Achten die Deutschen ihre Denkmäler nicht mehr?

Von Astrid Sigena

Auffallend ist, dass die Übergriffe auf deutsche Erinnerungsorte sowohl Symbole der Linken treffen als auch Statuen und Örtlichkeiten, die insbesondere auch von Rechtskonservativen geschätzt werden. Wenn es um die Verunstaltung und Auslöschung der deutschen Geschichte geht, spielen Links und Rechts keine Rolle mehr.

Bereits am 15. November kam die Meldung, dass in der Nacht zuvor im Frankfurter Stadtteil Höchst die imposante Statue des Reichsgründers Bismarck von Unbekannten vom Sockel gesägt und umgestürzt worden war (RT DE berichtete). Die auf den "Eisernen Kanzler" gesprühten Parolen lassen vermuten, dass die Täter in der linken antikolonialistischen Szene zu verorten sind. Bismarck gilt als Begründer der deutschen Kolonien – was von ihm ursprünglich gar nicht so beabsichtigt war.

Unter den Denkmälern Deutschlands, denen am übelsten mitgespielt wird, dürfte wohl das Thälmann-Denkmal im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg zu nennen sein. Gerade der Sockel der monumentalen Büste wird so häufig mit Graffitis beschmiert, dass das Bezirksamt Pankow im Jahr 2022 schließlich den Verzicht auf die Entfernung künftiger Schmierereien bekannt gab. Es sei schlicht zu teuer geworden, die Graffitis zu entfernen – und kurz nach der Reinigung seien sowieso schon wieder neue da. Man werde nur noch in Ausnahmefällen eine Reinigung des Thälmann-Monuments veranlassen.

Ohnehin ist das Thälmann-Denkmal, das 1986, also noch zu DDR-Zeiten, errichtet wurde, für manche Politiker ein ungeliebtes Erinnerungsstück daran, dass es einmal ein zweites Deutschland gab. So sah die Pankower CDU im Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 eine günstige Gelegenheit, den Abbruch der Monumentalbüste zu fordern. Dass der Antrag letztendlich nicht durchging, heißt nicht, dass die Existenz des Thälmann-Denkmals auf Dauer gesichert ist.

Zur Erinnerung: Der deutsche Kommunist Ernst Thälmann war in der Weimarer Zeit Vorsitzender der KPD und in dieser Funktion einer der prominentesten Antagonisten Adolf Hitlers. Er wurde nach der Machtergreifung bereits im März 1933 verhaftet, elf Jahre von den Nationalsozialisten gefangen gehalten und im August 1944 auf persönlichen Befehl Adolf Hitlers erschossen. Es ist legitim, seine kommunistisch-stalinistische Ideologie für einen Irrweg zu halten, wie es anscheinend die CDU Pankow tut. Aber sollte ein Mensch, der im Kampf gegen den Nationalsozialismus gelitten hat und solche Sätze über sein Heimatland geäußert haben soll, nicht der Erinnerung wert sein?

"Ich bin kein weltflüchtiger Mensch, ich bin ein Deutscher mit großen nationalen, aber auch internationalen Erfahrungen. Mein Volk, dem ich angehöre, und das ich liebe, ist das deutsche Volk, und meine Nation, die ich mit großem Stolz verehre, ist die deutsche Nation, eine ritterliche, stolze und harte Nation."

Das schrieb Thälmann im Jahre 1944 in einem Kassiber an einen Mitgefangenen. Sollte der wirklich nicht mehr zu uns gehören? Wie dem auch sei, diesmal wird der Bezirk Pankow wohl nicht umhinkommen, die Thälmann-Büste reinigen zu lassen, denn am vergangenen Sonntag wurde bekannt, dass (neben einer evangelischen Kirche im Bezirk Kreuzberg) auch "Teddy" Thälmann mit propalästinensischen Parolen beschmiert worden ist. Sogar von antisemitischen Parolen und einem Terrorsymbol ist bezüglich der Schmierereien an der Kirche und an dem Denkmal die Rede.

