Neues aus dem Fernsehrat (109): Digitale Potenziale für eine Demokratisierung des medialen „Service public“

Der Beitrag öffentlich-rechtlicher Medien zu demokratischer Öffentlichkeit und Gesellschaft darf im Zeitalter digitaler Plattformen nicht alleine anhand ihrer Inhalte beurteilt werden. Vielmehr gilt es sie auch als Dienstleister eines grenzüberschreitenden, gemeinwohlorientierten Ökosystems zu verstehen. Eine Analyse für die Eidgenössische Medienkommission EMEK.

Neue Aufgaben für öffentlich-rechtliche Medien im Zeitalter digitaler Plattformöffentlichkeiten CC-BY 4.0 Erstellt mit DALL-E 2

Die Serie „Neues aus dem Fernsehrat“ beleuchtet seit dem Jahr 2016 die digitale Transformation öffentlich-rechtlicher Medien. Hier entlang zu allen Beiträgen der Reihe.

Die Eidgenössische Medienkommission EMEK ist eine unabhängige außerparlamentarische Expertenkommission des Schweizer Bundesrats mit der Aufgabe, die schweizerische Medienlandschaft zu beobachten, zu analysieren und Empfehlungen zu ausgewählten Fragen abzugeben. Sie hatte mich damit beauftragt, digitale Potenziale für die Weiterentwicklung von öffentlich-rechtlichen Medien – in der Schweiz auch bezeichnet als ‚Service-public Medien‘ – zu skizzieren.

Das Ergebnis ist unter dem Titel „Digitalisierung als Demokratisierung“ seit heute auf der Webseite der EMEK frei im Volltext zugänglich. Im Folgenden die Zusammenfassung als Appetizer dafür, einen Blick in die Langfassung zu werfen:

Es dient der Vielfalt und Qualität demokratischer Öffentlichkeit in einer offenen Gesellschaft, wenn nicht einzelne Medien(typen) mit ihren jeweils spezifischen Abhängigkeiten dominieren, sondern sich unterschiedliche Medien(abhängigkeiten) mit relevanter Reichweite wechselseitig kontrollieren. Neben privaten, primär profitorientierten Medien(plattformen) leisten öffentlich-rechtliche bzw. Service-public-Medien deshalb auch im Zeitalter digitaler Plattformöffentlichkeit einen Beitrag zu Medienvielfalt und demokratischer Öffentlichkeit, sofern es ihnen (1) gelingt ihren demokratischen Auftrag in zeitgemäße mediale Alltagspraxis zu übersetzen, sowie (2) mit ihren Angeboten relevante Reichweiten erzielen.

Die digitale Transformation von Service-public-Medien ist damit Herausforderung und Chance zugleich: öffnen sie sich und ihre Kommunikationsinfrastruktur dem Publikum und anderen gemeinnützigen und, in bestimmten Bereichen, auch kommerziellen Medien gegenüber, bieten sie nicht nur eine Ausweichroute zu großen kommerziellen Plattformen, sondern es eröffnen sich auch neue digitale Demokratisierungspotenziale. Voraussetzung dafür ist jedoch, etablierte kommerzielle Angebote nicht einfach zu kopieren, sondern Online-Angebote zu bauen, die den demokratischen Auftrag in digitale Plattformtechnik gießen, beispielsweise durch Etablierung alternativer, vielfaltsfördernder Algorithmen jenseits von profitgetriebener Engagement-Logik.

Einher mit der Öffnung öffentlich-rechtlicher Portale für Drittinhalte gehen neue Aufgaben und Rollen für Service-public-Medien, wie die Kuratierung von Public-Value-Inhalten aus dem unüberschaubar großen Angebot frei verfügbarer Online-Inhalte oder die Gestaltung und Moderation von digital-öffentlichen Diskursäumen in Erfüllung des Auftrags, zu demokratischer Meinungsbildung beizutragen.

Diese neuen Aufgaben erfordern den Aufbau einer neuen digitalen Distributionsinfrastruktur. Insoweit diese auf Basis offener Standards, Protokolle und Software entwickelt und betrieben wird, birgt sie das Potenzial für Digitalen Public Value jenseits programmlich-inhaltlicher Angebote: Offene Software ermöglicht Kooperation – auch im Europäischen Rahmen – ohne aufwändige (Vor-)Abstimmungsprozesse oder starke wechselseitige Abhängigkeiten.

Im Ergebnis gilt es demnach Auftragserfüllung von Service-public-Medien nicht nur anhand inhaltlich-programmlicher Angebote, sondern auch anhand ihres Beitrags zu einem (potenziell grenzüberschreitenden), gemeinwohlorientierten Medienökosystem zu beurteilen; ein Medienökosystem in dem öffentlich-rechtliche Medien neue Aufgaben wie Infrastruktur-Provider oder Kurator übernehmen und sich gleichzeitig als ermöglichender – aber nicht determinierend steuernder – Akteur in einem heterarchischen und offenen Netzwerk verstehen.

Zur Langfassung der Analyse auf der Webseite der EKEM hier entlang.


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