Menschenrechtsorganisationen und netzpolitische Initiativen zeigen sich betroffen davon, dass die Ampel das Sicherheitspaket beschlossen hat. Sie kritisieren eine „neue gefährliche Dimension der Überwachung“ und „immer neue Grundrechtseinschränkungen“. Wir haben einige Reaktionen gesammelt.
Die Ampel hat heute im Bundestag mit der eigenen Mehrheit das sogenannte Sicherheitspaket beschlossen, nur einige wenige Abgeordnete der Regierungskoalition stimmten gegen das Vorhaben. Im Vorfeld hatte es Unsicherheit gegeben, ob die Mehrheit der Ampel steht, weil es vor allem bei Grünen und SPD einige Abgeordnete gegeben hatte, die nicht zustimmen wollten.
Bei Kritiker:innen des Sicherheitspakets löste die Abstimmung der Ampel Bestürzung aus. So sagte Svea Windwehr, Co-Vorsitzende des digitalpolitischen Vereins D64: „Die Koalition des Fortschritts wird zur Koalition der Überwachung. Mit dem Unsicherheitspaket bricht die Ampel den Koalitionsvertrag, das EU-Recht und die Verfassung. Als Zivilgesellschaft werden wir alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Umsetzung zu verhindern.“
„Bankrott der Ampel“
Auch der Chaos Computer Club (CCC) kritisierte in einer Stellungnahme das Gesetzespaket. Es biete keinen sinnvollen Schutz vor einer vollumfänglichen Überwachung des öffentlichen Raums oder des Internets. In einer Zeit mit starkem Rechtsdrall sollte die noch regierende Ampel das Recht, sich frei und unbeobachtet bewegen zu können, mehr denn je schützen und damit die Grundlage für eine wehrhafte Zivilgesellschaft verteidigen, heißt es von der Hacker:innenvereinigung. Dass die Ampel das Gegenteil in Gesetze gieße, sei ihr Bankrott.
Elina Eickstädt, Sprecherin des Chaos Computer Clubs, sagte: „Das nun beschlossene Sicherheitspaket zeigt, dass die Ampel entgegen ihren Versprechungen bei der Überwachung keine Grenzen zieht. Ganz nach dem Vorbild vorheriger Regierungen baut sie Bürgerrechte weiter ab und schafft mit biometrischen Massenscans eine gefährliche neue Dimension der Überwachung.“
„Immer neue Grundrechtseinschränkungen“
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Deutschland twitterte:
Pro Asyl twitterte:
Das einzig sichere am Sicherheitspaket ist, dass es mit Sicherheit gegen die Verfassung verstößt.
In einer Stellungnahme schreibt die Organisation, es sei schockierend, „dass die vermeintliche Fortschrittskoalition mit diesem Gesetzespaket sehenden Auges Grund- und Menschenrechte verletzt“. Ein rechtswidriges Gesetz würde auch durch die letzten kosmetischen Änderungen nicht rechtskonform und sicherer würde Deutschland dadurch auch nicht. Im Hinblick auf die Verschärfungen des Asylrechts sagt Tareq Alaows, der flüchtlingspolitische Sprecher von Pro Asyl: „Dieses Gesetzesvorhaben führt zu vorsätzlich herbeigeführter Wohnungslosigkeit und Verelendung bei Schutzsuchenden. Es bedeutet zudem einen fatalen Abbau des Rechtsstaates durch die Hintertür.“
„Schwarzer Tag für uns alle“
Die Datenpunks, eine neue netzpolitische Initiative aus Bielefeld, schrieben auf Mastodon:
Die heutige Verabschiedung des Sicherheitspakets ist ein Kniefall vor Populismus, Panikmache und rechten Hetzern. Die damit verbundene, weitere allgemeine Diskursverschiebung nach rechts kann selbst das Bundesverfassungsgericht nicht verhindern, sollte es das Paket oder Teile davon kassieren. Gleichzeitig werden einer zukünftigen, möglicherweise offen rechten Regierung in vorauseilendem Gehorsam die Werkzeuge für eine noch repressivere Politik bereitgelegt.
Heute sei ein „schwarzer Tag für uns alle, auch wenn große Teile der Bevölkerung das (noch) anders sehen“.
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