Polizeien sollen Menschen in Fahrzeugen nach einem Grenzübertritt ohne zusätzliche Genehmigungen überwachen dürfen. Deutschland, Frankreich und die Niederlande fordern dazu eine Reform der Europäischen Ermittlungsanordnung.
Deutschland regt zusammen mit Frankreich und den Niederlanden eine Reform der Europäischen Ermittlungsanordnung (EEA) an, um das grenzüberschreitende Abhören von Personen in Fahrzeugen und das Verfolgen mit GPS-Trackern zu erleichtern. Ein gemeinsam an die EU-Staaten gerichtetes sogenanntes Non-Paper schlägt vor, die 2016 in Kraft getretene Richtlinie zu ändern, um die Zusammenarbeit bei der Überwachung von Straftäter*innen über Landesgrenzen hinweg effizienter zu gestalten. Damit könnten Ermittler*innen Abhörgeräte in Fahrzeugen weiterhin nutzen, wenn diese in andere EU-Staaten fahren, ohne aufwendige Genehmigungsverfahren in jedem betroffenen Land durchlaufen zu müssen.
Die 2014 beschlossene Europäische Ermittlungsanordnung ist ein Kerninstrument der grenzüberschreitenden justiziellen Zusammenarbeit unter den 27 EU-Mitgliedern und wurde ursprünglich entwickelt, um Beweismittel innerhalb der EU schneller und effizienter auszutauschen. Sie regelt, wie ein Mitgliedstaat von einem anderen die Durchführung bestimmter Ermittlungsmaßnahmen verlangen kann, etwa die Vernehmung von Zeug*innen oder die Herausgabe von Dokumenten. Möglich ist auch, die Überwachung von Telefonen oder den Einsatz von Staatstrojanern in einem anderen EU-Staat anzuordnen. Die EEA trifft aber keine Regelung zur Fortsetzung der Maßnahmen, nachdem die Betroffenen eine Binnengrenze zu einem anderen Schengen-Staat übertreten.
Polizei sieht Lücken in Rechtslage
Die aktuelle Rechtslage sieht vor, dass Maßnahmen wie die Telekommunikationsüberwachung auch in anderen Mitgliedstaaten fortgesetzt werden können, sofern keine technische Unterstützung durch das Gastland erforderlich ist. Diese Regelung fehlt jedoch bislang für das GPS-Tracking und das Abhören von Gesprächen in Fahrzeugen.
In der Praxis führt dies zu Problemen, wie etwa der Fall des Österreichers Julian Hessenthaler nach der „Ibiza-Affäre“ gezeigt hat: Wenn ein verdächtiges Fahrzeug während einer Überwachung die Grenze überquert, müssen die Ermittler*innen im neuen Land eine separate Genehmigung beantragen oder die Maßnahme abbrechen.
Um diese Lücke zu schließen, schlagen die drei Länder eine Ergänzung der EEA vor. Das hierzu unter Beteiligung des deutschen Innenministeriums erstellte Papier hat die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch veröffentlicht. Ein neuer Artikel 31a könnte es demnach ermöglichen, dass ein Mitgliedstaat die Überwachung nahtlos fortführt, wenn ein Fahrzeug in ein anderes EU-Land einreist. Der betroffene Staat müsste lediglich informiert werden und hätte die Möglichkeit, die Maßnahme zu stoppen, falls sie gegen nationales Recht verstößt.
Zustimmungspflicht soll entfallen
Das grenzüberschreitende GPS-Tracking ist bereits in Artikel 40 des Schengener Abkommens geregelt, allerdings unter strengeren Bedingungen als in der EEA. Mit der neuen Initiative soll diese Begrenzung auf bestimmte Straftaten und die Zustimmungspflicht des ersuchten Staates innerhalb von fünf Stunden deshalb entfallen. Die EEA-Richtlinie erfordert keine vorherige Zustimmung, sondern lediglich das Prinzip „kein Widerspruch“.
Mit dem von Deutschland, Frankreich und den Niederlanden vorgeschlagenen Verfahren bliebe die Souveränität der einzelnen Länder für polizeiliche Maßnahmen und Eingriffe gewahrt. Die Initiative ist Teil eines größeren Ausbaus von EU-Instrumenten zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität. Die Kommission hatte bereits in einem für die Jahre 2021 bis 2025 veröffentlichten Strategiepapier darauf hingewiesen, dass transnationale Verbrechen ein koordiniertes Vorgehen erforderten. Allerdings gehen diese Maßnahmen auch mit weiteren Eingriffen in die Privatsphäre einher.
Der Rat der EU hat die Mitgliedstaaten in einem weiteren Dokument nach ihrer Meinung zu möglichen Änderungen der EEA-Richtlinie gefragt. Die tschechische Regierung schlägt vor, die Empfehlung zur Überwachung zu erweitern, damit sie nicht nur Fahrzeuge, sondern auch Telefone und Server einbezieht. Grenzüberschreitende Überwachungsmaßnahmen könnten beispielsweise auch Flugzeuge betreffen, heißt es in einer Stellungnahme.
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