BSW-EU-Abgeordneter Friedrich Pürner fordert Abbruch der Sondierungen in Thüringen
Ziehen der Reißleine nach desaströsem Sondierungspapier von BSW, CDU und SPD
Jürgen Meyer 27.10. 2024
Bereits in einem Interview von Katja Wolf mit Zeit Online wurde deutlich, dass das BSW in den Sondierungen keinerlei seiner Bedingungen, schon gar nicht ihre klaren Friedens-, bildungs- und sozial- und steuerpolitischen Forderungen und ihre Forderungen nach Vergesellschaftung und Umverteilung sowie nach restriktiven Migrationspolitik und Rücknahme sämtlicher Deregulierungs-, Privatisierungs- und Sozialkahlschlagsreformen, die mit der Agenda 2010 und den Hartz-Gesetzen auf den Weg gebracht wurden, im Sondierungspapier in Thüringen durchsetzen konnte, ebenso die Forderungen nach direkter Demokratie - einschließlich fakultativer Referenden - und eine Aufarbeitung der Coronazeit sowie Konsequenzen für die verantwortlichen Politiker, weshalb sie zwischendurch die Gespräche abbrach und mit endgültigem Abbruch der Gespräche drohte, sollten die CDU und die SPD auf die Bedingungen des BSW nicht eingehen und kein seriöses Angebot vorlegen.
Sahra Wagenknecht intervenierte ebenfalls als Gründerin und als Chefin des BSW und zwar völlig zurecht - auch weil das gesamte politische Profil des BSW in diesem Sondierungspapier nicht mal ansatzweise erkennbar wurde.
Das Bekenntnis zum dreigliedrigen Schulsystem, der Verzicht auf die Forderung russische Energieressourcen wieder nutzbar zu machen, Israelkritik als Antisemitismus einzustufen und gleichzeitig die Islamfeindlichkeit und Kriegsverbrechen Israels in Gaza namentlich nicht zu erwähnen, das Bekenntnis zur "Aufarbeitung der SED-Diktatur" ohne die Maßnahmen der Corona-Zeit und die zunehmende Meinungs- und Pressezensur - zum Beispiel die Bekämpfung der jungen Welt und das temporäre Compact-Verbot durch Missbrauch des Vereinsrechts - in der BRD anzuprangern und ohne einen Untersuchungsausschuss und ein Tribunal gegen die Corona-Polittäter zu fordern, sind nur einige unsägliche Passagen in dem Sondierungspapier, die mit der antikapitalistischen, antiimperialistischen und basisdemokratischen Programmatik des BSW absolut unvereinbar sind.
Innerhalb des BSW gibt es Kritik an den Gesprächen mit CDU und SPD zur Regierungsbildung in Thüringen. Es sei Zeit zum "Ziehen der Reißleine" findet etwa der EU-Abgeordnete Friedrich Pürner. Die Positionen des BSW seien in dem Sondierungspapier nicht wiederzuerkennen.
Der BSW-EU-Abgeordnete Friedrich Pürner hat den Abbruch der Verhandlungen seiner Partei mit CDU und SPD über eine Regierungsbildung in Thüringen gefordert. Der Berliner Zeitung sagte Pürner:
"Nach den Ergebnissen im Sondierungspapier ist klar, dass es mit den Sondierungspartnern CDU und SPD nur ein 'Weiter-so' geben wird. Wir als neue politische Kraft haben es leider nicht geschafft, unsere Akzente in diesem Papier zu setzen."
Das ist leider ein korrekter Befund und auch Sahra Wagenknecht sieht das so. Spätestens die russophobe Kriegsrede von CDU-Chef Friedrich Merz im Deutschen Bundestag, hat jede Perspektive auf die Bildung einer Brombeer-Koalition und nicht das Beharren von Wagenknecht auf klaren friedenspolitischen Prinzipien, eigentlich zerstört.
Konkret kritisierte der Abgeordnete, dass sich die Positionen des BSW zu den Themen Frieden, direkter Demokratie, Bildung, Familie und Soziales und Corona-Aufarbeitung nicht in dem vor einer Woche vorgestellten Sondierungspapier der drei Parteien wiederfänden, in dem politische Leitlinien einer möglichen Landesregierung vorgestellt wurden.
