Die Kanzlerakte - USA haben deutsche Souveränität immer verhindert
IZ History - Deutsche Kanzler blieben immer untergeordnete Befehlsempfänger fremder Mächte
Den meisten Menschen ist es nicht bewußt, dass Deutschland seit 1949 nie wirklich ein souveräner Staat war.
Jürgen Meyer IZ 08.01. 2025
Die Vorbehaltrechte der USA und weiterer Alliierter wurden zunächst in der geheimen Kanzlerakte festgeschrieben.
Seit dem Nato-Statut von 1955 wurden diese Vorbehaltsrechte der Alliierten zudem in geheimen Zusatzabkommen geregelt, wie der Historiker Foschepoth beispielsweise enttarnt hat.
Die Kanzlerakte
Egon Bahr und General G.H. Komossa MAD
In dem Buch des Generals Gerd-Helmut Komossa, ehemaliger Amtschef des MAD also des Militärischen Abschirmdienstes der Bundesrepublik ist nachzulesen, was dieser zu der Kanzlerakte zu sagen hatte:
Zitat: ".....Der Geheime Staatsvertrag vom 21. Mai
1949 wurde vom Bundesnachrichtendienst unter "Strengste Vertraulichkeit“ eingestuft.
In ihm wurden die grundlegenden Vorbehalte der Sieger für die Souveränität der Bundesrepublik bis zu
Jahre 2099 festgeschrieben, was heute wohl kaum jemandem bewußt sein dürfte.
Danach wurde einmal "der Medienvorbehalt der alliierten Mächte über deutsche Zeitungs- und
Rundfunksmedien“ bis zum Jahre 2099 fixiert. Zum anderen wurde geregelt, daß jeder
Bundeskanzler Deutschlands auf Anordnung der Alliierten vor Ablegung seines Amtseides die
sogenannte "Kanzlerakte“ zu unterzeichnen hatte.
Darüber hinaus blieben die Goldreserven der Bundesrepublik durch die Alliierten gepfändet.
Dessen ungeachtet erhielt die Bundesrepublik Deutschland einen kleinen Teil ihrer Souveränität zurück,
aber eben nur einen Teil.
Eben nur soviel, wie es für die Begründung der Aufstellung deutscher
Truppenverbände bedurft hatte........“
Zitatende Egon Bahr
"Lebenslüge der Bundesrepublik" Lange galt sie als Verschwörungstheorie:
Die"Kanzlerakte" ein geheimer alliierter Machtvorbehalt, den die Bundeskanzler zu unterzeichnen
hatten. Inzwischen bestätigt Egon Bahr deren Existenz Von einem "Unterwerfungsbrief“ sprach
Willy Brandt und lehnte eine Unterzeichnung zunächst empört ab: "Schließlich sei er zum
Bundeskanzler gewählt und seinem Amtseid verpflichtet.
Die Botschafter (der Alliierten) könnten ihn wohl kaum absetzen! Da mußte er sich belehren
lassen, daß schon Adenauer diese Briefe unterschrieben hatte und danach Erhard und danach
Kiesinger.
"So schilderte es Egon Bahr 2009 in der "Zeit" und machte damit erstmals die Existenz
der sogenannten "Kanzlerakte " öffentlich.
Die deutsche Karte - Gerd-Helmut Komossa,
Ares Verlag, ISBN: 978-3-902475-34-3
https://www.zeit.de/2009/21/D-Souveraenitaet
Dann nahm Egon Bahr zum zweiten Mal dazu in einer Zeitung Stellung:
In der ‚Zeit‘ habe ich geschildert, wie dem frisch gewählten Bundeskanzler Willy Brandt bei
Amtsantritt "drei Briefe" an die Botschafter der Westmächte zur Unterschrift vorgelegt wurden.
Damit sollte er zustimmend bestätigen, was die Militärgouverneure in ihrem
Genehmigungsschreiben zum Grundgesetz vom 12. Mai 1949 an verbindlichen Vorbehalten
gemacht hatten.
Als Inhaber der unkündbaren Siegerrechte für Deutschland als Ganzes und Berlin hatten sie
diejenigen Artikel des Grundgesetzes suspendiert, also außer Kraft gesetzt, die sie als
Einschränkung ihrer Hoheit verstanden.
Willy Brandt war empört.
Zum einen darüber, daß man dem früheren Regierenden Bürgermeister
damit unterstellte, er wüsste nicht, was die Vorbehaltsrechte der drei Mächte für Berlin (West) seit
der Gründung der Bundesrepublik bedeutet haben. Zum anderen hat er sich immer auf seine
demokratische Wahl bezogen und dieses Mandat über dem der weisungsgebundenen
Stadtkommandanten empfunden.
Vor allem hat es ihn empört, weil er als Bundeskanzler zuerst seinem Amtseid verpflichtet ist.
Die Beamten haben ihn darauf hingewiesen, daß Adenauer diesen Brief vor der Genehmigung des
Grundgesetzes durch die drei Militärgouverneure unterschrieben hatte, was dann Erhard und Kie
singer wiederholt hatten. Dann könne er das auch machen, entschied Brandt.
