Von Dagmar Henn
Mal abwarten, wie lange es noch dauert, bis sie "vorsorglich" Bezugsscheine verteilen, für Nahrungsmittel und Kleidung. Das wäre jedenfalls der logische nächste Schritt, nachdem gerade das Thema "Bunker" durch alle Kanäle gejagt wird.
Wie das so üblich ist, darf man nicht allzu viel Logik an diese Pläne anlegen. Das ist schließlich bei den Planungen der Bundesregierung, Kriegsmaterial mit der Deutschen Bahn zu befördern, auch nicht anders. Wenn man damit nicht wieder die Falschen unterstützen würde, wäre man versucht, ihnen ein altes Strategiespiel wie "Die Siedler von Catan" zu schenken, um wenigstens grundlegende Zusammenhänge wieder in den Blick zu rücken.
Auch wenn das Bundesamt für Bevölkerungsschutz das nicht sagen wird, es gab einen Grund dafür, warum schon zu Hochzeiten des Kalten Kriegs die Menge der vorhandenen Plätze in Bunkern äußerst begrenzt war. Wohlgemerkt, wir sprechen hier von Zeiten, als selbst U-Bahnlinien noch mit Luftschutzbunkern geplant wurden, wie in München die U-Bahn-Station Innsbrucker Ring, die 1980 eröffnet wurde. Bunker, die im Falle eines Atomkriegs etwas nützen, sind nämlich extrem teuer – es braucht eine Belüftung, die für längere Zeit von der Außenwelt abgekoppelt werden kann, einen eigenen Wasserkreislauf, eine eigene Stromversorgung. Was selbst, wenn alle Bedingungen für ein längeres Überleben gesichert sind, die entscheidende Frage nicht beantwortet: Ob man denn im Falle dieses Falles wirklich zu den Überlebenden gehören will.
Nach der Finanzmarktkrise kursierte so eine Losung: Dosen, Gold und Munition. Das bezog sich aber nicht auf einen Krieg gegen einen äußeren Feind, sondern auf einen Zusammenbruch der Gesellschaft. Ein Szenario, das nicht so ganz exotisch ist; man muss nur einmal durchdenken, welche Folgen ein Krieg gegen den Iran hätte: Binnen kurzer Zeit bricht die Benzinversorgung zusammen, und damit auch alle Logistikketten. Ein Auseinanderbrechen der Eurozone hätte übrigens ähnliche Folgen.
Nur – in diesen Situationen sind, ebenso wie bei Naturkatastrophen aller Art, Bunker nicht gerade das Mittel erster Wahl. Öffentliche Notvorräte an Lebensmitteln wären da zielführender. Die wurden nach dem Ende des Kalten Kriegs ebenso abgeschafft wie die Bunker. Dabei reden wir hier von Aufgabe Nummer eins eines jeden Staates: die Ernährung der Bevölkerung zu sichern.
Zugegeben, das ist inzwischen etwas schwieriger, da müsste man für die Großstädte vermutlich Dosentofu und Mandelmilchpulver mit einplanen, aber in diese Richtung wird gar nicht gedacht. Nein, jetzt soll erst einmal überprüft werden, welche öffentlichen Bauten als Bunker geeignet wären; auch wenn sich das sehr schnell beantworten lässt: allerhöchstens solche, die vor 1990 errichtet wurden. Wobei der Wahn, sämtliche repräsentativen Bauten der DDR zu entsorgen, auch hier ein schmales Angebot weiter verringert haben dürfte.
Die Berliner schauen ohnehin mit dem Ofenrohr ins Gebirge, denn mehr, als es bräuchte, um Regierung, Ministerien, Abgeordnete und Tross irgendwie unterzubringen, wird ohnehin bei der Überprüfung nicht gefunden werden; da dürften sich die Normalbürger im Falle des Falles darauf einstellen, diesen Edeldeutschen ihre Plätze erst gewaltsam abknöpfen zu müssen. (Nur als kleine Randnotiz an die Edeldeutschen: Physikbuch suchen und dann mal nachrechnen, bis zum wievielten Tiefgeschoss ein Gewicht von hundert Kilo Haselnüssen vordränge, wenn es auf Mach 10 beschleunigt ist).
