Keine Entspannung in Sicht: Will Trump den Neocon-Falken Marco Rubio zum US-Außenminister ernennen?

Wie gestern Abend verlautete, könnte Donald Trump den aus Florida stammenden US-Senator Marco Rubio zu seinem Außenminister ernennen. Damit hätte der zum neokonservativen Flügel der Republikaner zählenden Politiker gute Chancen, der erste Latino zu sein, der zum Chef des State Department ernannt wird, sobald der gewählte republikanische Präsident im Januar sein Amt antritt. Zuerst hatte die New York Times über die Personalie berichtet.

Rubio zählt zu den schärfsten Falken unter den republikanischen Hardlinern. In den vergangenen Jahren hatte sich Rubio stets für eine kompromisslose Linie gegenüber China, Iran und Kuba eingesetzt.

Konsens mit Trump

Der aus exilkubanischem Milieu stammende Rubio hatte seine Auffassungen  in letzter Zeit teilweise etwas moderater formuliert, um auch anschlussfähiger an Trumps Linie zu werden. So lautete ja der Hauptkritikpunkt des designierten Präsidenten auf außenpolitischem Gebiet, dass die US-Präsidenten der letzten Zeit die USA in kostspielige und sinnlose, nicht zu gewinnende Kriege verwickelt haben. Im Wahlkampf hatte Trump den Eindruck erweckt, künftig eine weniger aggressive Außenpolitik verfolgen zu wollen.

Ob es tatsächlich bei der Entscheidung für Rubio bleibt, ist zum jetzigen Zeitpunkt – ganz zu Anfang des Machtwechsels im Weißen Haus – unsicher, zumal Trump dafür bekannt ist, seine Meinung auch kurzfristig zu ändern. Bei den Gerüchten über die Ernennung Rubios, die aus anonymen Quellen stammen, könnte es sich zudem um Versuche handeln, Trump auf eine bestimmte Richtung festzulegen oder aber die Reaktion der Öffentlichkeit auf mögliche Personalentscheidungen zu testen.

Weder aus dem Umfeld von Trump noch von Rubio waren bisher Bestätigungen oder Kommentare zu der Meldung zu bekommen.
Mit der Ernennung von Rubio könnte sich eine außenpolitische Richtungsänderung verstärken, die schon in den vergangenen Wochen unter der Biden/Harris-Administration erkennbar wurde: der Rückzug der USA aus dem Ukraine-Krieg und die Hinwendung zu anderen Krisenregionen.

Russland und Ukraine

Zuletzt hatte sich Rubio (53) in mehreren Interviews dafür ausgesprochen, dass die Ukraine eine Verhandlungslösung mit Russland anstreben sollte, anstatt sich darauf zu konzentrieren, alle Gebiete zurückzuerobern, die seit 2014 an Russland gekommen sind. So gehörte Rubio auch zu den 15 republikanischen Senatoren, die gegen ein Militärhilfepaket für die Ukraine in Höhe von 95 Milliarden US-Dollar gestimmt haben, das im letzten April verabschiedet wurde.

Somit gehört Rubio nicht zu den Republikanern, die eine isolationistische Politik für die USA befürworten, also für eine Abkehr von der bisherigen Politik internationaler Einmischung, der Militär-Interventionen und Kriegen rund um den Globus eintreten. Rubio dürfte für ein reduziertes "Engagement" der USA in Europa stehen, weil Washington sich nun verstärkt dem Nahen und Mittleren Osten sowie China zuwenden will. Wie Trump würde auch Rubio von den Europäern weitere Steigerungen ihrer Rüstungsausgaben sowie die Bewältigung der Folgen des Krieges in der Ukraine einfordern.

Gegenüber dem Sender NBC hatte Rubio noch im September erklärt:

"Ich bin nicht auf der Seite Russlands – aber leider sieht es so aus, dass der Krieg in der Ukraine nur durch eine Verhandlungslösung beendet werden kann."

Sollte es bei der Wahl Rubios bleiben, hätte diese Entscheidung sowohl innen- als auch außenpolitisch eine Signalwirkung.

Trumps Sieg über die demokratische Kandidatin Kamala ist auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass er viele Wähler aus der Latino-Community für sich gewinnen konnte, die in der Vergangenheit eher für die Demokraten gestimmt hatten, aber politisch zunehmend heterogen geworden sind. Eine Nominierung Rubios wäre ein Signal an die Konservativen unter dieser Bevölkerungsgruppe und ein Beleg für deren wachsenden Einfluss innerhalb der Republikaner.

Lateinamerika

Aus diesem Grund könnte die US-Außenpolitik unter Rubio einen stärkeren Schwerpunkt auf Lateinamerika legen. Entsprechend äußerte sich Mauricio Claver-Carone, der ein politischer Weggefährte Rubios ist und früher Präsident der Interamerikanischen Entwicklungsbank war. Claver-Carone hatte als Berater des Nationalen Sicherheitsrats für Lateinamerika in der ersten Trump-Regierung fungiert. Er betonte nun:

"Dies ist der Zeitpunkt, an dem Lateinamerika in der Geschichte der US-Präsidentschaft am meisten auf der Landkarte zu sehen sein wird. Das ist historisch. Man kann es nicht anders sagen", wie Reuters berichtet.

Rubios harte außenpolitische Linie könnte in Konflikt zum eher gemäßigten Kurs des künftigen Vizepräsidenten J. D. Vance stehen, der für seine isolationistischen Auffassungen bekannt ist. So hat sich der Senator aus Florida in der Vergangenheit als harter NATO-Anhänger präsentiert, als Trump bereits über einen möglichen Austritt aus dem Militärbündnis gesprochen hatte.

Als Hardliner gegenüber Kuba und Venezuela steht Rubio für eine Fortsetzung der Sanktionen gegen Havanna. Eine Normalisierung der Beziehungen zu Caracas lehnt Rubio ebenfalls ab – und weiß sich darin der Unterstützung Trumps sicher.

Naher Osten, Iran und China

Im Nahostkonflikt dürfte es auch unter Rubio bei der einseitigen US-Parteinahme und -unterstützung für Israel bleiben. Der Republikaner ist zudem für seine harte Haltung gegenüber dem Iran bekannt. Auf Social-Media-Kanälen kursiert ein Clip, in dem Rubio Israel für seine Zerstörungen und die Gewalt im Gazastreifen in Schutz nimmt und dafür einseitig der Hamas die Schuld zuweist.

Auch gegenüber China war die Haltung Rubios wenig kompromissbereit. Wegen seiner Unterstützung der Proteste in Hongkong 2020 wurde Rubio von Peking mit Sanktionen belegt. Schon 2019 hatte Rubio vom US-Finanzministerium eine Sicherheitsüberprüfung der chinesischen Social-Media-Plattform TikTok gefordert.

Im Geheimdienstausschuss verlangte Rubio von der Biden-Administration, ein US-Embargo gegen den chinesischen Elektronik-Konzern Huawei zu verhängen.

Aus dem Apparat des US-Außenministeriums war von manchen befürchtet worden, Trump könne Richard Grenell, den früheren US-Botschafter in Berlin, zum neuen Außenminister machen. Der wenig diplomatisch auftretende frühere Gesandte gilt dem Ministerium gegenüber als besonders feindlich eingestellt.

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