Helmut Schmidt konnte sich nicht erinnern, einen entsprechenden Brief vorgelegt bekommen zu
haben. Das bedeutet aber nicht, dass nicht auch er diesen Brief unterschrieben hat.
Kohl habe ich nicht gefragt. Nachdem ich die Leitung des Planungsstabes im Auswärtigen
Amt 1967 übernommen und gefragt habe, welche Papiere zur Regelung der Deutschen Einheit
existierten, erhielt ich zur Antwort: Keine. Das ist nicht unsere Kompetenz.
Außerdem war Brandt bewußt, dass seit dem Bau der Mauer, der im still schweigenden Konsens
der vier Sieger vollzogen worden war, Versuche, Risse in diese zu bekommen, nur unterhalb dieser
Siegerrechte denkbar waren.
Als menschliche Erleichterungen genehmigten alle Vier die
Verhandlungen der beiden deutschen Seiten und ihr Ergebnis, die Passierscheine.
Niemand ahnte damals, dass aus der Wahrnehmung deutscher Interessen in der ehemaligen
Hauptstadt allmählich ein Riesengebäude der Ost- und Entspannungspolitik werden würde.
Sie existierte und lebte nur von ihrer klaren Unterordnung und der Respektierung für die unkündbaren
Rechte der vier Siegermächte.
In der Tat: Seit der Zementierung der Teilung Berlins war auch der Status quo Deutschlands und
Europas vollzogen.
Keine Regierung hat danach noch einen Schritt in der deutschen Frage
unternommen, auch nicht die Bundesregierung oder die drei Mächte. Alle begnügten sich mit der
vielfältigen Wiederholung, dass die Wiedervereinigung ihr Ziel bliebe. Wir hatten natürlich auch
nicht den geringsten Schimmer einer Ahnung, dass daraus schließlich 1972 das Vier-Mächte-
Abkommen für Berlin erwachsen würde.
Dieser Markstein der Nachkriegsgeschichte war der Augenblick, als die vier Mächte nur mit den
beiden deutschen Regierungen diesen Vertrag in Kraft setzen konnten.
Das Modell Vier plus Zwei, aus dem 17 Jahre später das Modell Zwei plus Vier wurde. Die Vier konnten gar nicht mehr anders,
als am 15. März 1991 die Souveränität, die mit der bedingungslosen Kapitulation des Reiches am 8.
Mai 1945 untergegangen war, dem kleineren Deutschland zurückzugeben.
Seit diesem völkerrechtlichen Akt, nicht dem staatsrechtlichen Tag der Einheit am 3. Oktober 1990,
gibt es nur noch ein Relikt der deutschen Teilungsjahrzehnte: In der Charta der vereinten Nationen
existieren noch immer die Feindstaatenartikel, nach denen die Sieger im Falle eines Falles ihre
Rechte über Deutschland aktivieren können.
Die BRD und die DDR mussten einen Brief, den ich mit DDR-Staatssekretär Michael Kohl
abgestimmt habe, an unsere jeweiligen Großen oder Freunde schreiben, dass auch durch Beitritt
der beiden Staaten die Siegerrechte nicht erlöschen. Aber das spielt keine Rolle mehr, weil die Vier
versichert haben, sie würden sich darauf nicht mehr berufen und die Charta seit ihrem Bestehen
nicht verändert wurde und die Büchse der Pandora geöffnet würde, falls man auch nur in einem
Punkte damit beginnen würde.
Dass über die geschilderten Realitäten geschwiegen wurde, hat einen einfachen Grund.
Es war eine der Lebenslügen der alten Bundesrepublik, 1955 mit dem Beitritt zur Nato zu behaupten, wir
wären souverän geworden.
Im obersten Ziel der Einheit der Nation waren wir es nie.
Die
Bundesregierung und die drei Westmächte hatten 1955 dasselbe Interesse: Über die fortdauernde
Einschränkung der deutschen Selbstbestimmung nicht zu sprechen.
EGON BAHR
Junge Freiheit 14. Okt. 2011
Vorher hatte sich der deutsche Historiker Foschepoth aus Freiburg mit der Frage der Souveränitätsrechte seit 1949 beschäftigt.
Im Post und Fermeldegeheimnis liegt ein Schlüssel zur Erkenntnis. So wurden in der BRD Millionen Postsendungen aus der DDR von staatlicher Seite entfernt. Foschepoth schreibt u.a.:
Im Folgenden beschreibt der Redner einige Etappen und Zäsuren der Geschichte der Überwachung, die er in seiner Untersuchung ausmachen konnte:
1951-1968: Während dieser Zeit seien ca. 100 Mio. Postsendungen aus der DDR einbehalten worden. Briefe seien z.T. kopiert und dann zur weiteren Analyse in die USA geschickt worden. Insgesamt sei 80% der Post, die aus der DDR in die Bundesrepublik geschickt wurde, aussortiert worden. Westlich der Mauer, die die DDR von der Bundesrepublik trennte, habe es eine zweite westliche „Mauer“ gegeben, über die keine verdächtigen Postsendungen aus der DDR in den Westen gelangen sollten. Entlang der Linie Hamburg, Hannover, Bad Hersfeld und Hof gab es sog. Aussonderungsstellen, an denen die eingehende Post aus der DDR kontrolliert und zum größten Teil aus dem Verkehr gezogen und vernichtet wurde. Das Verfahren habe „mit Rechtspflege nichts mehr zu tun“ gehabt, wie es in einem Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts Celle an den Bundesjustizminister hieß. Geändert hat sich jedoch bis 1968 an dieser rechtswidrigen Praxis nichts.
