Astrophysiker Harald Lesch erklärt in einem Beitrag zum Thema flache Erde in seiner ZDF-Reihe Terra X Lesch & Co., steigt man höher, sieht man auf einer Kugel weiter. Unter den Anhängern der „Flache-Erde-Bewegung löste er damit einen Sturm der Entrüstung aus. Sie halten dagegen und behaupten, das sei schlichtweg falsch. „ Flo Plus“, ebenfalls Astrophysiker, vom gleichnamigen YouTube-Kanal macht die Probe aufs Exempel. Von Frank Schwede
Wie weit wir in die Ferne blicken können, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Zum einen vom Wetter und den Lichtverhältnissen, zum anderen von der Erdkrümmung – aber die wohl entschiedenste Rolle spielt die Höhe.
Das heißt, der Horizont ist umso weiter entfernt, je höher der Blickpunkt des Betrachters liegt. Der Grund ist die Krümmung der Erdoberfläche. Je weiter wir nach oben steigen, desto weiter können wir sehen.
Das kann man bildlich ganz gut darstellen, indem man einen Kreis auf ein Blatt Papier zeichnet und sich vorstellt, dass dieser Kreis die Erdoberfläche ist. Dann fügt man senkrecht zum Kreis einen Strich hinzu. Das ist der Betrachter.
Vom oberen Ende des Strichs zeichnen wir eine Linie, die den Kreis gerade berührt. Der Berührungspunkt stellt in unserem Fall den Horizont dar. Dann sollte jedem klar werden: Je länger der Strich ist, desto länger wird die Verbindungslinie zum Kreis.
Auch der bekannte Astrophysiker und Fernsehmoderator Harald hat sich vor einiger Jahren in einem Beitrag in seiner ZDF- Reihe Terra X Lesch & Co. mit diesem Thema beschäftigt. Titel der Sendung: Die Erde ist flach! Wirklich?.
Bereits kurz nach Ausstrahlung der Sendung zeigten sich Anhänger der „Flache-Erde Bewegung“ empört und behaupteten, dass die Argumente von Lesch schlichtweg falsch und nicht nachprüfbar seien. (Vendée Globe: Trotz Antarktis-Eiswand und Flacher Erde – die Hotspots auf der Route um die Welt!)
Am Ende seines Beitrags nannte Lesch schließlich das einleuchtende Argument gegen eine flache Erde, auf das Flacherdler nur selten eingehen. Der Astrophysiker erklärte das Kugelmodell der Erde so: je höher man steigt, desto weiter kann man auf einer Kugel sehen, während auf einer Fläche die Beobachtungshöhe keinen Unterschied macht.
In einem aktuellen Video greift Astrophysiker „Flo Plus“ vom gleichnamigen YouTube-Kanal den rund acht Jahre alten Fernsehbeitrag von Harald Lesch noch einmal auf und zerlegt einige Gegenargumente von Anhängern der Flache-Erde-Bewegung.
Auch das häufig genannte Argument der Lichtbrechung:
„Beste Voraussetzungen für so ein Beobachtungsexperiment bietet natürlich das Meer oder eine Salzwüste. Manche Flacherdler aber führen die dabei gemachten Beobachtungen auf Lichtbrechung zurück. In der Tat kann man oft eine untere Luftspiegelung erkennen.
Dieses Phänomen beobachtet man häufig bei Zoomaufnahmen über Wasseroberflächen. Der Grund ist, dass bei bestimmten Wetterlagen eine dünne Warmluftschicht direkt über dem Wasser entsteht.“
Alles nur eine Frage der Perspektive?
Aufgrund der höheren Temperatur weist diese Schicht eine geringere Dichte auf als die darüber liegende kühlere Luft. Wie wir im Physikunterricht gelernt haben, wird Licht beim Übergang zwischen Medien mit unterschiedlicher optischer Dichte gebrochen.
Bei den flachen Winkeln in großen Entfernungen kommt es an der wärmeren Luftschicht zu Ablenkungen, die wie eine Spiegelung aussehen. Jeder kennt diesen Effekt von den scheinbar nassen Straßen im Sommer. Auch in diesem Fall wird das Licht an einer dünnen Luftschicht über der erwärmten Straße gebrochen.
