Polen fordert von Deutschland "Führungsrolle bei Verteidigungsausgaben"

Unter Washingtons EU-Verbündeten wächst die Besorgnis, dass der designierte US-Präsident Donald Trump die Ukraine-Hilfe reduzieren könnte, um Kiew zu einem Waffenstillstand mit Russland zu bewegen.

Angesichts dieser Lage sollte Berlin die Verteidigungsausgaben erhöhen, um anderen EU-Mitgliedern ein Beispiel zu geben, erklärt Cezary Tomczyk, Polens stellvertretender Verteidigungsminister, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Die EU müsse nach Möglichkeiten zur Finanzierung von Militärausgaben suchen. Vor diesem Hintergrund spricht sich Tomczyk für gemeinsame EU-Schuldverschreibungen aus. "Dies würde es uns ermöglichen, mehr zu kaufen und angesichts der wachsenden Kriegslust Russlands noch besser vorbereitet zu sein", betont er. "Europa befindet sich heute in einer Führungskrise", so der Politiker. "Wir sollten mehr von der Mitte Europas fordern, insbesondere von Deutschland."

Die Wahrscheinlichkeit, dass die neue US-Regierung die Militärhilfe für die Ukraine einstellen werde, treibe "Polen zur Verzweiflung". Warschau sei über seine westlichen Nachbarn verärgert, schreibt Bloomberg.

Im Wahlkampf hatte Trump angekündigt, dass er, im Falle seiner Rückkehr ins Weiße Haus, nur diejenigen NATO-Staaten schützen will, die das Zwei-Prozent-Ziel erfüllen und ausreichend für die Verteidigung ausgeben. Mit 4,2 Prozent des BIP hat Polen heute die höchsten Verteidigungsausgaben unter allen NATO-Staaten. Für das Jahr 2025 plant Warschau, seine Ausgaben für das Militär auf 4,7 Prozent zu erhöhen, was etwa 186 Milliarden Złoty ausmacht, umgerechnet rund 43,8 Milliarden Euro. Aber diese Maßnahme und die massive Aufrüstung des Landes würden den Haushalt des Landes belasten, zitiert die Agentur. "Es passiert nicht oft, dass die Polen den Deutschen sagen: 'Ihr müsst mehr für die Rüstung tun'", meint Tomczyk.

Deutschland, EU-weit der größte Geber von Militärhilfe für die Ukraine, wird laut Angaben aus dem Bundesverteidigungsministerium dieses Jahr insgesamt 2,1 Prozent des BIP oder 72 Milliarden Euro ausgeben. Außerdem hat die Bundesregierung einen 100 Milliarden Euro schweren Sonderfonds für die Aufrüstung der Bundeswehr mit einer Laufzeit von drei Jahren eingerichtet. Mit diesen Maßnahmen wird Deutschland erstmals das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erreichen.

Die Bundesregierung wie auch Kanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius haben wiederholt darauf hingewiesen, dass Deutschland nach den USA der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine sei.

Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges wird Russland als militärische Bedrohung für die Sicherheit der EU und NATO wahrgenommen. Bruno Kahl, der Chef des Bundesnachrichtendienstes, warnt vor einer "immer aggressiveren Haltung Russlands" gegenüber dem Westen und betont, dass in den kommenden Jahren das Risiko einer militärischen Auseinandersetzung wachse.

"Putin wird rote Linien des Westens austesten", erklärte Kahl Ende November. Er behauptete, die russische Armee sei "wahrscheinlich spätestens bis Ende dieses Jahrzehnts personell und materiell in der Lage, einen Angriff gegen die NATO durchzuführen".

Das sei ein weiterer Grund, Berlin zum Handeln aufzufordern, so Tomczyk. "Man kann hören, dass Deutschland einen Krieg erwartet, dass Pläne entwickelt werden und dass es mehrere Jahre Zeit hat, sich vorzubereiten." "In einem solchen Fall würde ich vorschlagen, dass die Zeit gekommen ist, sich wirklich vorzubereiten."

Tomczyk ist ein starker Befürworter der Initiative, die polnische Grenze zu Weißrussland und der russischen Ostsee-Exklave Kaliningrad zu verstärken. Der Plan sieht den Bau von Panzersperren, Gräben und Befestigungen vor. Die Befestigung der Grenze soll mindestens 10 Milliarden Zloty kosten, umgerechnet rund 2,3 Milliarden Euro. Die polnische Regierung hat sich mit der Forderung nach einer Finanzierung an Brüssel gewandt.

Wenn die EU-Mitgliedstaaten gemeinsam große Mengen an militärischer Ausrüstung kaufen, könnte dies die Möglichkeit für bessere Angebote der US-Regierung eröffnen, so Tomczyk. Weiter ist er der Ansicht, dass die Entscheidungen seitens Brüssel Dringlichkeit erfordern und die EU auf Bedrohungen reagieren müsse. "Es kann nicht sein, dass die Diagnose des Problems mehrere Jahre dauert und die nächsten Jahre damit verbracht werden, über eine Lösung nachzudenken."

Mehr zum Thema – Polen kündigt Ausweitung des "Östlichen Schildes" auf Grenze zur Ukraine an 

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