Ein wichtiges Jahr für die Post- und Telefonüberwachung war das Jahr 1955, als die Bundesrepublik mit Inkrafttreten des Deutschlandvertrags eine beschränkte Souveränität erhielt. „Beschränkt“ insofern, als alliiertes Besatzungsrecht auch nach dem „Tag der Souveränität“ (Adenauer) in Form sog. „Vorbehaltsrechte“ weiter galt. Dies betraf zum einen den Status von Berlin, Deutschland als Ganzes und das Recht der Siegermächte Truppen in Deutschland zu stationieren. Zum andern - und das ist völlig neu – schlug Bundeskanzler Adenauer höchstpersönlich den Besatzungsmächten bei den Verhandlungen über die Westverträge im Oktober 1954 in Paris vor, die alliierten Vorbehaltsrechte durch „Sicherheitsvorbehalte“ zu erweitern, wozu auch das Recht auf Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs in der Bundesrepublik gehörte, bis ein deutsches Gesetz alliiertes Recht ablösen würde.
Die Erweiterung der alliierten Vorbehaltsrechte wurde natürlich nicht in die offiziellen Verträge aufgenommen, sondern in geheimen Zusatzvereinbarungen geregelt, die erst jetzt durch die Forschungen von Foschepoth allgemein bekannt geworden sind. Mit seiner Taktik hatte Adenauer nicht nur den Deutschen Bundestag umgangen, sondern auch das Grundgesetz schwer beschädigt. Die beschränkte Souveränität war somit durch einen schweren Verfassungsbruch erkauft worden. Mehr noch: Der Verfassungsbruch von 1954 wurde, da mit der Ratifizierung der Verträge auch sämtliche Zusatzvereinbarungen - geheim oder nicht geheim - völkerrechtlich verbindlich wurden, die Geburtsstunde des westdeutschen Überwachungsstaates. Die Besatzungsmächte ließen nämlich keinen Zweifel daran, dass sie auf ihren Überwachungsvorbehalt nur verzichten würden, wenn ihnen ein deutsches Gesetz die Beibehaltung ihrer bisherigen Befugnisse erlaubte. So geschah es1968.
1968-1990: Mit dem „G 10 Gesetz“ zur Einschränkung des Post- und Telefongeheimnisses erhielt die Bundesrepublik 1968 ihr erstes Überwachungsgesetz. Zum einen wurde in der Tat die bisherige gesetzlose und verfassungswidrige Praxis auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Zum andern stand das G 10-Gesetz jedoch unter dem Diktum der Alliierten, die bisherige Überwachungspraxis in vollem Umfang beizubehalten. Alliiertes Recht musste mit anderen Worten in deutsches Recht überführt werden, das den drei Westmächten auch in Zukunft alle Formen und Möglichkeiten der Überwachung offen hielt.
Eine solche Regelung, die alliiertes Recht nur formell ablöste, faktisch jedoch bestätigte, stand natürlich wiederum unter striktem Geheimhaltungsgebot. Um das für alle Zukunft zu sichern, musste das Grundgesetz geändert werden. Deshalb steht bis heute in Artikel 10, das derjenige, der aus nachrichtendienstlichen Gründen überwacht wird, keinen Anspruch hat, darüber informiert zu werden. Gleichzeitig wurde - ein Unding für einen Rechtsstaat – die Beschreitung des Rechtsweges ausgeschlossen. Mit dieser Regelung war die Gewaltenteilung faktisch aufgehoben, wie renommierte Staatsrechtler kritisierten. Diese massive Einschränkung des Rechtsstaates ist bis heute nicht aufgehoben, sondern sukzessive weiter entwickelt und verschärft worden. Sie geht im Kern auf alliiertes Recht zurück.
1990 bis heute: Auch der Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 hat an diesem Umstand nichts geändert. Sämtliche Verträge und Vereinbarungen, Gesetze und Verfassungsänderungen, die Grundlage für die Fortführung der alliierten Kontrollen waren und sind, wurden weder geändert, noch gekündigt, sondern gelten bis heute unverändert fort. Hierzu zählt auch die bislang geheim gehaltene deutsch-alliierte Verwaltungsvereinbarung zum G 10 Gesetz von 1968, die im Detail die künftige deutsch-alliierte Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Überwachung regelte. Diese Vereinbarung wurde ebenfalls von Foschepoth entdeckt und in seinem Buch zum ersten Mal veröffentlicht.
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