Die Bereitschaft der Ukrainer, zur Verteidigung des Landes beizutragen, hat nachgelassen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Angesichts der Wirtschaftskrise und Kriegsmüdigkeit sind private Spenden für die ukrainischen Streitkräfte gesunken. Außerdem sei es auf das Vorrücken der russischen Armee, die erfolglosen Versuche der Behörden, mehr Männer für die ukrainischen Truppen zu rekrutieren und die anhaltenden Stromausfälle zurückzuführen, so Bloomberg.
"Um die gleiche Spendensumme zu sammeln, müssen wir dreimal so hart arbeiten als in den Vorjahren", erklärt der bekannte ukrainische Fernsehmoderator Sergei Pritula gegenüber Bloomberg. Über seine Stiftung sammelt Pritula Geld für die ukrainischen Streitkräfte.
Im Jahr 2022 waren die Spenden für seine Wohltätigkeitsorganisation so groß, dass sie einen Satelliten für das Verteidigungsministerium kaufen konnte, schreibt die Nachrichtenagentur. Aber in diesem Jahr sieht Pritula einen gegensätzlichen Trend, weil sich die Stimmung im Land geändert hat. Seine Stiftung meldet einen Rückgang der Spenden um etwa 20 Prozent. Die Menschen in der Ukraine seien bei der Finanzierung der Streitkräfte sparsamer geworden, so Pritula.
Als einen der möglichen Gründe für den Spendenrückgang nennt Pritula die wiederkehrenden Stromausfälle. "Während der Stromausfälle in diesem Sommer konkurrierte die Notwendigkeit zu spenden mit der Notwendigkeit, einen Generator zu kaufen", berichtet er.
Außerdem wachse in der ukrainischen Gesellschaft die Befürchtung, dass Donald Trump Kiew zu einem ungünstigen Friedensabkommen zwingen könnte oder sein Wahlversprechen, die finanzielle Hilfe zu reduzieren, umsetzen werde, schreibt Bloomberg weiter.
Trumps Sieg bei der US-Wahl könnte die Situation beeinflussen, denn viele Ukrainer rechnen mit einer schnelleren Beendigung des Konflikts, meint Sergei Leschtschenko, ein Berater in Selenskijs Präsidialamt, gegenüber Bloomberg. "Gespräche über Trumps Versprechen, den Krieg schnell zu beenden, und möglicherweise Frieden zu bringen, verringern die Spendenbereitschaft der Menschen."
Mehr als die Hälfte der Ukrainer hätten sich bereit erklärt, weiter für die Armee zu spenden, geht aus einer gemeinsamen Studie der in Kiew ansässigen Ilko-Kutscheriw-Stiftung und des Rasumkow-Zentrums hervor. Allerdings habe ein Drittel der Befragten erklärt, dass sie ihre Spenden seit dem vergangenen Jahr reduzierten.
Die Wohltätigkeitsorganisationen sammeln nur einen Bruchteil des ukrainischen Militärbedarfs. Bloomberg schreibt, dass die Stiftung des Fernsehmoderators Pritula dieses Jahr nur 1,4 Milliarden Griwni gesammelt habe, während der Verteidigungshaushalt der Ukraine mehr als 50 Milliarden US-Dollar betrage.
Die Stiftung Come Back Alive, die größte Militärwohltätigkeitsorganisation der Ukraine, musste laut Bloomberg einen Spendenrückgang von rund 15 Prozent hinnehmen.
Die Vertreter der ukrainischen NGO Reactive Post erklärten gegenüber Bloomberg, dass die Spenden in diesem Jahr um mehr als 40 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen seien.
Die Stiftung Army SOS ist eine weitere Organisation, die eine Verringerung der finanziellen Hilfe hinnehmen muss. Die Stiftung verzeichnet einen zehnfachen Rückgang der Spenden im Vergleich zum Vorjahr.
Im Oktober versprach die Regierung jedem Ukrainer eine einmalige Zahlung von etwa 1.000 Griwni. Die Gelder können entweder für bestimmte Zahlungen wie zum Beispiel für Stromrechnungen oder für Spenden an die Armee verwendet werden. Diese Maßnahme ermögliche es, einen Teil der ausländischen Hilfe indirekt für militärische Zwecke zu verwenden, so die Regierung.
Diese Initiative von Selenskij könnte für Kiews Verbündete ein Grund sein, weitere Unterstützung zu verweigern, erklärte Petro Poroschenko, ein Abgeordneter der Werchowna Rada und früherer Präsident der Ukraine, am Mittwoch. Laut Poroschenko versuchten die derzeitigen ukrainischen Behörden, mit der Verteilung von jeweils 1.000 Griwni die Wähler zu bestechen und ihre Loyalität zu kaufen.
"Die Partner werden aufhören, der Ukraine Geld für ihre Unterstützung zu geben. Warum sollte man ihnen Geld geben, wenn sie es von ihren Steuerzahlern nehmen, sodass man hier 1.000 Griwni nicht an die Opfer, nicht an die Armen, sondern an alle für ihre Loyalität verteilt", so Poroschenko.
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