Am 1. November tritt das "Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag" (SBGG) in Kraft. Das Bundesfamilienministerium veröffentlichte dazu am Montag eine Erläuterung. Demnach soll es das Gesetz "für trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen leichter machen, ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen ändern zu lassen". Zukünftig können Menschen ganz eigenständig entscheiden, ob und wann sie ihr Geschlecht ändern wollen. Man benötigt dazu weder ein ärztliches Gutachten noch eine richterliche Entscheidung.
Betroffene Personen müssen sich drei Monate vor der Änderung des Geschlechtseintrags beim Standesamt anmelden. Sie verpflichten sich damit auch, einen neuen Personalausweis und einen neuen Reisepass zu beantragen. Für andere Dokumente wie Führerschein oder Zeugnisse besteht keine Änderungsverpflichtung, jedoch kann man deren Änderung auch beantragen.
Interessanterweise schreibt das Ministerium, die betroffenen Personen können nach dem Gesetz ihren Geschlechtseintrag ändern – in den ausführenden Erklärungen der Ministerialverwaltung heißt es an keiner Stelle, dass sie damit ihre tatsächliche Geschlechtszugehörigkeit oder ihr Geschlecht an sich ändern. Auch Kinder und Jugendliche dürfen ihren Geschlechtseintrag ändern. Bei Kindern unter 14 Jahren müssen die Eltern den Antrag abgeben, im Falle von gesetzlichen Vormundschaften entscheidet das Familiengericht über die Antragsabgabegenehmigung.
Bei kleinen Kindern bis zum Alter von 5 Jahren darf die Änderung des Geschlechtseintrags ohne Einverständnis der Kinder erfolgen. Ab dem Alter von 5 Jahren muss sich das Kind mit der Änderung des Geschlechtseintrags einverstanden erklären. Jugendliche ab 14 Jahren sollen die Änderungserklärung selbst abgeben, benötigen dafür aber die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter.
Laut einem Bericht der Fuldaer Zeitung ist die Änderung ganz unbürokratisch: Eine "Erklärung mit Eigenversicherung" reiche aus. Die Zeitung scheint die Gesetzesänderung zu begrüßen. Im Beitrag vom Dienstag heißt es, dass bundesweit Tausende Menschen "ihr Geschlecht im Pass ändern lassen wollten". Der Redakteur betont mehrfach, dass es sich jeweils um die "Änderung des Geschlechts im Pass" handele – so als nehme er nicht an, dass das tatsächliche Geschlecht der beantragenden Person von der Änderung betroffen sei. Insgesamt gebe es in Fulda bereits 24 Anmeldungen für die "Änderung des Geschlechts im Pass".
Spirituelle Heimat und biblischer Hintergrund
In der Christuskirche in Fulda habe man in diesem Jahr erstmals sogar einen ökumenischen Gottesdienst zum Christopher Street Day gefeiert. Damit hätten auch die evangelische Pfarrerin und der katholische Diakon klargemacht: "Queere Menschen haben eine spirituelle Heimat in den Kirchen." Das Einverständnis der christlichen Kirchen und der Bezug zur Bibel scheinen in der ganzen Geschlechtsänderungsdebatte immer wieder wichtig zu sein, fast so, als wolle man einen sanften Übergang von der Religion zur Ideologie gestalten. Dazu führt die Fuldaer Zeitung aus, dass es sich bei dem Regenbogen schließlich um ein biblisches Symbol handele.
Dagegen spricht der MDR in seinem Beitrag vom Donnerstag tatsächlich von einer Geschlechtsänderung, die man beim Standesamt vornehmen lassen kann. Dort heißt es: "Für transgeschlechtliche, nichtbinäre oder intergeschlechtliche Menschen soll es ab November leichter werden, ihren Namen und ihr Geschlecht beim Standesamt ändern zu lassen."
Die Rundfunkanstalt interessierte sich auch dafür, wie viele Personen bis Ende Oktober in Mitteldeutschland eine Geschlechtsänderung angemeldet hätten. Die Großstadt Leipzig stelle mit 676 Personen den "Spitzenreiter" dar. In Dessau-Roßlau hätten nur 18 Personen angemeldet.
Sollte man es sich anders überlegen, kann man nach § 5 des Gesetzes nach Ablauf eines Jahres den Geschlechtseintrag auch wieder rückgängig machen, denn einmal jährlich ist ein Wechsel erlaubt. In der Erläuterung zum Gesetz heißt es, dass eine Jahresfrist gewählt worden sei, damit man nicht so schnell hin- und herwechseln könne.
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