Wozu schickt Kiew Ärzte und Chemiker in Schützengräben?

Von Andrei Restschikow

Die neue Vorgehensweise zur Auffüllung der ukrainischen Streitkräfte hat den Zorn der ukrainischen Bevölkerung hervorgerufen. Der Oberkommandierende der ukrainischen Streitkräfte, Alexander Syrski, versetzt nicht nur Berufsmediziner, sondern auch Spezialisten für die chemische Abwehr in die Infanterie. Dies berichtete am Donnerstag der Abgeordnete der Werchowna Rada, Alexei Gontscharenko (der in der Russischen Föderation auf der Liste der Terroristen und Extremisten steht). Ihm zufolge seien insbesondere 20 Personen aus der Berechnungs- und Analyseeinheit der ukrainischen Streitkräfte, die 70 Personen umfasst, an die Front geschickt worden. Dabei handelt es sich um eine Einheit von Chemikern, die eine Ausbildung im Ausland absolvierten und hinter die Front verlegt wurden, um im Falle einer atomaren Bedrohung eingreifen zu können.

Der Politiker wies darauf hin, dass er täglich Anfragen angesichts der zahlreichen Versetzung von Medizinern aus Militärkrankenhäusern in Infanterie-Einheiten an der Front erhalte, und zitierte einen seiner Abonnenten seines Telegram-Kanals mit den Worten, dass "alle Versorgungsdienste 25 Prozent ihres Personals in die Schützengräben schicken sollten". Diese Berichte wurden von den lokalen Medien weithin zitiert.

Der Abgeordnete machte auch darauf aufmerksam, dass zur selben Zeit Menschen mit Kampferfahrung in militärischen Einberufungsstellen tätig seien und "Papiere hin- und herschieben", aber "es gibt immer noch keine Sechsmonatsverträge für diejenigen, die für eine bestimmte Zeit zur Armee zurückkehren möchten". Gontscharenko berief sich auf die Meinung der Militärs, die glauben, dass Syrski auf diese Weise das Problem der gescheiterten Mobilisierung lösen wolle.

Die Versetzung der zurückgezogenen Bediensteten in die Infanterie wurde wiederholt von einer fraktionslosen Abgeordneten der Werchowna Rada, Marjana Besuglaja, thematisiert. Ihr zufolge wird Syrskis Befehl bezüglich der Mediziner von "Lügnern aus dem Kommando der Sanitätskräfte der ukrainischen Streitkräfte unter Leitung des Hof-Generals Kasmirtschuk" ausgeführt. Generalmajor des Sanitätsdienstes Anatoli Kasmirtschuk wurde im November letzten Jahres zum Kommandeur der Sanitätskräfte der ukrainischen Streitkräfte ernannt.

Nach ihren Angaben wurden 20 Prozent der Mediziner von den Militärkrankenhäusern zu den Infanterieeinheiten verlegt. Darüber hinaus wurde bereits im Oktober berichtet, dass auf Anordnung Syrskis Wartungspersonal der militärischen Fliegerkräfte und Personal für den Schutz von Flugplätzen sowie Artilleriepersonal zu Infanterieeinheiten versetzt wurde.

Später, Anfang November, berichtete Besuglaja des Weiteren, dass Spezialisten aus verschiedenen Truppengattungen der Streitkräfte, einschließlich der Luftabwehr (Patriot-Systeme), zu den Infanterieeinheiten geschickt worden seien. Diese Informationen wurden vom ehemaligen Pressesprecher des Kommandos der ukrainischen Luftstreitkräfte, Juri Ignat, bestätigt, der über die Überführung zahlreicher Angehöriger der ukrainischen Luftstreitkräfte in die Infanterie berichtete.

Zugleich merkt Besuglaja an, dass "begünstigte" Kompanien zur Bewachung von Militärkrankenhäusern und Fahrer nicht zur Infanterie geschickt würden. Unterdessen waren die Brigaden, bei denen die Personalstärke auf 50 bis 60 Prozent sinkt, gezwungen, Spezialisten aus anderen Einheiten in Infanteriekompanien zu verlegen:

"Daher herrscht in bestimmten Truppengattungen der Armee ein Mangel an Spezialisten ... Sie sind in der Regel keine ausgebildeten Schützen, geschweige denn Sturmsoldaten, und haben ein noch größeres Risiko, getötet zu werden."

