BUCHVORSTELLUNG: Die Rechts/Links-Verwirrung

Seit einigen Jahren werden wir Zeugen eines sehr seltsamen Schauspiels   ̶  oder Sprachspiels? Eine schon „ewig“ CDU-geführte Regierung fördert mit beachtlichen Mengen an Steuergeld unzählige Gruppen und Grüppchen, die als „links“, gar „linksradikal“ bezeichnet werden.

Die Justiz des von besagter Regierung geführten Staates faßt sie mit Samthandschuhen an, verfolgt sie auch bei ernsten Straftaten, insbesondere wenn ein Angriff auf politisch nicht auf Regierungslinie liegende Gruppen oder Einzelpersonen erfolgt, nur erkennbar widerwillig, während sie deren Opfer benachteiligt.

Von FRITZ ERIK HOEVELS | Ist die CDU, seit ihrer Gründung unter US-Anleitung aus einem Amalgam aus papsttreuem „Zentrum“ und „entnazifizierten“ Nazis der Inbegriff feister Biedernis, auch in den parlamentarischen Annalen und im öffentlichen Sprachgebrauch ganz selbstverständlich und höchst naheliegenderweise als „rechts“ bezeichnet, empfunden und plaziert, auf einmal eine „Linkspartei“ geworden? Und wenn, was sollen wir darunter eigentlich verstehen? Oder  ̶  doch man merkt schon, daß das ein ziemlich verbotener Gedanke ist  ̶   ist das, was seit Jahren zumindest im staatskontrollierten Raum, wie den „Massenmedien“, aber durchaus auch außerhalb desselben, als „links“ bezeichnet wird, aufgrund seines oft fanatischen, jedenfalls nicht selten schreierischen und gewalttätigen Auftretens, das wiederum durch die gezielte Milde der Justiz gefördert wird, sogar als „linksradikal“, ganz und gar nicht „links“ im Sinne dessen, was jahrhundertelang im politischen Sprachgebrauch so bezeichnet wird, sondern dessen Gegenteil, „rechts“ eben, und, soweit es sich durch die Ruppigkeit seines Auftretens und die Schrillheit seiner Sprache von der CDU unterscheidet, in der Tendenz gleich, aber radikaler, eben „rechtsradikal“?

Es kann ja nicht beides stimmen: die CDU (mit ihren Satelliten- oder Bündnisparteien) kann nicht gleichzeitig eine wirklich oder angeblich gemäßigte „Rechte“ sein und zugleich eine lautstarke und gewaltfreudige „Linke“ mit äußerster Freundlichkeit, deren Gegner und Opfer dagegen mit scharfer Feindseligkeit behandeln, welche oft sämtliche Grundrechte in einem Maße ignoriert, das wir innerhalb Europas nur noch aus dem Mittelalter oder dem 3. Reich kennen. (z.B. mache die Zugehörigkeit zu einer als „rechts“ etikettierten Oppositionspartei geschlossene Mietverträge so ungültig wie eine verschwiegene jüdische Abstammung unter Hitler , nie jedoch irgendeine andere. Das heißt die Wahrnehmung bürgerlicher Grundrechte erlaubt dem Staat die Erzwingung von Obdachlosigkeit).

Zwar hat sich der langjährige Bündnispartner der CDU, die SPD unter Brandt nämlich, am 28.1.1972 einen ähnlichen Verzicht auf Verfassungsnormen in Gestalt der Berufsverbote für Mitglieder von Oppositionsparteien auch schon gestattet und dadurch fortwirkende üble Maßstäbe gesetzt; aber deren Opfer, durch entwertete Abschlüsse langer und erfolgreicher Studien existenziell zwar schwer, aber längst nicht so fundamental wie durch erzwungene Obdachlosigkeit betroffen, waren unzweifelhaft linksgerichtet gewesen. Da sie sich keinerlei Gesetzesverstoß hatten zuschulden kommen lassen, waren sie also Opfer einer   ̶  von der SPD ausgehenden, aber den beiden anderen Kartellparteien der Zeit, CDU und FDP, letztere ein winziges bißchen unwillig, problemlos mitgetragenen  ̶  politischen Verfolgung auf der Basis eines drastischen und zynischen Verfassungsbruches; es ist merkwürdig, daß, obwohl die Staatsmacht unterbrechungslos in dem gleichen, unveränderten Kreise geblieben ist, diese Verfolgung, nämlich diejenige einer wie auch immer definierten Linken, offenbar aufgehört hat, jedenfalls immer dann, wenn potentielle Betroffene von den allgemein hörbaren Stimmen des Landes einhellig und unumwunden „links“ genannt werden.

Die Logik läßt nur zwei alternative Schlüsse zu:

  1. a) Das SPCDU-Kartell ist heimlich „links“ geworden, es strebt somit die Überführung großen Kapitalbesitzes, der in Deutschland, ganz wie in Kuba vor dem Siege Fidel Castros, in erster Linie US-amerikanischer ist, in deutschen oder gesamteuropäischen Gemeinbesitz an.
  2. b) Was jahrhundertelang „links“ genannt wurde, ist heimlich „rechts“ geworden (z.B. seinen Verfolgungen erlegen und personell-programmatisch unter Beibehaltung seiner „Firmenschilder“ durch sein Gegenteil ersetzt worden).

