Ein Eigentor bei der Fußball-EM als Sinnbild für die Illusionen des Westens

Von Argus Schreitens

Es ist Samstag, der 22. Juni. Im Dortmunder Signal-Iduna-Park läuft gerade die 28. Spielminute. Die türkische Mannschaft hat in ihrem Vorrundenspiel gegen Portugal gerade einen harmlosen Angriff der Portugiesen kurz vor dem Strafraum locker abgefangen.

Dann passiert etwas Unerwartetes. Der türkische Verteidiger Samet Akaydin spielt einen Rückpass auf seinen Torhüter Altay Bayindir – doch der Ball rollt an dem aus dem Tor gelaufenen Torhüter vorbei.

Bayindir sprintet dem Ball noch verzweifelt hinterher, aber weder er noch der herbeigeeilte Verteidiger Zeki Celik schaffen es, den Ball rechtzeitig zu klären. Es steht 2:0 für Portugal, das schon in der 21. Minute durch Bernardo Silva in Führung gegangen war.

Es war zweifelsohne das kurioseste Eigentor der bisherigen Fußball-EM, bei der es ungewöhnlich viele Eigentore gab. Ganze siebenmal trafen Mannschaften schon ins eigene Netz. Der Rekord ist allerdings noch nicht gebrochen – bei der Europameisterschaft 2021 gab es sogar elf Eigentore.

"Warum stehst du nicht da, wo ich dachte, dass du stehst?"

Interessant an dem türkischen Eigentor vom vergangenen Samstag ist jedoch nicht, dass es die Türken geschossen haben. In diesem Beitrag soll es vielmehr darum gehen, wie dieses Tor fiel. Und warum es deswegen als ein Sinnbild für die Russlandpolitik des Westens taugt.

Wer sich die Szene aus der 28. Minute genau anschaut, wird feststellen, dass Akaydin den fatalen Rückpass zu seinem Torhüter "blind" spielt. Das heißt: Er hebt nicht den Kopf, sondern schaut nur auf den Ball an seinem Fuß. Er kann also gar nicht sehen, dass sein Torwart Bayindir schon aus seinem Kasten gekommen ist.

Schon in der G-Jugend bekommt jeder Spieler von seinem Trainer eingebläut, dass man den Kopf heben muss, bevor man einen Pass spielt. Fußball ist ähnlich strategisch wie Schach (daher auch die Bezeichnung "Rasenschach"), der Unterschied ist hingegen, dass sich die "Spielfiguren" beim Fußball in permanenter Bewegung befinden. Einmal nicht hingeguckt – und schon ist das Desaster da.

Akaydin guckt also nicht, spielt den Rückpass, und, besonders bemerkenswert, beschwert sich nach dem Eigentor sogar noch bei seinem Torwart – ganz im Sinne: "Ja, warum stehst du nicht da, wo ich dachte, dass du stehst?".

Oder anders ausgedrückt: In der Vorstellungswelt von Akaydin stand der Torwart bei seinem Rückpass noch im Tor, was aber nicht der Realität entsprach.

Ob Bayindir in dieser Szene wirklich aus dem Tor kommen musste, kann man diskutieren, ist aber für diesen Beitrag nicht von Belang.

Westen "spielt seinen Stiefel runter"

Interessant ist vielmehr, dass Akaydin partout nicht wahrhaben wollte, dass sein Torwart nicht da stand, wohin er ihn imaginiert hatte. Kommt Ihnen diese Realitätsverweigerung, und nichts anderes ist es ja, irgendwie bekannt vor, verehrte Leser?

Richtig, auch der Westen hebt nicht den Kopf und imaginiert sich in puncto Russland so einiges zurecht. Moskau werde den Konflikt in der Ukraine verlieren, wenn man nur genug (und die richtigen) Waffen schicke, ist zum Beispiel eine der Lieblingsillusionen des Westens.

Oder dass der Konflikt in der Ukraine "gänzlich unprovoziert von Russland begonnen wurde". Oder auch, dass noch mehr Sanktionen das Blatt wenden werden. Die Liste ließe sich beliebig verlängern.

Statt den Kopf zu heben und sich den Realitäten zu stellen, hält der Westen stur an seinen Narrativen fest und spielt, um es in der Fußballsprache auszudrücken, einfach "seinen Stiefel runter".

Er will nicht sehen, dass Russland mit kühlem Kopf in diesem Konflikt die Oberhand behält. Er will auch nicht sehen, dass auf der globalen Skala, immer mehr Länder der vermeintlich "regelbasierten Ordnung" des Westens den Rücken kehren.

Das Ergebnis dieser "Realitätsblindheit" ist ein Eigentor nach dem anderen.

Es gibt nicht wenige, die meinen, dass dies mit Absicht geschieht. Das der Westen diesen Konflikt mit Russland braucht. Dass er ihn am Laufen halten muss, ganz egal wie sich die Realität in der Ukraine und in Russland darstellt.

Doch das mögen andere kommentieren und analysieren. Wir schauen stattdessen gespannt auf das letzte Gruppenspiel der Türken gegen Tschechien.

Vielleicht schaffen sie doch noch den Einzug in Achtelfinale – wenn Akaydin diesmal den Kopf hebt.

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