Von Alex Männer
Angesichts der voranschreitenden De-Dollarisierung in der Welt setzen die Vereinigten Staaten alles daran, die Dominanz ihrer nationalen Währung – des US-Dollar – im globalen Finanzsektor aufrechtzuerhalten. Dies gestaltet sich jedoch immer schwieriger. Nicht zuletzt wegen der aufstrebenden Vereinigung BRICS, die eine "multipolare und gerechtere Weltordnung" anstrebt und gerade dabei ist, sich als eine von den USA unabhängige Wirtschaftsmacht auf der internationalen Bühne zu etablieren.
Zum Leidwesen der Amerikaner lehnen die BRICS-Staaten den Dollar als Instrument zur Kontrolle über die globale Finanzinfrastruktur sowie zur Bereicherung durch die USA ab und betrachten die Abkehr von der US-Währung daher als eine politische Grundsatzfrage.
In diesem Zusammenhang haben die Partner bereits im vergangenen Jahr die Idee diskutiert, eine gemeinsame Währung zu schaffen, die nicht nur den Handel innerhalb des Blocks stärken sowie die Finanzierung von Infrastruktur-, Industrie- und anderen Projekten fördern sollte, sondern auch ihre Abhängigkeit vom Dollar und vom Euro reduzieren würde. Allerdings wird die Umsetzung vermutlich noch Jahre in Anspruch nehmen, weshalb man vorerst die Verwendung der Nationalwährungen erweitert.
Gegen diese Politik will der designierte US-Präsident Donald Trump vorgehen und kündigte deshalb Ende November an, der BRICS-Gruppe 100-prozentige Zölle aufzuerlegen, falls sie versuchen sollte, eine eigene Währung zu schaffen, die den Dollar ersetzt.
Auf den ersten Blick erscheint dies wie eine Provokation; schließlich wären auch viele Verbraucher in den USA von den Folgen einer Zollerhöhung auf bestimmte Importwaren direkt betroffen. Mit Blick auf Trumps "America-First"-Politik sind diese und andere zuvor von ihm getätigte Erklärungen hinsichtlich der künftigen US-Handelspolitik jedoch ernstzunehmen.
Ksenia Bondarenko, russische Expertin von der Nationalen Forschungsuniversität "Hochschule der Wirtschaft", ist der Ansicht, dass die besagte Zoll-Initiative in erster Linie darauf abzielen könnte, die Wettbewerbsfähigkeit der US-Produkte inmitten des anhaltenden Handelskrieges mit China zu verbessern.
Zugleich würde Trump damit versuchen, die Stellung des Dollars als wichtigste Leitwährung zu stärken, was in der heutigen Situation allerdings problematisch sei. Zum einen gebe es da die riesige Staatsverschuldung und das Defizit sowohl bei der Leistungs- als auch der Haushaltsbilanz in den USA, die die Wirtschaft des Landes und somit den Dollar nach unten ziehen, so Bondarenko.
Zum anderen birgt die von den BRICS-Staaten forcierte De-Dollarisierung Bondarenko zufolge weitere Risiken für den Dollar. In der Tat verzeichnen Wirtschaftsanalysten auch in diesem Jahr eine deutliche Zunahme bei der Verwendung von nationalen Währungen bei Transaktionen innerhalb der BRICS-Gruppe. Nach russischen Medienangaben liegt ihr Anteil in diesem Jahr bereits bei 85 Prozent.
Nicht zu vergessen ist die Entwicklung außerhalb des Blocks. Denn immer mehr Länder ziehen es vor, ihre Geschäfte nicht mehr in Dollar abzuwickeln, sondern ihre nationalen Währungen dafür in Anspruch zu nehmen. Laut Statistik ist der Anteil der US-Währung an weltweiten Zahlungen via SWIFT-System seit dem Jahr 2000 von 73 auf aktuell 49 Prozent gesunken. Die Prognosen gehen davon aus, dass dieser Wert im kommenden Jahr noch weiter fallen wird.
Ekaterina Nowikowa, Dozentin des Lehrstuhls für Wirtschaftstheorie der Russischen Plechanow-Wirtschaftsuniversität, erläutert diesbezüglich, dass der Ausstieg Saudi-Arabiens aus dem sogenannten "Petro-Dollar" ebenfalls eine Herausforderung für Washington darstellt.
Im vergangenen Juni hatte die saudische Führung entschieden, das vor 50 Jahren mit dem Weißen Haus vereinbarte Abkommen über den Ölhandel in US-Dollar nicht zu verlängern. Damit ist Riad nicht mehr daran gebunden, sein Öl auf dem Markt ausschließlich in Dollar anzubieten – ein Paradigmenwechsel im globalen Finanzwesen, wie Experten betonen.
In Anbetracht dessen seien Trumps Drohungen gegenüber den BRICS-Ländern zumindest seltsam, stellt Nowikowa fest, da die Voraussetzung für diese gewohnte Manier der Amerikaner – ihre Dominanz in der Weltwirtschaft – eventuell nicht mehr gegeben ist.
Nowikowa führt aus: "China ist der führende Handelspartner für 124 Länder, die USA haben jedoch nur die Hälfte davon – 56 Länder. Im vergangenen Jahr hat China gemeinsam mit den ASEAN-Staaten die USA bei den Exporten überholt. … Wenn die Amerikaner es gewohnt sind, für Transaktionen mit ihren Schuldverschreibungen zu bezahlen, die keinen Wert mehr darstellen, sind die asiatischen Länder auf dem Weltmarkt dagegen zahlungsfähig."
Fest steht, dass Trump und die USA die BRICS als eine echte Gefahr für das Dollar-basierte Finanzsystem ansehen und den Aufstieg der Schwellenländer daher entschieden bekämpfen werden. Ob drakonische Zollstrafen oder zumindest lautstarke Drohungen den gewünschten Effekt für die künftige US-Regierung bringen werden, ist zu bezweifeln. Stattdessen könnte die De-Dollarisierung damit noch zusätzlich beschleunigt werden, weil noch mehr Ländern endlich klar wird, dass die Verwendung des Dollars einzig und allein den Interessen der USA dient.
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