerdings wäre das vermutlich die letzte Gelegenheit für diesen fatalen Auftritt in der deutschen Geschichte – bis zur Bildung einer neuen Regierung nach Neuwahlen im Februar dürfte ein dann gewählter Bundeskanzler, ob Merz oder gar Pistorius, selbst aus Washington die deutliche Botschaft übermittelt bekommen, er habe von diesen Dingern die Finger zu lassen.

Auf der anderen Seite des Atlantiks sind es die Neocons der Biden-Regierung, die die Versuchung verspüren könnten, den Antritt einer Regierung Trump mit einem großen Knall zu verhindern. Auch bei ihnen sind es die Leichen im Keller, ist es die Liste der eigenen Vergehen, die diese Versuchung auslöst. Ihre deutschen Sachwalter sind vor allem die Grünen. Weshalb man die Spielarten von "Merz sofort" leider erst nach dem Misstrauensvotum im Bundestag von der Liste der Möglichkeiten streichen kann.

Mehr zum Thema – Deutschland im Kreuzfeuer zwischen Trump und der Ukraine – und die Altparteien zwischen BSW und AfD

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