Nicht bis in die überregionalen Medien geschafft hat es hingegen eine besonders üble Denkmalschändung, auf die die EU-Abgeordnete der AfD Irmhild Boßdorf auf X indirekt aufmerksam gemacht hat. Wahrscheinlich weil Vorfälle wie dieser – besonders im Westen Deutschlands – leider so alltäglich geworden sind.

Boßdorf hatte anlässlich des Volkstrauertags Bilder von einer Gedenkveranstaltung gepostet. Eines der Bilder zeigt eine Siegfriedstatue, die bis zur Hüfte mit Graffiti, teils obszöner Art, beschmiert ist. Die Bloggerin "Rebelle" weist die Tat Linken zu und schreibt: "So gehen Linke mit unseren Kulturgütern um." Auf der Instagram-Seite von Frau Boßdorf erfährt man Weiteres. Die AfD-Abgeordnete schreibt:

"Am Siegfriedehrenmal gedachten wir heute der Toten der Weltkriege. Das Ehrenmal, 1938 aus Siebengebirgsbasalt errichtet, wurde durch Vandalismus beschädigt. Auch der damals angelegte Buchenhain bleibt sich selbst überlassen und verwildert. Ich durfte eine Ansprache halten und erinnerte an meinen Großvater, der im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront gefallen ist und seinen Sohn nie kennenlernte. Vielen Dank an Benjamin Drost, der diese würdige Gedenkstunde organisiert hat."

Diesen Informationen zufolge dürfte es sich um das Hangelarer Siegfried-Denkmal bei Sankt Augustin handeln. Nun ist die Entstehungszeit des Denkmals mit 1938 ein heikles Datum und der germanentümelnde Stil von Statue und Aufschrift auch nicht nach jedermanns Geschmack. Man sollte aber dennoch nicht vergessen, was der eigentliche Zweck dieses Monuments ist: das Gedenken an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs von 1914 bis 1918. Wer diesen "Siegfried" schändet, beleidigt somit auch das Andenken der Gefallenen dieser Gemeinde. Anscheinend haben aber die für die Pflege dieser Gedenkstätte Verantwortlichen schon aufgegeben, sonst hätten sie doch den "Siegfried" wenigstens rechtzeitig vor dem Volkstrauertag gereinigt.

Nun ist die Denkmalsschändung (oder auch die ganz offizielle Entfernung von ungeliebten Denkmälern der Altvorderen) keine spezifisch deutsche Eigenart. Im Gegenteil, sie kommt gerade auch im britischen und US-amerikanischen Raum häufig vor. In den früheren Südstaaten werden immer häufiger Statuen von Feldherrn der Konföderierten vom Sockel geholt. Und im englischen Bristol wurde die Statue eines einstigen Sklavenhändlers sogar ins Meer geworfen.

Im Unterschied zu Deutschland kommt es in diesen Ländern aber zu heftigen Kontroversen, zuweilen sogar zu Widerstand gegen diese Maßnahmen. Während wir Deutschen es doch relativ ungerührt zulassen, dass die Statuen unseres Reichsgründers und einer antifaschistischen Persönlichkeit wie "Teddy" Thälmann regelmäßig verunstaltet werden. Damit beleidigt man jedoch unsere Geschichte.

Aber anscheinend wären viele Deutsche ihre Geschichte lieber los. Manche hassen sie sogar zur Gänze. Ein Volk ohne Geschichte wird aber zum Spielball der Interessen und Ideologien konkurrierender Mächte. Das sollte man nicht vergessen. Man könnte sogar so weit gehen zu sagen: Ein Volk ohne Geschichte hat keine Zukunft. Die Ukraine, die mit den Denkmälern aus den Zeiten des Russischen Reiches und der Sowjetunion auch ein ganzes Stück ihrer Geschichte entfernt hat, ist heute Schauplatz eines nicht enden wollenden Krieges. Ein würdiger Umgang mit Denkmälern ist folglich der beste Garant für Frieden und Stabilität, ist das nicht offensichtlich?

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