Sergey Lawrow: Was die „regelbasierte Ordnung“ vom orwellianischen Staatsmodell unterscheidet

Nachdem die „westliche Wertegemeinschaft“ erfahren muss, dass ihre althergebrachten hegemonialen Ansätze versagen, radikalisiert sich ihre Politik: Ausufernde Medienzensur und Sanktionen veranlassen die Staaten des „Globalen Südens“ sich beschleunigt der multipolaren Weltordnung der Weltmehrheit der 85 Prozent anzuschließen.

Warum der „Globale Süden“ in die BRICS-Vereinigung flüchtet

Frage: Was denken Sie über die jüngsten US-Sanktionen gegen russische Nachrichtenagenturen, inklusive den Fernsehsender RT? Was sagen Sie zu der Forderung bzw. schwerwiegenden Anschuldigung von US-Außenminister Antony Blinken, RT wie eine Agentur eines Nachrichtendienstes behandeln zu lassen?

Sergej Lawrow: Der Pressesprecher Präsident Wladimir Putins, Dmitri Peskow und die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, sowie noch andere Offizielle und Politiker haben sich zu diesem Thema bereits geäußert. Ich möchte nicht noch einmal darauf zurückkommen, doch nur so viel dazu sagen:

Ich möchte anmerken, dass George Orwell über reiche Vorstellungskraft und große historische Weitsicht verfügte. Allerdings war nicht einmal er in der Lage, sich das tatsächliche Gebaren eines totalitären Staates genau vorstellen:

George Orwell skizzierte einige seiner Merkmale, konnte jedoch nicht in die volle Tiefe des Totalitarismus eindringen, wie wir diesen heute unter der „regelbasierten Ordnung“ erleben.

Dem habe ich nichts hinzuzufügen: Die Führung in Washington unterdrückt abweichende Meinungen und hat sogar George Orwell und seine Visionen in den Schatten gestellt. Das ist unverfälschter Totalitarismus. Der McCarthyismus war im Vergleich dazu nur ein Kinderspiel.

Oligarchischer Kollektivismus/Grosser Bruder nach Buch 1984 von George Orwell | Legende «Soziale Pyramide»: Grosser Bruder – innere – & äussere Partei – Proleten | Quelle: SVG conversion by User: Stannered, original PNG version was authored by en: User: IAMTHEEGGMAN and en: User: AnonMoos, Public domain, via Wikimedia Commons

Ich hoffe, dass unabhängige Beobachter, welche internationale Entwicklungen nach ihrer Art und Weise genau verfolgen, sich darüber im Klaren sind, wie die Vereinigten Staaten und ihre Satelliten alles Mögliche, Unmögliche und Unvorstellbare tun, um den objektiven Prozess zur Bildung einer multipolaren, gerechten und demokratischen Weltordnung hintanzuhalten. Sie benötigen Demokratie“ nur dazu, um Ländern zu sagen, wie sie ihr Leben zu gestalten hätten.

Aber sobald man vorschlägt, die Demokratisierung internationaler Beziehungen anzusprechen, kriegen sie den Mund nicht mehr auf

Denn, es geht nur um die regelbasierte Ordnung“. Doch, all das ist zum Scheitern verurteilt. Es ist für jeden offensichtlich. Sie sind historisch zum Scheitern verurteilt. Der Lauf der Geschichte beschleunigt sich.

Frage: Was bedeutet die Bereitschaft der Türkei, die ein NATO-Land ist, BRICS beizutreten? Wie könnte sich die voraussichtliche Mitgliedschaft der Türkei auswirken?

Sergej Lawrow: Es fällt mir schwer zu erklären, warum die Türken einen Antrag auf Beitritt zu unserer Organisation stellten, aber ein paar Anmerkungen hierzu seien mir gestattet:

Erstens, gibt es einen objektiven, historischen und unaufhaltsamen Prozess zur Bildung einer multipolaren Weltordnung. Zweitens ist klar, dass die BRICS-Staaten mit ihrem rasch wachsenden globalen Gewicht und Ansehen zu einem der wichtigsten Motoren und Gestalter der multipolaren Weltordnung geworden sind.

BRICS hat mehr als 30 Anfragen von Ländern zur Aufnahme von Beziehungen oder auf Mitgliedschaft erhalten.

Dabei handelt es sich ausschließlich um bekannte Länder, die in ihren jeweiligen Regionen eine bedeutende Rolle spielen. Vielleicht wollen deren Staats- und Regierungschef, indem sie über die Zukunft ihrer Länder innerhalb der entstehenden multipolaren Weltordnung reflektieren, nicht zurückgelassen werden.

Zugleich ist wichtig, dass die BRICS-Vereinigung spezielle Mechanismen vorantreibt, um die Rolle ihrer Mitglieder und Partnerstaaten im Zuge der Behandlung von Fragen zur globalen Regierungsführung zu stärken, einschließlich zur Reform der Bretton-Woods-Institutionen, des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Das Zugeständnis adäquater Stimmrechte in diesen Institutionen für BRICS-Staaten und ihre gleichgesinnten Partner, um ihr tatsächliches wirtschaftliches Gewicht widerzuspiegeln, wird von den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten künstlich unterbunden.

Mit der Welthandelsorganisation verhält es sich ähnlich: Man unternimmt besondere Anstrengungen, um Reformen, die einer angemessenen Bewertung der tatsächlichen Wirtschaftsleistung und Handelskapazität der Länder entsprächen, zu verhindern.

Vor diesem Hintergrund fühlen sich Länder angezogen, indem innerhalb von BRICS alternative Zahlungsplattformen entwickelt werden, die es ermöglichen, Handel zu treiben, zu investieren und andere wirtschaftliche Transaktionen durchzuführen, ohne von denjenigen abhängig zu sein, die beschlossen haben, den US-Dollar und Euro als Waffe einzusetzen. Niemand möchte sich in einer solchen Lage wiederfinden. Man realisiert, dass jeder von amerikanischen oder anderen westlichen Sanktionen betroffen werden kann.

Wir werden Zeugen des Zusammenbruchs von Unternehmen, die einst im Rahmen der westlichen Globalisierung geschaffen, doch dazu angehalten wurden, zu glauben, dass fairer Wettbewerb, Unverletzlichkeit des Eigentums, freie Marktmechanismen und das Weltpatrimonium des US-Dollars ewige Werte ausmachten.

Inzwischen weiß jeder, dass dies bei weitem nicht der Fall ist: Diese Hebel und Globalisierungsmechanismen im Dienste einer rechtswidrigen Politik, werden vor allem von westlichen Ländern angewandt, um Konkurrenz mit allen Mitteln zu unterdrücken, doch ihre Hegemonie, die ihnen unter den Augen der Welt zu entgleiten droht, aufrechtzuerhalten.

Ich meine, wenn wir die Positionen der Länder, die sich für BRICS bewerben, objektiv bewerten, man folgern kann, dass dies für diese Länder wichtig sei, um ihre Zukunft zu gestalten.

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