Experten sind sich einig, dass die ukrainischen Streitkräfte das Problem mit der Wiederauffüllung des Personals nicht lösen können, sodass sie zu rückwärtigen Bediensteten griffen. Der Militärexperte Wassili Dandykin äußerte sich dazu wie folgt:

"Sie haben nicht genügend Sturmtruppen, selbst wenn man die Einberufung berücksichtigt. Diese Schwierigkeiten gibt es schon seit Langem. Höchstwahrscheinlich werden auch bestimmte Kategorien von Frauen betroffen sein, wenn Mediziner und Funker in die Infanterie versetzt werden."

Ihm zufolge besteht die Hauptaufgabe der ukrainischen Streitkräfte jetzt darin, den Brückenkopf im Grenzbereich des Gebiets Kursk zu halten, sodass die Verlegung der fehlenden Spezialisten aus den rückwärtigen Gebieten zur Infanterie in andere (für den Gegner weniger wichtige) Frontabschnitte weitergehen wird. Der Militärexperte Anatoli Matwijtschuk, ein pensionierter Oberst, fügte hinzu:

"Aber es gibt keine Logik in solchen Maßnahmen. Dahinter steckt nur der Wunsch, die Einheiten mit Personal auszustatten. Es gibt immer weniger Leute, die bereit sind, mit unseren Sturmkompanien und Bataillonen auf dem Schlachtfeld Widerstand zu leisten, weshalb Selenskij den Befehl gab, jeden zu rekrutieren, den man erreichen kann."

Der Gesprächspartner verwies darauf, dass bereits Fälle bekannt seien, in denen psychisch instabile Personen in die ukrainischen Streitkräfte eingezogen worden seien, "um die Truppen aufzufüllen". Darüber hinaus überarbeite die Ukraine ständig die Liste der Krankheiten, die kein Hindernis für den Dienst darstellen:

"Das ist eine Agonie."

Der Gesprächspartner erinnerte auch daran, dass die ukrainischen Streitkräfte in der Zone der Sonderoperation nach wie vor zahlenmäßig den russischen Streitkräften überlegen seien, aber nach den offiziellen Erklärungen von Selenskijs Büro und den Generälen der ukrainischen Streitkräfte zu urteilen gelingt es der russischen Armee, in Schlüsselabschnitten eine zahlenmäßige Überlegenheit zu erreichen. Nach Ansicht von Experten lösen die russischen Streitkräfte dieses Problem durch erfolgreiches Manövrieren. Der Gesprächspartner erläuterte:

"Wir müssen berücksichtigen, dass wir Luftschutz haben. Wir haben angefangen, jede Nacht Kommunikationsanlagen zu treffen. Das erschwert den ukrainischen Streitkräften das Manövrieren und die Ablösungen, bei denen es zu Verlusten an Ausrüstung und Personal kommt. Allein am vergangenen Tag hat der Gegner ein Dutzend Panzer im Frontabschnitt Kursk verloren."

Dabei habe die Rhetorik Selenskijs, der behauptet, die ukrainischen Streitkräfte hätten einen fast fünffachen Personalvorteil, nichts mit der Realität zu tun. Außerdem, so Matwijtschuk, leide die ukrainische Armee stark unter einer großen Zahl von Deserteuren und denjenigen, die unerlaubt ihre Einheit verlassen hätten, deren Anteil bis zu 20 Prozent betragen könne. Matwijtschuk abschließend:

"Daher wird die Entscheidung von Selenskij und Syrski, zu den rückwärtigen Bediensteten zu greifen, nicht das notwendige Ergebnis bringen. Gleichzeitig gelingt es uns immer besser, unsere Kräfte in Schwerpunktgebieten zu sammeln, an den Flanken zu kämpfen, immer komplexere Manöver durchzuführen und so eine zahlenmäßige Überlegenheit dort zu schaffen, wo sie gebraucht wird."

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 15. November 2024 zuerst auf der Webseite der Zeitung "Wsgljad" erschienen.

Andrei Restschikow ist ein russischer Journalist der Zeitung "Wsgljad".

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