Auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin beschlossen Bund und Länder den Staatsvertrag für das National Once Only Technical System. Damit wollen sie die technische Infrastruktur schaffen, um Registermodernisierung und Verwaltungsdigitalisierung anzuschieben.
Neben den großen Themen Rundfunk-Beiträge und Migrationspolitik stand bei der Ministerpräsidentenkonferenz die Digitalisierung der Verwaltung auf der Agenda. Dabei ging es um nichts weniger als die neue „Datenautobahn“, so die Einschätzung der Senatskanzlei Hamburg auf Anfrage von netzpolitik.org. Die Rede ist vom sogenannten National-Once-Only-Technical-System, kurz NOOTS. Über das System sollen Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen Daten untereinander austauschen können. Gestern beschlossen Bund und Länder den dazugehörigen Staatsvertrag.
Vorgabe für das NOOTS ist die EU-Verordnung zum Single-Digital-Gateway und das europäische Once-Only-Technical-System (EU-OOTS). Nach dem Once-Only-Prinzip sollen Bürger:innen und Unternehmen der Verwaltung ihre Daten ein einziges Mal übermitteln und nicht stets erneut angeben müssen. Stattdessen können sie den Behörden erlauben, die Daten in den Registern abzufragen, ohne Bürger:innen und Unternehmen zu involvieren. Der Staatsvertrag ist die Voraussetzung für grenzüberschreitende Nachweisabrufe innerhalb der EU.
Dafür wollen Bund und Länder eine IT-Infrastruktur aufbauen, in der alle öffentlichen Stellen unabhängig vom Ressort und ebenenübergreifend Daten und Nachweise abrufen können. Eine Schwierigkeit ist die dezentrale Organisation von Datenbeständen der deutschen Verwaltung. Zum NOOTS sollen laut Architektur-Zielbild für das Jahr 2025 Komponenten wie die Registerdaten-Navigation, das Identitäts- und Zugangsmanagement für Behörden sowie das Identitätsmanagement für Personen und das Datenschutzcockpit gehören. Gerade letzteres kritisieren Fachleute massiv.
Verteilen von Aufgaben und Kosten
Den Betrieb des NOOTS soll das Bundesverwaltungsamt übernehmen, das dabei auf einen öffentlichen IT-Dienstleister setzen wird. Zudem wird das Bund-Länder-Gremium, der IT-Planungsrat, eine Steuerungsgruppe NOOTS einrichten. Die soll über Anschlussbedingungen, Betrieb und Weiterentwicklung der technischen Infrastruktur entscheiden.
Finanzieren werden das Mammutprojekt Bund und Länder gemeinsam. Für die Jahre 2025 und 2026 greifen sie dabei zu hundert Prozent auf das Budget für die Föderale IT-Kooperation (FITKO) zu, ab 2027 wollen sie 53,4 Prozent der Gesamtkosten mit Mitteln aus dem FITKO-Budget decken, 46,6 Prozent soll der Bund tragen. Wie hoch die Kosten für das NOOTS ausfallen werden, ist jedoch noch nicht absehbar, wie etwa Brandenburg anmerkt.
Dass der Bund sich an der Finanzierung mit gut 47 Prozent beteiligen will, begrüßen vor allem Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Gleichzeitig kritisieren die Länder, wie die Koordination der Zuständigkeiten im Staatsvertrag festgeschrieben ist. Die vorgegebenen Entscheidungswege seien „zu aufwändig“ und könnten „die Umsetzung des NOOTS im Weiteren unnötig verzögern“. Was im Einzelnen damit gemeint ist, ist noch unklar, da der Text des Staatsvertrages noch nicht veröffentlicht ist.
Warum überhaupt ein Staatsvertrag?
Für das NOOTS braucht es eine Rechtsgrundlage, entweder als Änderung des Grundgesetzes oder als Staatsvertrag. Denn grundsätzlich enthält das Grundgesetz ein Verbot der Mischverwaltung, die Bundes- und Landesverwaltungen arbeiten eigenständig und auch die Verwaltungszuständigkeiten sind voneinander getrennt.
Zwar ist im Grundgesetz angelegt, dass Bund und Länder für den Aufbau gemeinsamer informationstechnischer Systeme miteinander kooperieren. Die Ausgestaltung der Zusammenarbeit für das NOOTS erfolgt jedoch erst ausschließlich durch den Staatsvertrag. Im Gespräch war noch im Sommer eine Grundgesetzänderung, damit der Bund die alleinige Kompetenz für den Betrieb des NOOTS erhält. Dafür gab es im Bundestag jedoch keine Mehrheiten.
Damit der Staatsvertrag in Kraft tritt, müssen die Bundesregierung und die Länder ihn noch förmlich zeichnen. Und die Landesparlamente sowie der Bundestag müssen ihn noch ratifizieren.
Die Arbeit von netzpolitik.org finanziert sich zu fast 100% aus den Spenden unserer Leser:innen.
Werde Teil dieser einzigartigen Community und unterstütze auch Du unseren gemeinwohlorientierten, werbe- und trackingfreien Journalismus jetzt mit einer Spende.
Meist kommentiert