Zwischen Austin Powers und Reinhard Heydrich: Von der Leyens "EU-CIA"

Von Dagmar Henn

Soso, jetzt will Brüssel also auch noch einen eigenen Geheimdienst. Man soll sich da nicht täuschen lassen – das, was da so scheinbar unverfänglich über einen Bericht lanciert wird, ist das, was vorher bestellt wurde. So läuft das Spiel, gerade auf Ebene der EU: Man bestellt sich einen scheinbar neutralen Bericht von einer Sprechpuppe, dann tut man etwas verblüfft, wenn das vorgeschlagen wird, was man haben wollte, ziert sich ein wenig, und dann sorgt man dafür, dass man es bekommt. Vielleicht sogar mit einem Umweg über das EU-Parlament, das ja ohnehin gerne immer noch viel fanatischer agiert als die nationalen Parlamente.

Wenn Politico das Ganze als EU-CIA einsortiert, liegt es sicher nicht ganz daneben. Wobei man nicht vergessen darf, dass die EU bereits jetzt zwar nicht offiziell, aber inoffiziell geheimdienstlich tätig ist, außerhalb der EU, und durchaus operativ, und nicht nur im Sinne der Informationsbeschaffung – wie anders sollte man die von der EU ausgereichten Förderungen für die berüchtigten NGOs wie auch deren politische Steuerung klassifizieren? Faktisch ist das längst Agententätigkeit im großen Stil, nur dass sie sich in anderen Haushaltsposten verbirgt und dabei kein eigener Büropalast in Brüssel mit Fahrdienst, Budget und Kantine abfällt.

Der eine Teil dieser bösen Absichten besteht also schlicht darin, sich einen weiteren Aspekt der Staatlichkeit zu sichern. Das läuft Steinchen für Steinchen, wie aus dem Lego-Baukasten. Erst einen Außenminister, dann einen Verteidigungsminister, erst ein Budget, dann das Recht, eigene Steuern zu erheben (an dem bereits aktiv gearbeitet wird), mit Eugendfor wurden schon vor Jahren Schritte in Richtung einer von Brüssel kommandierten Polizei gegangen, und jetzt eben einen Geheimdienst.

Die nachrichtendienstliche Seite daran dürfte relativ ungefährlich sein. Die Analyse von Informationen leidet schließlich unter einer zu durchdringenden Ideologisierung der Struktur; das kann man immer wieder hören, wenn man Ex-CIA-Leuten wie Ray McGovern und Larry Johnson lauscht. Selbst wenn im Bereich der Analyse noch einige kluge Köpfe übrig sind, je größer die Zahl stromlinienförmiger Karrieristen in einem Dienst ist, desto unwahrscheinlicher wird es, dass relevante Informationen es von unten nach oben schaffen. Selbst dann nicht, wenn sich diese Brüsseler Fantasie über alle einzelnen nationalen Dienste stellen sollte. Und was die Zahl der stromlinienförmigen Karrieristen angeht, dürfte Brüssel bestenfalls noch in Washington einen Konkurrenten haben.

Es gibt aber eine ausgesprochen unheimliche Seite, bereits an diesem Vorschlag. Denn es soll ja offiziell vor allem darum gehen, "spezifische Aufgaben der Spionageabwehr zu koordinieren". Man kann sich natürlich einreden, Abwehr sei nicht so schlimm – was aber, wenn man dann daran denkt, wie die Brüsseler Reaktion auf abweichende Positionen wie beispielsweise jene Ungarns oder der Slowakei aussieht? Wenn es jetzt bereits immer heißt, das sei "russischer Einfluss"? Dann wird aus der angeblichen Abwehr ein nach innen gerichteter Geheimdienst, irgendwo zwischen Verfassungsschutz und Gestapo, wobei in den letzten Jahren die Tendenzen doch eher in Richtung Gestapo gehen.

Und was, wenn sich diese Struktur unter dem Kommando Ursula von der Leyens eine Abteilung für Wet Jobs zulegt? Würde dann der nächste Mordanschlag auf Robert Fico aus Brüssel befohlen? Sicher, das muss man sich jetzt bereits fragen; aber eines kann man garantieren: Wenn es dafür einen offiziellen Haushaltsposten gibt, vervielfachen sich die Aktivitäten. Da kann man im Grunde nur noch hoffen, dass die ganzen verschiedenen Dienste, Verfassungsschutz, CIA und dann eben die Brüsseler Schlapphüte, einander möglichst effizient im Weg stehen. Allein die Vorstellung, von der Leyen könnte die Entscheidung über Mordanschläge treffen, löst den instinktiven Wunsch aus, sich eine Waffe zu beschaffen.

