Besuche sind ob meiner eigenen Lebenslage kaum möglich. Meine Kraft hat sich aufgebraucht bis zur Erschöpfung im Pflegen und Begleiten meiner Freundin. So gern würd ich sie besuchen, mit ihr im Garten werkeln. Singen. Erzählen. Ihre Abenteuer im Zuge ihrer Erkrankung sind groß. Zur körperlichen Malesse hinzu kommt eine erhebliche Herausforderung, sich zu orientieren in der Welt, die ihr viel Mut und Kraft abverlangt. Mit Karin erlebe ich zum ersten Mal hautnah, was es bedeutet demenzähnlich erkrankt zu sein. Für einen so lieben, vertrauten, nahen Menschen. Und für uns Freundinnen und die Familie.
In den Herausforderungen meines eigenen Lebens, kommt der Moment, in dem ich einfach etwas tun muss. Während sovieles nicht möglich ist. Jetzt schnappe ich mir meinen Füller, suche aus meinem Fundus an schönen Karten eine heraus. Und schreibe Karin einen kleinen Liebesbrief. Das Motiv der Postkarte ist wichtig, es soll sie warm berühren, sie innerlich lächeln lassen. Und meine Worte. Ich weiß, dass sie, die Regale voller Bücher hatte und ihr Leben lang las, die eine Liebhaberin und Genießende war von Gedichten, Romanen und mehr, ich weiß dass sie ihre Post nicht mehr selbst lesen kann. Aber hören kann sie meine Worte. Und so schreibe ich ihr Liebesworte voller Zuwendung. Eine kleine Freudenwonne voller Liebe.
Und ich beginne zu lächeln. Begreife, dieser Brief macht viele reich. Mich selbst in der Wärme, die in mir gegenwärtig ist, während ich ihn schreibe. Annika oder Mathias, die sie pflegen und ihn ihr vorlesen werden. Und Karin, die die Liebe spüren wird in meinen Worten.
Die große Gegenwart der alles innewohnende Liebe. Wir können sie entfachen. Ein Liebesbrief, eine Postkarte vermag das. Handgeschrieben.
In fünf Sätzen. In siebenundvierzig Worten.
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