Der gespiegelte Himmel erweckt den Eindruck, es würde sich um Wasser handeln. Die Turbulenzen in der Luft und dass damit einhergehende Wabern verstärkt den Effekt, dass Objekte wie beobachtet teilweise hinter dem Horizont verschwinden. Das kann durch die Lichtbrechung aber nicht erklärt werden, sagt „Flo Plus“:
„Im direkten Vergleich auf Aufnahmen aus unterschiedlichen Höhen erkennt man, dass der hinter dem Horizont liegende Anteil deutlich über dem Bereich hinausgeht, der von der Luftspiegelung betroffen ist.
Außerdem gibt es auch Aufnahmen, die unter besseren Wetterbedingungen entstanden sind. Luftspiegelungen können also nicht erklären, warum Objekte hinter dem Horizont verschwinden und wieder sichtbar werden mit zunehmender Höhe.
Auch wenn man eine starke atmosphärische Refraktion berücksichtigt, beobachtet man auf einer flachen Erde nicht, dass man mit zunehmender Höhe weiter sehen kann.“
Das Phänomen lässt sich auch beim unter Flacherdlern berühmten Salzsee von Bolivien sehr gut beobachten. „Flo Plus“ zeigt in seinem Video eine Drohnenaufnahme.
Inmitten des Salzsees ist deutlich zu erkennen, wie die Berge im Hintergrund immer deutlicher sichtbar werden, während die Drohne zunehmend an Höhe gewinnt. „Flo Plus“:
„Es gibt auf der Aufnahme keinerlei Hinweise auf Luftspiegelungen. Für die Aufnahme wurde ein Weitwinkelobjektiv verwendet. Um die horizontale Krümmung geht es hier aber nicht, die ist in der niedrigen Höhe nicht zu erkennen, bei einer so großen Kugel wie die Erde.
Man erkennt aber, dass man mit zunehmender Höhe weiter sehen kann. Auf einer flachen Erde ergibt die Beobachtung überhaupt keinen Sinn, schließlich gibt es über der Salzwüste keine Hindernisse, die die Sicht behindern könnten.“
Immer dieselben Phrasen
An einer begrenzten Sichtweite kann es auch nicht liegen, stellt der Astrophysiker fest. Der Abstand zu den weiter unten befindlichen Teilen nimmt ja mit steigender Höhe sogar zu, erklärt „Flo Plus“:
„Soweit mir bekannt ist, sind bis jetzt nur zwei deutschsprachige Flacherdler wirklich auf das Argument eingegangen.“
Nicht nur im englischsprachigen, sondern auch im deutschsprachigen Raum gibt es eine ganze Reihe Flacherdler, die sich im Laufe der Jahre einen Namen gemacht haben.
Eine davon ist „Cae sar“, der einmal die Instanz in Sachen flache Erde im deutschsprachigen Raum war. Er hatte das Thema als einer der ersten YouTuber hierzulande propagiert, sagt „Flo Plus“:
„Bis heute ist er dabei geblieben und bedient sich dabei in seinen Videos vornehmlich der abgenutzten Behauptungen von US Flacherdlern, deren Inhalte er mit einem solchen Elan vorträgt, dass man seine Begeisterung für das Thema förmlich greifen kann.“
Und wie erklärt sich „Cae sar“, dass die Sichtweite mit der Höhe zunimmt? Natürlich durch des Flacherdlers Lieblingsausrede, die Flacherdperspektive. Er behauptet, das sei ein rein optischer Effekt. „Flo Plus“:
„Nein, die Sichtweite hängt nicht von der Höhe ab auf einer Fläche. Der Fluchtpunkt der Konstruierenden Perspektive liegt nicht im Unendlichen, sondern zufällig gerade soweit vom Beobachter entfernt, wie die Sichtweite auf einer Kugel mit dem Erdradius.
Wieso kommt „Cea sar“ auf einen Abstand von drei Meilen für den Fluchtpunkt? Schauen wir uns dazu an, wie man den Abstand zum Horizont auf einer Kugel berechnet.“
Die Sichtweite ist die Distanz zwischen dem Beobachter und dem Berührungspunkt der Tangente an die Kugel. Wir erhalten ein rechtwinkliges Dreieck und können den Satz des Pythagoras anwenden, um eine Formel für die Sichtweite S in Abhängigkeit von der Höhe über der Kugeloberfläche herzuleiten. „Flo Plus“:
„Dazu wenden wir die erste binomische Formel an, subtrahieren A Quadrat von beiden Seiten und ziehen die Wurzel. Mit dem Erdradius und einer Augenhöhe von 1, 80 Meter, kommt man auf rund fünf Kilometer. Was umgerechnet etwa drei Meilen sind.“
Je höher, desto weiter
Das Beispiel lässt sich beliebig fortsetzen. Befinden wir uns beispielsweise auf einem zwanzig Kilometer hohen Hügel, können wir schon siebzehn Meter weit blicken. Auf einem rund hundert Meter hohen Aussichtsturm läge der Horizont bereits rund vierzig Kilometer von uns entfernt.