Friedrich Pürner sagte dazu:
"Die Themen Frieden und Aufarbeitung der Corona-Zeit, die sich das BSW auf die Fahne geschrieben hat, und worauf auch viele Wähler vertraut haben, sind in dem Papier nicht enthalten beziehungsweise nicht wiederzuerkennen. Das für uns wichtige Thema Frieden glänzt nur mit Abwesenheit."
Besonders beanstandete er, der als Amtsarzt in Bayern die staatlichen Corona-Maßnahmen scharf kritisiert und das Pandemienarrativ von Anfang an unter Berufung auf Studien und Statistiken und Untersuchung der Tauglichkeit der Tests widerlegte und deswegen seinen Posten beim Gesundheitsamt in Bad Abbach verlor, die Passagen des Papiers zu diesem Thema:
"Im Sondierungspapier konnten sich BSW, CDU und SPD nicht auf ein direktes Benennen der Fehler in der Corona-Zeit einigen."
So sei genau das herausgekommen, was eine Aufarbeitung blockiere:
"Es war schlimm; die Pandemie hat geschadet; wir wussten es nicht besser; wir müssen daraus lernen."
Allerdings habe man sehr wohl bereits vieles während der Pandemie, die es wohlgemerkt nie gab, sondern die nur herbeigetestet wurde und durch eine Änderung der Definition durch die WHO zustande kam, gewusst. Dies belegten auch die sogenannten RKI-Protokolle. Dem Mediziner ging es insbesondere um diese Formulierung im Sondierungspapier:
"Die Pandemie hat tiefe gesellschaftliche Spaltungen offenbart und viele Menschen durch Einsamkeit und Isolation zutiefst getroffen."
Dies sei nicht zutreffend, nicht die Pandemie habe Spaltungen offenbart, vielmehr seien es die "politischen und völlig evidenz- und rechtlosen Maßnahmen" gewesen, "die zu einer tiefen Spaltung" geführt hätten. Eine Aufarbeitung könne so nicht erfolgen:
"Die wohlfeilen Worte des Thüringer-Papiers, die eine gewisse Distanz zwischen den Verantwortlichen und dem Leid vieler Menschen schaffen sollen, machen eine ehrliche Aufarbeitung unmöglich."
Der EU-Abgeordnete erklärte, es sei gut gewesen, sich den schwierigen Verhandlungen zu stellen. Nun sei in Thüringen aber "der Zeitpunkt zum Ziehen der Reißleine" erreicht:
"Brechen CDU und SPD die Gespräche ab, was aktuell nicht auszuschließen ist, hat sich das BSW Thüringen verzockt und geht als gescholtenes Kind sowie politisch geschwächt und nicht erhobenen Hauptes aus diesen Verhandlungen raus."
Ich meine allerdings, dass das BSW gesichtswahrend aus den Verhandlungen herauskommt, wenn es seinerseits den Abbruch der Verhandlungen am Montag von sich aus verkündet.
Friedrich Pürner kritisierte indirekt auch die Thüringer BSW-Landes- und Fraktionschefin Katja Wolf, die als Politikerin der Linken in der Corona-Zeit Oberbürgermeisterin von Eisenach war und sich nun im Gegensatz zur Bundesspitze der Partei gegenüber SPD und CDU sehr weich gibt. Ohne ihren Namen zu nennen, sagt er:
"Gerade, wenn man zu einer Partei, die die Corona-Zeit ehrlich aufarbeiten möchte, wechselt, und selbst in einer verantwortungsvollen Position zum Beispiel als Oberbürgermeisterin war, muss man sich ehrlich machen. Insbesondere, wenn man gegenüber Maßnahmenkritikern und Ungeimpften nicht zimperlich war, wird der Fokus und das Scheinwerferlicht auf dieser Person liegen." Damit kritisiert er, dass Katja Wolf gegen die politmediale Hetze gegen Maßnahmen- und mRNA-/Spikeprotein-,,Impf"gegner als Oberbürgermeisterin nicht öffentlich Stellung bezog und anstatt zu rebellieren die Maßnahmen, die vom Bund und der rot-rot-grünen Landesregierung kamen, umsetzte.
