"Sehr ungewöhnliches Täterprofil" – Neues zum Magdeburg-Attentat

Auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist um kurz nach 19 Uhr ein Autofahrer in eine Menschengruppe gefahren. Neben zwei Toten sind "zahlreiche Verletzte" zu beklagen, bestätigte auch Stadtsprecher Michael Reif. Das Auto, mit dem der Täter "mindestens 400 Meter über den Weihnachtsmarkt" in die Menschenmenge gerast war, sei noch vor Ort. Es wimmelte auf dem Weihnachtsmarkt von Rettungswagen und Sanitätern, sagte ein Augenzeuge.

Der Magdeburger Weihnachtsmarkt befindet sich auf dem Alten Markt, direkt am Magdeburger Rathaus in der Nähe der Elbe. In der Nähe des Weihnachtsmarkts liegt ein großes Einkaufszentrum. Auf der Plattform X kursierten am Abend Videos, in denen zahlreiche Einsatzfahrzeuge zu sehen waren.

Die bisherigen Opferangaben der Polizei sind noch nicht vollständig und dürften deutlich höher liegen. Bisher sind zwei Tote bestätigt, darunter ein Kleinkind. Die Bild-Zeitung berichtete zunächst von elf Toten, offiziell bestätigt ist dies jedoch nicht.

Die Stadt Magdeburg sprach von 68 Betroffenen sowie 15 Schwerstverletzten. Einige Opfer seien aufgrund der Schwere ihrer Verletzungen mit Hubschraubern in die Universitätsklinik nach Halle (Saale) geflogen worden. Der Grund, so der MDR: Die Kapazitäten in Magdeburg reichten für die große Anzahl an Verletzten nicht aus.

Eine Augenzeugin berichtete der Magdeburger Volksstimme, dass der mutmaßliche Täter in den Märchen-Bereich des Weihnachtsmarkts gefahren sei. Ein Ort, an dem viele Familien unterwegs gewesen seien. 

Der Fahrer des Autos wurde festgenommen. Ein Video, das die Festnahme des mutmaßlichen Täters zeigt, wurde am späten Abend vielfach geteilt. Nach Informationen der Welt habe er den als Tatwaffe verwendeten Pkw gemietet.

Wie Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) am späten Abend auf einer Pressekonferenz erklärte, wurde der Festgenommene von der Polizei verhört. Nach aktuellem Stand handele es sich um einen Einzeltäter. Er habe angesichts der Schwere des Anschlags auch Signale, dass der Generalbundesanwalt tätig werden könnte, sagte Haseloff.

Die Polizei machte noch keine Angaben zum Tatmotiv. Das Geschehen könne "noch nicht abschließend klassifiziert" werden, teilte die Polizei mit. "Wir kennen noch keine Hintergründe zur Tat, wir ziehen alles in Betracht", sagte eine Sprecherin der Polizei auf Nachfrage.

Bei dem mutmaßlichen Täter Taleb A. handelt es sich nach Medieninformationen um einen 50-jährigen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen ist der mutmaßliche Täter nicht als Islamist bekannt, im Gegenteil. Nach Informationen von RTL/ntv/Stern soll er sich in sozialen Medien ganz deutlich gegen den Islam positioniert haben. Auf seinem Profil von "X" postete er zahlreiche antimuslimische Äußerungen.

Nach Spiegel-Informationen wurde der Verdächtige in der saudi-arabischen Stadt Hofuf geboren und kam im März 2006 zur Ausbildung nach Deutschland. Im Juli 2016 wurde er als Flüchtling anerkannt, wie der Spiegel berichtet, der sich auf ein früheres Interview in der Frankfurter Rundschau bezieht.

Ein Insider aus Saudi-Arabien sagte gegenüber Reuters, dass das Königreich die deutschen Behörden vor dem Angreifer gewarnt habe. Der Mann habe extremistische Ansichten auf seinem persönlichen X-Konto mit 46.000 Followern gepostet. Das Außenministerium Saudi-Arabiens verurteilte den Angriff.

Der Verdächtige arbeitet nach Aussage Haseloffs als Arzt bei einem Unternehmen. Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) erklärte, dass der Mann 50 Jahre alt sei und in Bernburg im Salzlandkreis lebe.

Bei den Ermittlungen zum Motiv des mutmaßlichen Täters nennen Sicherheitskreise ein untypisches Detail: Der Mann sei nach bisherigen Erkenntnissen deutlich älter als die klassischen islamistischen Attentäter. "Der Mann ist Geburtsjahr 1974, das ist älter als die übliche Klientel", sagte ein Experte dem Tagesspiegel. Der Attentäter vom Breitscheidplatz im Dezember 2016, Anis Amri, war 23 Jahre alt. Bei dem bisher größten islamistischen Anschlag in Deutschland starben damals 13 Menschen.

Möglicherweise sei das Alter ein Hinweis darauf, dass der mutmaßliche Täter von Magdeburg "psychisch beeinträchtigt ist", hieß es. Das könnte auf ein privates, eher unpolitisches Motiv hindeuten; aber auch auf eine gefährliche Kombination von psychischen Problemen mit politischer Radikalisierung. Bekannt ist, dass die Terrormiliz "Islamischer Staat" schon länger gezielt Personen anspricht, die als psychisch labil gelten.

Als religiöser Fanatiker war der mutmaßliche Täter allerdings nicht bekannt. Was im Netz über ihn zu finden ist, lässt darauf schließen, dass er sich durchaus in eine andere Richtung radikalisiert haben könnte: So lautete seine Profilbeschreibung auf der Plattform X: "Deutschland jagt saudische Asylbewerberinnen im In- und Ausland, um ihr Leben zu zerstören. Deutschland will Europa islamisieren." Sein Titelbild zeigt ein Gewehr. 

Mehr zum Thema - "Totales Chaos": Verletzte und Todesopfer auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg

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