Im Grunde wäre das bereits völlig verschwendet, die Brüsseler Bürokratie ist so gut in Zerstörung, darin, alles mit bürokratischen Auflagen zu strangulieren, dass sie zumindest nach innen gar nicht auf eine solche Einrichtung angewiesen ist. Gäbe es ein Tor zur EU, man müsste es mit einem Zitat von Dante dekorieren: Lasciate ogni speranza, voi che entrate. Ihr, die ihr hier eintretet, lasst alle Hoffnung fahren. Der Satz, der nach Dante den Eingang zur Hölle ziert.

Und natürlich kann man sich damit trösten, dass der Papierkrieg, den Brüssel entfalten dürfte, selbst die angehäufte bürokratische Inkompetenz, die Herbert Rosendorfer in seinem BND-Roman "Das Messingherz" karikierte, ohne Anlauf und Mühe übertreffen dürfte. Derartige Einrichtungen haben immer eine Neigung, in Dokumentationsregeln zu versinken, was ja auch Wladimir Putins schöner KGB-Witz belegt; aber eine Kreuzung aus Nachrichten- oder Geheimdienst und Brüssel, das dürfte wohl kaum mehr zu übertreffen sein. Dazu dann noch eine Kompetenz auf dem Niveau von Austin Powers ...

In Brüssel kann man jedenfalls Parkinsons Gesetz in voller Blüte erblicken – jene nur scheinbar satirische alte Beschreibung, nach der jeder Beamte danach strebt, mindestens zwei weitere Beamte unter sich zu haben, was zu einer endlosen Vervielfältigung derartiger Apparate führt. Die aktuelle Brüsseler Variante kombiniert gut mit dem Streben nach exekutiver Macht, sie verschmilzt mit dem Begehren nach immer neuen Tätigkeitsfeldern und immer weiterer Kontrolle.

Für die zukünftige Entwicklung der EU wird das auf jeden Fall verheerend. Nicht nur, dass damit Brüssel mit geradezu toxischen Fähigkeiten versehen werden würde, und die eigentlich politischen Auseinandersetzungen, sobald sie der Brüsseler Ideologie widersprechen, sich in unsichtbare Gefechte subtilerer staatlicher Organe verwandeln. Man denke sich einmal die EU-Vorstellungen zur Netzkontrolle in geheimdienstliches Handeln umgesetzt. Oder die Durchsetzung von so was wie von der Leyens Pfizer-Deal. Oder schlicht einen Dienst, der die Fantasien der baltischen Irren auslebt. Das Wort Demokratie ließe sich in solchen Zusammenhängen nicht einmal mehr denken.

Nein, der wirklich kritische Punkt ist, wie sich das Ende der EU dadurch verändern würde. Dieser parastaatliche Metaparasit würde jedes Mittel nutzen, um sich zu erhalten, und nicht im Mindesten davor zurückschrecken, die einzelnen EU-Mitgliedsländer (oder was von ihnen dann noch übrig ist) gegeneinander zu stellen wie Schachfiguren, sobald die Brüsseler Macht bedroht ist – unter Einsatz ebendieser EU-CIA. Was die Konsequenz haben könnte, dass diese EU-Bürokratie nicht mehr schlicht von der Bühne verschwindet, weil ein Land nach dem anderen herausbricht, oder die politischen Tendenzen zurück zu mehr Souveränität auf vielleicht chaotische, aber friedliche Weise die Macht von der Leyens und ihresgleichen auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgen.

Die schlimmste denkbare Konsequenz wäre, dass diese EU mit ihrem eigenen Machtstreben einen gewaltsamen Bruch mit entsprechenden Kämpfen zwischen Fraktionen aus unterschiedlichen Ländern auslöst, wenn sie nicht durch ihr aggressives Handeln nach außen zuvor dafür sorgt, dass sie ihren gewünschten Krieg gegen Russland bekommt und dann den kollektiven Napoleon gibt (was dann die Wahl Brüssels zur "EU-Hauptstadt" mit zusätzlicher historischer Logik versieht – Waterloo ist nur 15 Kilometer entfernt).

Je mehr staatliche Macht Brüssel an sich zu reißen vermag, desto wahrscheinlicher wird es, dass den Menschen in den Mitgliedsländern nur noch die Wahl bleibt, sich wie die Ukrainer zum Kanonenfutter machen zu lassen oder aus dem System der EU gewaltsam auszubrechen, gleichsam den aufgezwungenen Pseudostaat in einem Bürgerkrieg untergehen zu lassen. Nichts, wirklich nichts an der Vorstellung eines EU-Geheimdienstes kann positive Erwartungen auslösen. Niemand braucht diese Kreuzung aus Austin Powers und Reinhard Heydrich, auch dann nicht, wenn die Person an der Spitze eine blonde Betonfrisur trägt und angeblich einst auf den Namen "Röschen" hörte.

Mehr zum Thema – Warum die EU nicht zum Frieden fähig ist

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