Eine dritte Alternative ist schon gedanklich nicht konstruierbar, geschweige denn praktisch. Es sieht aber so aus, als erhöbe sich an dieser Stelle in den Köpfen aus Angst   ̶  wovor genau?  ̶  ein Zappeln oder Sträuben gegen die Anwendung der Logik, ein gezwungener und voreiliger Plapperdrang, kurzum: ein irrationaler, aber fast unbesieglicher Widerwille, der Wirklichkeit ruhig ins Auge zu schauen, ähnlich wie derjenige so manches Todkranken, seine Diagnose anzuerkennen. Aber seine Krankheit wird er dadurch so wenig los, wie ein Römer der Spätantike den Untergang von Vernunft und Wohlstand abwenden konnte, wenn er sich z.B. die Ungefährlichkeit des Christentums einredete oder sich über die unabwendbare und gnadenlos voranschreitende Verschlechterung der Verhältnisse mit dem so häufig, z.B. im Munde deutscher Juden ab 1933, so törichten Spruch beruhigte, nichts werde so heiß gegessen wie gekocht.

Mancher Leser, dem die Alternative (b) als Erklärungsansatz der vorliegenden Situation unsympathisch ist, wird mir vielleicht vorwerfen, zur politischen Rechts/Links-Diagnose ein unzulässiges, weil möglicherweise nicht grundlegendes, unbedingt wesentliches Merkmal hinzugezogen zu haben (nämlich die Überführung konzentrierten Privatbesitzes an den materiellen Lebensgrundlagen, der den Rest oder mehr als übergroßen Rest der Bevölkerung von diesen abschneidet und daher abhängig macht, in Gemeineigentum). Diesem Leser   ̶  wie immer gleichgültiger Hautfarbe und Geschlechts   ̶  muß ich mindestens ein Stück weit zustimmen: das Kriterium, an dem die politische (ab jetzt fällt dieses Adjektiv hier gewöhnlich fort und muß im Geiste ergänzt werden) Rechte und Linke zu unterscheiden sind und   ̶  wenigstens zweihundert Jahre lang, in Wahrheit spätestens seit Beginn der europäischen Neuzeit, doch nicht sehr viel früher   ̶  zu unterscheiden waren, sollte gründlich und sauber ermittelt werden. Es wird sich dabei ergeben, daß die oben in Erinnerung gerufene kommunistische Forderung als davon abgeleitet betrachtet werden muß und durchaus nicht eine nicht weiter zu analysierende Grundlage bildet, die irgendwie aus subjektiven Beweggründen in die Welt kam, etwa aus Neid oder Verzweiflung.

Aber andererseits war die Forderung nach Vergesellschaftung der Produktionsmittel, jedenfalls der ausschlaggebenden, egal ob in aus- oder inländischem Besitz, seit mindestens hundertfünfzig Jahren der zentrale und erste Programmpunkt jeder Linken, der, sobald sie die politische Macht erlangt hatte   ̶  nicht nur in der Sowjetunion, sondern auch in China, Korea, Kuba und andernorts   ̶ , sofort in die Tat umgesetzt oder, wenn diese politische Macht nur ansatzweise in linker Hand war, wie sehr unvollkommen kurze Zeit in Chile oder heutzutage in Venezuela, wenigstens in Angriff genommen oder, was sehr bezeichnend ist, von der Gegenseite zumindest als dicht bevorstehend erwartet und daher mit allen Mitteln, die der Linken ihre Teilmacht wieder entreißen konnten, verhindert wurde. Für unsere diagnostischen Zwecke entscheidend ist, daß weder Freund noch Feind in dieser immerhin langen Zeit dieses Diagnostikum politischer Linksausrichtung jemals anzweifelten; wäre es über Nacht verschwunden, so hätte man von dessen bisherigen Trägern wenigstens einen Widerruf erwarten solIen sowie eine Aussage, was an seine Stelle zu treten habe (wie selbst Stalin das bisherige linke Ziel „Weltrevolution“, von dem aus in der für den Sozialismus freigekämpften Sowjetunion nur ein wackeliger Stütz- und Ausgangspunkt für eben diese gesehen werden konnte, wie Lenin und Trotzki nie müde wurden zu betonen, ausdrücklich aufgab und durch dasjenige des angeblich sogar schon verwirklichten “ in einem Land“ ersetzte, dessen Schutz von nun an der Sinn der „Internationale“ zu sein hatte, bis er diese schließlich auch auflöste).

