Medienbericht: BSW plant mit CDU in Thüringen Regeländerung für Wahl des Landtagspräsidenten

Die nüchterne Statistik belegt, dass die AfD mit 31,2 Prozent am Abend des 1. September als klarer Sieger aus der Thüringer Landtagswahl hervorging. Die CDU landete mit 24,5 Prozent auf Platz zwei, das Bündnis Sahra Wagenknecht erreichte aus dem Stand 15,7 Prozent. Knapp drei Wochen später berichtet die Welt-Zeitung von Plänen, dass "wegen der Dominanz der AfD im Thüringer Landtag" das BSW und die CDU im Hintergrund durch parteipolitische Kungelei das Verfahren für die Wahl des Landtagspräsidenten zu Ungunsten der AfD beeinflussen wollen.

Die offengelegte Strategie lautet demnach, dass die Fraktionen des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) und der CDU in der konstituierenden Sitzung des Parlaments am Donnerstag kommender Woche "eine Änderung der Geschäftsordnung beantragen wollen, wie aus einer entsprechenden Vorlage am Donnerstag hervorging", so die Springerzeitung Welt.

Demokratisch legitim ist bis dato die Selbstverständlichkeit, dass die stärkste Fraktion im Landtag ‒ also die AfD-Fraktion ‒ zunächst das Vorschlagsrecht für das Amt innehat. Nach den Vorstellungen und Plänen der Zweit- und Drittplatzierten der Landtagswahl sollen nun auf einmal für die Wahl des Landtagspräsidenten "vom ersten Wahlgang an Kandidaten aus allen Fraktionen vorgeschlagen werden" können.  

Die AfD ist mit 32 Sitzen stärkste politische Kraft. Die CDU ist mit 23 Abgeordneten im Thüringer Landtag vertreten. Das Bündnis Sahra Wagenknecht erreichte 15 Sitze, die Linke zwölf. Sechs Sitze gehen nach dem Wahlergebnis an die SPD. Alle genannten Fraktionen lehnen einen AfD-Landtagspräsidenten ab. Die AfD plant weiterhin mit der Besetzung des Amtes und nominierte dafür im Vorfeld die Abgeordnete Wiebke Muhsal. 

Für eine Änderung des Verfahrens ist nach Angaben eines CDU-Fraktionssprechers die Mehrheit der Abgeordnetenmandate nötig – das wären 45 Stimmen.

Thüringens AfD-Chef Höcke kommentierte den geplanten Coup via X-Posting:

Torben Braga, parlamentarischer Geschäftsführer der Thüringer AfD-Landtagsfraktion, erklärte gegenüber der Welt-Redaktion:

"Ich glaube nicht, dass der Landtag vor der Wahl eines Präsidenten über eine neue Geschäftsordnung abstimmen kann. Die Rechtslage ist hier sehr eindeutig."

Die politische Konkurrenz wie auch die Verwaltung des Landtags seien laut Braga bisher der Auffassung gewesen, "dass die Geschäftsordnung keine Änderung oder Klarstellung benötige, wenn man einen AfD-Präsidenten verhindern wolle", da dies generell spätestens im dritten Wahlgang möglich war und ist. Er fragt daher: "Warum nun dieser Sinneswandel?"

Diesbezügliche Erklärungen und Befürchtungen lauten im Welt-Artikel:

"Beobachter fürchten, dass der Alterspräsident, der die Wahl des Landtagspräsidenten leitet und voraussichtlich ebenfalls von der AfD kommt, keine Vorschläge der anderen Parteien zulassen könnte und ein langwieriges Verfahren vor dem Verfassungsgericht und damit eine Hängepartie droht. Ohne Landtagspräsident ist das neue Parlament nicht arbeitsfähig. Es könnte auch keinen neuen Ministerpräsidenten wählen."

Der parlamentarische Geschäftsführer der BSW-Fraktion, Tilo Kummer, erklärte in Erfurt, Ziel des parteipolitischen Agierens sei "ein rechtssicheres Verfahren" für die konstituierende Sitzung des Thüringer Landtags, und weiter:

"Wir wollen ein wochenlanges Gezerre vermeiden und schnell zu einem handlungsfähigen Landtag kommen."

Andreas Bühl, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion, erklärte laut Welt-Artikel: "Wir dürfen es nicht zulassen, dass der Thüringer Landtag als Institution beschädigt wird." Thüringen brauche laut seiner Wahrnehmung "einen Landtagspräsidenten, der das Format und die charakterliche Eignung besitzt, seine Aufgabe als Hüter der Demokratie zu erfüllen".

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