Bisher war es ausgerechnet ein Posten namens "Europäische Friedensfazilität", über den Waffenlieferungen in die Ukraine finanziert wurden. Nun beabsichtigt die EU-Kommission nach einem Bericht der Financial Times (FT), noch andere Haushaltsposten für Rüstungsvorhaben verfügbar zu machen.
Gemeint ist damit der Europäische Kohäsionsfonds, der etwa ein Drittel der gesamten EU-Haushaltsmittel umfasst und für den Zeitraum bis 2027 329 Milliarden Euro enthält. Der eigentliche Zweck dieses Fonds besteht in der Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen den EU-Ländern, weshalb auch nur jene Länder einen Anspruch auf diese Mittel haben, deren Pro-Kopf-Sozialprodukt weniger als 90 Prozent des EU-Durchschnitts beträgt. Im laufenden Haushalt sind das Bulgarien, Tschechien, Estland, Griechenland, Kroatien, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, die Slowakei und Slowenien.
In der entsprechenden EU-Verordnung heißt es, 30 Prozent der Mittel hätten "zur Verwirklichung der Klimaschutzziele" beizutragen, und 7,5 Prozent "für Biodiversität". Die vorgesehenen Regeländerungen haben damit nicht mehr viel zu tun.
"Die Hauptstädte der Mitgliedsstaaten werden in den kommenden Wochen darüber informiert, dass sie nach den Regeln jetzt größere Flexibilität bei der Verwendung des Kohäsionsfonds haben, um ihre Rüstungsindustrie und Projekte militärischer Mobilität, wie die Verstärkung von Straßen und Brücken für die sichere Überfahrt von Panzern, zu unterstützen, erklären EU-Vertreter.
Dies schließt die Erlaubnis ein, Mittel für den Ausbau der Produktion von Waffen und Munition zu stellen, wobei das Verbot, EU-Mittel für den Kauf von Waffen zu verwenden, weiter bestehen bleibt."
Treibende Kraft bei dieser Umwidmung soll laut der FT Polen gewesen sein, das bereits jetzt 4,1 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Rüstung ausgibt (wobei man bedenken muss, dass die wirklich relevante Zahl die Quote der Rüstungsausgaben im Staatshaushalt ist; in Deutschland beispielsweise setzen sich 2,5 Prozent des BIP in etwa 25 Prozent des Bundeshaushalts um).
Das würde bedeuten, dass Mittel des EU-Haushalts, die bisher unter anderem "die sozioökonomische Integration von marginalisierten Gemeinschaften" fördern sollten, beispielsweise durch Sozialwohnungen oder barrierefreie Transportmittel, jetzt zur Subventionierung von Rüstungsbetrieben freigegeben werden.
Die Begründung, warum eine derartige Umwidmung stattfinden könne, lautet, die Staaten hätten bisher nur Bruchteile der Mittel aus dem Kohäsionsfonds abgerufen. Die FT vermutet, dass die Länder lieber Mittel aus dem COVID-19-Fonds verwendet hätten. Allerdings werden gerade diese Mittel des Kohäsionsfonds von der Kommission gerne gesperrt, um Abweichler in der EU zu sanktionieren; Polen beispielsweise hat erst seit dem Amtsantritt der Regierung Tusk wieder Zugriff darauf.
Ein weiteres, grundsätzliches Problem bei der Vergabe von EU-Mitteln liegt jedoch darin, dass sie immer nur zusätzlich finanzieren dürfen, die Staaten müssen zuerst eigene Mittel aufbringen. Was bedeutet, diese Verschiebung der Mittel des Kohäsionsfonds in den Rüstungsbereich wird gleichzeitig weitere zusätzliche Rüstungsausgaben in den jeweiligen Staaten auslösen und damit die Budgets beispielsweise für soziale Maßnahmen gleich doppelt verringern.
Der EU-Haushalt für das Jahr 2028, über den im kommenden Jahr verhandelt wird, dürfte noch mehr Mittel in den Rüstungsbereich verlagern.
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