Crypto Wars: Europol-Attacke gegen Verschlüsselung

In einem Bericht zum Thema Verschlüsselung gibt sich Europol wissenschaftlich, hat aber eine klare Agenda: Die europäische Polizeibehörde möchte Zugang zu verschlüsselten Informationen.

Mann mit Brille im Comicstyle schaut auf etwas, Zahlen im Hintergrund
Gegen Verschlüsselung entfalten Sicherheitsbehörden derzeit eine rege Aktivität. (Symbolbild) – Public Domain generiert mit Midjourney

In der Europäischen Union wird derzeit innenpolitisch aus allen Rohren gegen Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschossen. Während die Pläne für eine verpflichtende Chatkontrolle immer noch nicht vom Tisch sind und eine von Sicherheitsbehörden dominierte Expertengruppe im Auftrag der EU-Kommission Hintertüren gegen Verschlüsselung fordert und das von den Mitgliedstaaten goutiert wird, legt jetzt der EU Innovation Hub for Internal Security von Europol mit einem Bericht zum Thema Verschlüsselung (PDF) nach.

„Ziel ist es, eine konstruktive Diskussion über Verschlüsselung voranzutreiben und eine ausgewogene Lösung zum Schutz des Einzelnen und der Gesellschaft vor böswilligen Akteuren zu finden“, heißt es in der Zusammenfassung. Gemeint ist damit nach Ansicht von Europol auch, dass der „Zugang zu verschlüsselter Kommunikation und deren Zulässigkeit als Beweismittel in Gerichtsverfahren“ gewährleistet sein muss.

Der Bericht hebt hervor, dass „ein Rahmen für den Zugang zu verschlüsselter Kommunikation in der EU immer mehr Gestalt“ annehme. Es bleibe eine ständige Herausforderung, ein Gleichgewicht zwischen individueller Privatsphäre und kollektiver Sicherheit zu finden. Der Schlüssel zum Erfolg liegt laut dem Europol-Bericht in der Förderung des Dialogs sowie der Zusammenarbeit und der Innovation.

Privatsphäre-Features im Visier

Als Probleme benennt der Bericht die immer weitere Verbreitung von Verschlüsselung und von Technologien, bei denen die Dienstleister die Daten ihrer Nutzer:innen gar nicht kennen würden. Auch scheint Europol ein Dorn im Auge zu sein, dass Meta mittlerweile in seinem Messenger standardmäßig Verschlüsselung und Apple seinen Kund:innen mit Private Relay standardmäßig eine Art VPN anbiete. Diese beiden Unternehmen werden im Bericht explizit genannt.

Auch die Standards bei der Telefonie wie 5G sieht Europol als Problem an, weil Ende-zu-Ende-Verschlüsselung das Abhören erschwere. Hier empfiehlt der Bericht, dass sich Sicherheitsbehörden bei der Setzung des 6G-Standards wieder stärker beteiligen, um Zugang zu erhalten. Die Beteiligung an Normierungsgremien, um Überwachung zu gewährleisten, war jüngst auch von der Going-Dark-Expertengruppe empfohlen worden. Hoffnung setzt Europol auch in das E-Evidence-Paket, weil es Zugang zu digitalen Informationen bei grenzüberschreitenden strafrechtlichen Ermittlungen und Verfolgungen ermögliche, auch wenn Verschlüsselung dort (noch) nicht Thema sei.

Chatkontrolle war nur ein erster Versuch

Die umkämpfte Chatkontrolle nennt der Bericht als ein Beispiel, wie Verschlüsselung mittels Client-Side-Scanning quasi umgangen werden könnte. Hier wünscht sich Europol eine „breitere Debatte über die Verwendung oder Einführung alternativer Methoden zur Umgehung der Verschlüsselung“, dieser Bereich bedürfe „einer kontinuierlichen Prüfung“.

Der Bericht macht ein weiteres Mal klar, dass europäische Ermittlungsbehörden und Innenpolitiker:innen zunehmend das Thema „Schwächung von Verschlüsselung“ auf die Agenda bringen und dies mit einer Strategie, die nicht nur auf einzelne Gesetzesvorhaben wie die Chatkontrolle beschränkt ist, sondern auf verschiedenen Feldern ansetzt und eine permanente Diskussion um die angeblichen Nachteile der Verschlüsselung forciert.


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