Und von einem Flugzeug in zehn Kilometern Höhe ist der Horizont sogar rund vierhundert Kilometer entfernt. Nach oben gibt es also keine Grenze. Cea sar aber behauptet weiter, dass sich der Horizont auf Augenhöhe befindet. „Flo Plus“:
„Nehmen wir einfach mal an, Cea sar´s Behauptungen wären wahr. Was würde man dann erwarten für einen höheren Standpunkt? Der Fluchtpunkt wäre entsprechend weiter entfernt, aber immer noch auf Augenhöhe. Man würde mit zunehmender Höhe also noch weniger sehen.“
Das Fazit lautet also: Man sieht in zunehmender Höhe mehr und nicht weniger; außerdem bleibt der Horizont nicht auf Augenhöhe, sondern er senkt sich sogar ab mit zunehmender Höhe.
So, wie man es auf einer Kugel erwartet. Cea sar´s Behauptungen sind also nachweislich falsch und sein Erklärungsversuch widersprüchlich, schlussfolgert „Flo Plus“.
Interessant wäre noch die Frage zu klären, was laut Flacherdlern passieren würde, wenn sich das beobachtete Objekt näher am Beobachter vor ihrem Pseudofluchtpunkt befindet. Taucht es dann vielleicht in den Boden ein, oder ist es doch an den Boden gekoppelt? „Flo Plus“:
„Beide Darstellungen findet man in diversen Flacherdvideos. Bemerkenswert ist auch die Darstellung, wo ein sich entfernendes Schiff kleiner wird, die Sonne aber seltsamerweise gleichgroß bleibt.
Wie das mit der Perspektive in Wirklichkeit funktioniert, wird in einem sehr guten Video von Quotenschwazze erklärt. Ein von Quotenschwazze verwendetes 3D-Programm nutzt eine Implementierung der echten Perspektive.
So wie es Künstler und Konstrukteure seit Jahrhunderten anwenden. Konsequenterweise behauptet Cea sar, dass 3D-Programme eine falsche Perspektive verwenden.“
Selbstverständlich kann man auf einer großen Fläche ein Objekt so platzieren, dass es scheinbar auf dem Horizont liegt. Man blickt aber nicht weiter, sondern einfach in einem steileren Winkel auf die Fläche, klärt „Flo Plus“ auf und erläutert, wie sich das anschaulich darstellen lässt:
„Das kann man gut mit einem Animationsprogramm darstellen, wenn man das Objekt weiter nach hinten verschiebt. Man erkennt unabhängig von der Höhe und Entfernung immer gleich viel von dem Objekt.
Anders auf der kugelförmigen Erde, wo sich der Horizont mit zunehmender Höhe absenkt und so zuvor hinter dem Horizont verborgene Objekte sichtbar werden. Ebenso, wie man es auch in der Realität beobachten kann. Weil die Erde nun einmal kugelförmig ist. „
Alle Tatsachen sprechen also dafür, dass Harald Lesch mit seinem Argument recht hat (Anm. d. Red.: auch wenn wir von der Redaktion keine Fans von Herrn Lesch sind). Wer es nicht glaubt, kann es bei seinem nächsten Urlaub am Meer sehr leicht selbst überprüfen.
Wenn man bei ruhiger See zum Horizont blickt, kann man sehen, wie ein weit entferntes, großes Schiff langsam hinter dem Horizont verschwindet. Zunächst nur der Rumpf, während Aufbau und Mast noch zu erkennen sind.
Je weiter sich das Schiff entfernt, umso weiter rutscht es hinter die Horizontlinie – bis irgendwann auch die Mastspitze nicht mehr zu sehen ist.
Video:
Quellen: PublicDomain/Frank Schwede für PRAVDA TV am 16.12.2024
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