US-Waffenlieferungen an Israel: Welche Rolle spielt Ramstein?

Es ist eine kleine Meldung in einem der Telegram-Kanäle, aber sie führt zu einer Frage, die in Deutschland bisher nicht laut genug gestellt wurde:

"Ein weiterer Militärtransport einer C-17 der US Air Force bereitet sich vor, in Südisrael zu landen, aber dieser ist ungewöhnlich; anders als die meisten vorhergehenden Flüge, die entweder aus Texas, Alabama oder Nord Carolina kamen, kam diese C-17 direkt von der gemeinsamen Basis McGuire-Dix-Lakehurst in New Jersey nach Ramstein und dann nach Israel."

Ich muss zugeben, vor dieser kurzen Meldung hatte auch ich mir noch keine Gedanken gemacht, welche Rolle Ramstein eigentlich im Zusammenhang mit US-Waffenlieferungen an Israel spielt. Was unverzeihlich ist – schließlich taucht dieser größte US-Stützpunkt außerhalb der USA und Sitz des Air Mobility Command mit seinen Transportflugzeugen immer wieder im Zusammenhang mit US-Waffenlieferungen auf – nach Syrien beispielsweise wie in die Ukraine.

Im August dieses Jahres veröffentlichte das Bremer Friedensforum ein Interview mit dem Volkswirtschaftler Dr. Shir Hever zur Frage der Waffenexporte nach Israel, in dem er auch folgende Aussagen machte:

"Bis im April 2024 gab es mehr als 100 Lieferungen von amerikanischen Waffen mit Flugzeugen. Es gibt das Transportflugzeug C-17, das 77 Tonnen Munition tragen kann. Manchmal müssen die Flugzeuge einen Stopp machen, den sie entweder auf dem Shannon Flughafen in Irland oder in Ramstein in Deutschland machen. Ramstein ist klar, ich habe Bilder von der amerikanischen Luftwaffe. Sie laden in Ramstein die Bomben auf ein Flugzeug Richtung Israel."

Es gibt einen sehr simplen Grund für solche Zwischenlandungen: Die direkte Strecke selbst von der Ostküste der Vereinigten Staaten bis zu einem israelischen Flughafen übersteigt die Reichweite beider von den USA genutzten großen Transportflugzeuge, der C-5 Galaxy von Lockheed-Martin wie auch der C-17 Globemaster von Boeing. Beide können schon die Atlantiküberquerung nicht mit voller Beladung schaffen.

Das bedeutet, dass für eine sinnvolle Logistik mit einem ausgesprochen gierigen Abnehmer am anderen Ende es naheliegend ist, einen Zwischenstopp zu wählen; am besten einen, auf dem es möglich ist, die Fracht umzuladen, damit der zweite Teil der Strecke nur von einem Teil der Flugzeuge oder von anderen Flugzeugen bewältigt werden kann. Damit reduziert sich die Zahl der erforderlichen Flugzeuge auf dem zweiten Teil der Strecke um die Hälfte, und es wird etwas kostengünstiger, weil sich das Verhältnis zwischen Eigengewicht des Flugzeugs und transportierter Fracht verbessert.

Beide Typen können zwar aus der Luft betankt werden, aber das würde noch mehr Flugzeuge, Piloten und Mechaniker involvieren, als das ohnehin schon der Fall ist. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass eine Variante ohne Luftbetankung gewählt wird, wenn das möglich ist. Und da ist man dann eben bei Shannon und Ramstein.

In Shannon gibt es allerdings eine Bürgerinitiative namens Shannon Watch, die regelmäßig Berichte über Landungen auf dem US-Flughafen in Shannon liefert. Dort finden sich in jüngerer Zeit zwei Meldungen, die derartige Transporte betreffen.

"Irland hat vergangene Woche immer noch Krieg und Kriegsverbrechen über den Flughafen Shannon ermöglicht. Am Donnerstag, dem 15. August, landete um 18:20 Uhr eine C-130 T Hercules der US-Navy, die von der Joint Base McGuire-Dix-Lakehurst in der Nähe von New York gekommen war. Ihre Registrierungsnummer ist 16-4998."

Das die Meldung vom 17. August, am 10. Oktober findet sich diese Meldung:

"Gestern (9. Oktober) waren mindestens drei US-Kriegsflugzeuge auf dem Flughafen Shannon.

Eine Hercules 130J der US-Navy kam um 4:30 morgens von der Naval Air Station in New Orleans, Louisiana, an. Sie blieb über zwei Nächte und startete heute, am 9. Oktober, wieder etwa gegen 12 Uhr mittags Richtung Südosten/Naher Osten.

Um 2:26 am Morgen landete eine C40 der US-Navy mit der Registrierungsnummer 16-5831, die von der gleichen Naval Air Station in New Orleans gestartet war. Beide Flugzeuge sind dafür entwickelt und ausgerüstet, US-Militärgüter oder US-Truppen zu transportieren."