Doch von solch einem Widerruf war ebensowenig etwas zu vernehmen wie von einem Bekenntnis der CDU zu auch nur einem einzigen konkreten und spezifischen Ziel jener Linken der letzten wenigstens anderthalb Jahrhunderte, deren Authentizität von niemandem bezweifelt worden war; auch jener Teil jener historischen Linken, der schon recht früh von besagten Zielen heimlich abgerückt war, hatte immerhin eine Weile lang noch zu ihnen Lippenbekenntnisse ablegen müssen, um nicht den Stamm seiner Anhänger zu verlieren, und sich dann als „gemäßigte Linke“ bezeichnet oder bezeichnen lassen, was unbestreitbar bedeutet, daß jener Teil dessen, was „links“ genannt und parlamentarisch plaziert wurde, welcher das als erkennungstypisch erachtete Programm beibehalten hatte, als „konsequente“ oder „radikale“ Linke in ihrer Authentizität von niemandem bestritten wurde und daher die Meßlatte für den Begriff abgab. Auch wir sollten sie für diesen Zweck benutzen, jedoch unter die Oberfläche gehen und untersuchen, aus welchen Gründen und zu welchem Zweck sie zu ihrem offenbar zentralen Programmpunkt gelangt ist; nur so erhalten wir Diagnosen, die von Angst, Opportunismus und Willkür frei sind.

Seit es die Wissenschaft in ernstzunehmender Weise gibt, folgt sie dem Prinzip des Hypothesenminimalismus. Das heißt: je weniger Zusatzannahmen für die Erklärung einer neuen Beobachtung auf der Grundlage aller schon bekannten Tatsachen erforderlich sind, umso eher sollte eine Erklärung auf dieser Basis vor jeder anderen, ohne Not komplizierteren bevorzugt werden. In unserem Zusammenhang heißt das: die Wahrscheinlichkeit, daß das, was die Massenmedien und in deren Gefolge die von ihnen bearbeiteten Menschen heute als links bezeichnen, nicht mehr das ist, was jahrhundertelang so bezeichnet wurde, sondern eher dessen Gegenteil, ist viel größer, als daß die maßgebliche, sich der entsprechenden Entwicklung niemals entgegenstellende CDU (oder deren bewährte Bündnispartner, SPD und groteskerweise sogar FDP) insgeheim dem Prinzip des vererblichen Privateigentums (sowie den Prinzipien, die dessen Befürwortung motiviert haben) abgeschworen hätten, Feinde des Privateigentums an Produktionsmitteln oder fanatischerweise sogar des Eigentums überhaupt geworden waren und daher zur Förderung militanter linker Kräfte durch Steuergeld und Justizparteilichkeit übergegangen wären, die dessen Vergesellschaftung oder sogar nur Zerstörung betreiben.

Viel wahrscheinlicher ist doch, daß die besagten geförderten Kräfte jenes Ziel gar nicht verfolgen, also nicht links stehen, sondern gemeinsam mit ihren die Regierung stellenden Förderern dieses Eigentumsrecht nur dann nicht achten, wenn es der Übertragung des jeweiligen Eigentums aus europäischem in US-amerikanischen Besitz im Wege steht, nicht aber in den Besitz des Volkes, in dessen Mitte es sich befindet. Diese Hypothese hätte den Vorteil, ausgezeichnet zu allen beobachteten Tatsachen zu passen, sowohl zum Verhalten der Förderer wie der Geförderten und der Behandlung der Opposition beider, ohne jemals eine Zusatzhypothese nötig zu machen. Sie steht nur, ähnlich wie die Einsicht, daß es keine übernatürlichen Lebewesen und daher auch keine Götter gibt, zur herrschenden Propaganda und entsprechenden handfesten vororganisierten Bedrohung im Widerspruch und mobilisiert dadurch Rationalisierungen sehr viel weniger wahrscheinlicher Hypothesen bzw. Behauptungen, ähnlich wie vor ca. 500 Jahren die Verteidigung der planetarischen „Epizykel“, welche eine Unzahl von Zusatzhypothesen erfordern, die überdies die Wahrscheinlichkeit gegen sich haben, aber den Scheiterhaufen fernhielten.

Haben wir uns dagegen entschlossen, die einfachste Hypothese zur Erklärung des gegenwärtigen beobachtbaren Zustands zuzulassen   ̶  nämlich daß das, was die Massenmedien jetzt als „Linke“ bezeichnen oder sogar ausschreien, das Gegenteil alles dessen darstellt, was jahrhundertelang so bezeichnet wurde, d.h. eine knallharte Rechte ist, Schrittmacher und Avantgarde eines Rückmarsches in ein diesmal technisiertes Mittelalter, dann lösen sich nicht nur alle Widersprüche zwischen Aussage und täglicher Beobachtung, sondern es liefert uns dieser Entschluß auch den Schlüssel zum Verständnis der politisch-psychologischen Substanz der jeweils organisierten Akteure, die ihr Programm und   ̶  denn an den Früchten erkennt man den Baum   ̶  Handeln hervorgebracht hat und jedesmal bestimmt. Dieser Substanz sollten wir uns jetzt in aller Ruhe zuwenden.

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