Jedenfalls, wenn das ganz heiße Zeug fliegt, kann man sich das mit den Bunkern schenken, da hilft ohnehin bestenfalls ein Logenplatz auf der Südhalbkugel. Und sonst? Ja, wenn man einen konventionellen Krieg gegen die USA führen wollte, wäre das sinnvoll, die bombardieren wahnsinnig gern Wohnviertel. Ein konventioneller Krieg auf deutschem Boden? Gegen wen? Polen? Frankreich? Ach, ich vergaß, nach der NATO-Planung soll ja dann die russische Armee auf deutschem Boden stehen. Nur – da wären dann die NATO-Truppen, die deutschen eingeschlossen, längst abgeräumt, und wo kein Feind ist, da wird nicht geschossen, also braucht es auch keine Bunker …
Wahrscheinlich habe ich da irgendwas nicht verstanden. Ganz kurz dachte ich an ein Förderprogramm für die deutsche Bauwirtschaft, nachdem der Wohnungsbau derart abgestürzt ist. Es gibt schließlich auch die Aufforderung, "in den Eigenheimen ebenfalls Schutzräume einzurichten." Wäre das ernst gemeint, erinnerte es ein wenig an Hurrikan Katrina; als der 2005 über New Orleans hereinbrach, ließ die Gouverneurin auch nur in den Medien verkünden, die Leute sollten in die Autos steigen und die Stadt verlassen; alle, die kein Auto hatten, kamen schlicht nicht vor. Mehr als die Hälfte der Deutschen sind Mieter.
Aber diese Aufforderung kann schon allein deshalb nicht ernst gemeint sein, weil sie sonst von Gedanken begleitet sein müsste, wie das die besagten Eigenheimbesitzer nun finanzieren sollen (die, nebenbei, schließlich nicht einmal alle in einem eigenen Häuschen wohnen, sondern oft in einer Wohnung), nachdem man sie schon mit dem Habeckschen Heizgesetz beglückt hat. Doch das kann das Bundesamt für Zivilschutz dann bestimmt erklären, ob nun der Bunker wichtiger ist oder die Wärmepumpe …
Es könnte natürlich auch ein Trick sein, um die Großstadtmieten noch weiter in die Höhe zu treiben. Da heißt es dann demnächst vielleicht in der Anzeige "mit Tiefgaragenstellplatz und Bunkersitz". Oder doch nicht? Beton soll, geht das Gerücht, irgendwie deutlich teurer geworden sein, seit Berlin das russische Erdgas … und das ist nun einmal das Hauptmaterial für jede Art Bunker.
Nein, so wird auch kein Schuh draus. Besonders süß ist die "Bunker-App". Die soll "im Ernstfall" auf dem Handy den nächstgelegenen Bunker anzeigen. Also das ist das Bundesamt für Zivilschutz. Die haben noch nicht einmal "The Day After" gesehen. Und auch nicht überflogen, wie man sich den Ablauf eines Atomkriegs so vorstellt.
Davon reden wir schließlich, oder? Das ist immerhin das, mit dem die scheidende US-Regierung gerade rumtändelt, und was womöglich aus Deutschland auch noch provoziert werden wird, falls unsere liebsten Kriegstreiber, die Grünen, und die zweitliebsten, die FDP, tatsächlich per Bundestagsvotum eine Lieferung der Taurus-Raketen durchsetzen.
Der erste Schritt eines nuklearen Angriffs ist die Zündung einer Atombombe in großer Höhe. Wir reden hier von bis zu 100 Kilometern über dem Boden. Dadurch erfolgt ein starker elektromagnetischer Impuls, der nicht nur elektronische, sondern auch elektrische Leitungen "brät". Das übersetzt sich dann in kein Strom, kein Funkmast, kein Handy. Soviel zur Bunker-App.
Aber sie ist natürlich ein nettes Spielzeug, um den Deutschen einzureden, sie seien irgendwie in Gefahr. Durch die bösen Russen, versteht sich. Vielleicht gibt es dann auch noch ein nettes kleines Videospiel, in dem man sich den Weg in besagten Bunker durch Menschenmassen freikämpfen muss. Das können die Jugendlichen dann auf dem Schulweg spielen, oder unter der Bank, und werden so ganz unauffällig auf NATO-Kurs gebracht.
Langsam muss man sich bei jedem Streifzug durch die deutschen Pressemeldungen ständig laut vorsagen "Deutschland ist nicht im Krieg, Deutschland ist nicht im Krieg." Denn wenn man das so liest, den Nachrichten zuhört … es sollte eine feste, mathematisch überprüfbare Skala geben. Man könnte es ja an der deutschen Geschichte eichen. Ein Goebbels, zwei Goebbels. Zehn Goebbels wären dann bei "wollt ihr den totalen Krieg" erreicht. Nur die Umrechnung ist etwas schwierig.
Die Bunker-Nummer jedenfalls könnte wenigstens einen halben Goebbels schaffen. Ein weiterer Versuch, die Bevölkerung in unsinnige Panik zu versetzen, um dann ungestört weiter den US-Kriegsplänen folgen zu können. Dabei ist eine Sache absolut unbestreitbar: billiger und wirkungsvoller als jeder Bunker wäre die Ersetzung einer NATO-hörigen Regierung durch Menschen, die noch Vernunft besitzen und wissen, dass ein Atomkrieg nicht erstrebenswert ist, und zwar mit Bunker wie ohne Bunker.
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