Vor dem Flughafen Shannon gibt es regelmäßige Demonstrationen, mit der Forderung, Flüge einzustellen, die den israelischen Genozid unterstützen. Allerdings ist die Position der irischen Regierung in Bezug auf den Krieg in Gaza eine andere als die der deutschen. Der irische Premierminister Simon Harris hat etwa bereits im Mai geäußert, dass sich "Europa auf der falschen Seite der Geschichte befindet, weil es nicht genug tut, um das Blutvergießen in Gaza zu verhindern." Dort ist es also ein Verstoß gegen die offizielle Politik, die Landung von US-Waffentransporten für Israel zuzulassen; vermutlich ein Grund dafür, dass sich auf Shannon Watch vergleichsweise wenige Landungen finden.

Daraus ließe sich dann folgern, dass die Rolle von Ramstein bei diesen Transporten umfangreicher ist als die von Shannon. Wenngleich man davon ausgeht, dass ein Teil dieser Lieferung auf See erfolgt – auch diese Strecke ist nicht ohne Probleme, wenn sich beispielsweise Hafenarbeiter weigern, die Fracht zu verladen, wie dies jüngst in Griechenland passierte.

Klar ist, dass ein mehr oder weniger automatischer Anspruch der US-Luftwaffe auf diese Nutzung nicht gegeben ist. Selbst die Airbase Ramstein ist kein extraterritoriales Gebiet, und jedes dieser Transportflugzeuge, die vermutlich in Ramstein landen, benötigt die entsprechenden Genehmigungen der deutschen Flugaufsicht. Nur solange es nicht in die öffentliche Wahrnehmung vordringt, dass auch für die Belieferung der israelischen Kriegsführung vermutlich das gleiche Drehkreuz genutzt wird wie bei fast allen übrigen größeren US-Militäreinsätzen und/oder Waffenlieferungen seit Vietnam, eben Ramstein, werden auch die entsprechenden Fragen nicht gestellt.

Dabei wäre es nicht nur von moralischer oder außenpolitischer, sondern auch von rechtlicher Relevanz. Ein interessantes Nebenprodukt der bizarren Debatten über deutsche Waffenlieferungen an Israel im Bundestag ist die Erkenntnis, dass die Anklage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen Deutschland nicht ganz so auf die leichte Schulter genommen wird, wie die Bundesregierung das immer erklärt hatte. In diesem Zusammenhang sind jedoch nicht nur die eigenen Waffenlieferungen von Belang (Shir Hever erläutert im oben zitierten Interview auch, dass mit der speziell deutschen Einteilung in "Kriegs"- und "Defensiv"-Waffen Panzermotoren und -ersatzteile weiter geliefert werden), sondern auch die Mitwirkung an den Waffenlieferungen anderer. In diesem Fall eben die Nutzung der Airbase Ramstein für US-Waffenlieferungen an Israel, die inzwischen auch dazu dienen, gänzlich völkerrechtswidrig Stadtviertel in Beirut zu bombardieren.

Es stellt sich nämlich durchaus die Frage, welcher andere US-Flughafen Ramstein ersetzen könnte, oder welches andere europäische Land bereit wäre, diese Lieferungen über sein Territorium abwickeln zu lassen. Wie hoch das Risiko großer Proteste vor dem jeweiligen Flughafen wäre, die zumindest störende Aufmerksamkeit auf die Vorgänge lenken, wenn sie schon nicht den politischen Druck aufbauen, diese Lieferungen zu unterbinden.

Das Angebot ist kleiner, als es auf den ersten Blick wirkt, denn selbst EU-Mitgliedsländer, die beim Thema Ukraine willig mit rüsten, sind bezüglich des Gazastreifens zumindest deutlich vorsichtiger. Würden Großbritannien und Frankreich die Rolle als Drehkreuz übernehmen wollen? Ganz abgesehen davon, dass in Ramstein die Infrastruktur besser ausgebaut ist, als an jedem anderen europäischen Zielflughafen … Deutschland ist in Bezug auf Proteste gegen den israelischen Genozid vergleichsweise harmlos, wenn man das mit den Demonstrationen in London oder Paris vergleicht.

So wie die Dinge liegen, muss es jedenfalls dringend geklärt werden, welche Bedeutung die Airbase Ramstein bei diesen Transporten hat. Schließlich ist neben der Einstellung deutscher Waffenlieferungen und dem Entzug der Zollprivilegien Israels durch die EU die Verweigerung der Überfluggenehmigung eine der Stellschrauben, die die US-Unterstützung des israelischen Genozids zumindest erschweren. Ramstein liegt immer noch in Deutschland, also ist es deutsche Verantwortung, was dort geschieht.

Mehr zum ThemaGenozid-Prozess in Den Haag und deutsche Werte: Was bleibt vom Einheitsversprechen?

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