In Sachsen und Thüringen haben sogar CDU-Landräte sich gegen 2 G und die Impfpflicht für Mediziner und Pflegekräfte ausgesprochen und erfolgreich eingesetzt. Warum eine Katja Wolf nicht, die nun einer Partei angehört und ihr in Thüringen als Landes- und Fraktionsvorsitzende vorsteht, deren Gründerin, Chefin und programmatischer Vordenkerin Sahra Wagenknecht die Corona-Aufarbeitung wichtig, ja sogar eine Bedingung für mögliche Koalitionen und Tolerierungen ist.
Es dürfe, so Friedrich Pürner, auch nicht der Eindruck entstehen, dass durch "schwammige Wortwahl und unpräzise Aussagen" in einem Sondierungspapier die Corona-Aufarbeitung verhindert werde. Er warnte in diesem Zusammenhang auch vor einer "Goldgräberstimmung in der Politik":
"Es darf auch nicht der Eindruck entstehen, dass Politiker der Linken, die das sinkende Schiff verlassen haben oder dies wollen, in das BSW wechseln, hohe Posten fordern und bekleiden."
Die Glaubwürdigkeit des BSW sei ihm ein persönliches Anliegen:
"Auch wenn ich ein Außenseiter in dieser Partei bin, werde ich nicht zusehen, wie entweder ungeeignete oder machtgierige Personen die Hoffnungen und den Vertrauensvorschuss des Wählers auffressen."
Bereits am Freitag hatte die Berliner Zeitung berichtet, dass das Thüringer BSW alle eigenen Positionen in den Sondierungsgesprächen aufgegeben habe, was natürlich nicht stimmt, aber es konnte sich nirgendwo durchsetzen. Das Thema Friedenspolitik könne mit einem einzigen belanglosen Satz in der Präambel des Koalitionsvertrages abgehandelt werden.
Die Berliner Zeitung hatte aber vergessen zu erwähnen, dass Sahra Wagenknecht daraufhin das Papier ablehnte und Nachbesserungen beispielsweise in der Präambel forderte, die CDU und SPD abgelehnt haben.
Die Forderung nach der Wiederaufnahme des Gasimportes aus Russland sei fallen gelassen worden, auch in allen sonstigen wichtigen Fragen – einschließlich der vom BSW geforderten restriktiven Asyl- und Migrationspolitik nach dänischem Vorbild– sei man nicht durchgekommen, obwohl die CDU, insbesondere auf Bundesebene, immer wieder einen Kurswechsel fordert. Offensichtlich hat man den Merkelismus doch noch nicht überwunden.
Weil die Parteispitze des BSW um die Gründerin Sahra Wagenknecht mit diesem Kurs des Sondierungspapiers nicht einverstanden sei, könnten die Gespräche um eine Regierungsbildung in Erfurt vor dem Aus stehen.
Wenn das BSW keine grundlegend andere Politik als die Systemkartellparteien einfordert, macht es sich unglaubwürdig und das darf einfach nicht geschehen. Deshalb werden diese Gespräche jetzt endgültig scheitern. Auch einen gestandenen Linken wie Tilo Kummer - nun Parlamentarischer Geschäftsführer des BSW Thüringen - hätte man mehr Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den Altparteien zugetraut.
Gerade im Hinblick auf die Bundestagswahlen ist die Absage an CDU und SPD eigentlich alternativlos. Die Menschen im Osten würden das BSW genauso abstrafen, wie sie es mit der Linken und der Regierung Ramelow machten. Es muss eine klare Unterscheidung und ein Wiedererkennungswert in einer möglichen Koalition geben, an dem sich das BSW beteiligen soll. Und genau das ist in der Form des Sondierungspapiers leider nicht der Fall.
Deshalb sollte sich das BSW nach Sachsen nun auch in Thüringen auf die Rolle der konsequenten Fundamentalopposition einstellen und konzentrieren.
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