Die Grundlagen des US-Imperialismus – Teil 2

Der kollektive Westen hat offenbar „vergessen“, wo genau der erste Genozid des 20. Jahrhunderts stattfand: Auf den Philippinen! Kein Wunder, dass die kollektiven Täter bis heute ganz einfach ungeniert weitermachen!

Der schmutzige Krieg und große Genozid auf den
Philippinen zum Auftakt des amerikanischen Jahrhunderts

16. Februar 1898: Evening Times meinte schon am Tag darauf die Täter zu kennen | Quelle: Bilder ISS Maine und The Evening Times, 1898, beide Public domain

Von REDAKTION | Es begann vor 127 Jahren: Eine mysteriöse Explosion, die das amerikanische Kriegsschiff USS Maine am 15. Februar 1898 auf den Grund des Hafens von Havanna riss, ermöglichte der Hearst Presse ihre Kriegskampagne („Remember the Maine – to Hell with Spain“) und dem US Kongress, USD 50 Millionen für die Kriegsvorbereitungen gegen Spanien bereitzustellen. Es folgte der Kriegsaufruf Präsident William McKinleys. Am 25. April 1898 war es dann soweit:

Die Vereinigten Staaten von Amerika erklärten Spanien den Krieg!

1900 Wiederwahl-Poster von McKinley von Goldmünze getragen |
Quelle: US Library of Congress – Commons Licencing

Kommodore George Dewey und seine US Asienflottille versenkten am 1. Mai 1898 die spanische Flotte in der Bucht von Manila. Einheimische Befreiungsarmeen stellten sich sowohl in Kuba wie auf den Philippinen(!) auf die Seite der vermeintlichen Befreier und entlasteten die US-Streitkräfte vor allem während der kritischen Rekrutierungsphase. Abgeschnitten vom Nachschub über die See erklärte sich Spanien schon am 12. August für geschlagen. Der glückliche Kriegsverlauf veranlasste den US Außenminister, John Hay, in einem Brief an Theodore Roosevelt über den „splendid little war“ („glanzvollen kleinen Krieg“) zu jubilieren – eine Wendung, die seither oftmals zitiert wurde.

Mit der Unterzeichnung des Vertrages von Paris am 10. Dezember 1998 beendeten die USA und Spanien offiziell ihre Feindseligkeiten. Spanien verzichtete auf seine Souveränitätsrechte über Kuba, welches sich in ein US-Protektorat verwandelte. Artikel II schrieb die Abtretung von Guam und Puerto Rico an die USA fest. Hawaii war noch vor Abschluss der Verhandlungen von Paris formell vom US Kongress annektiert worden.

Vorsorglich hatten die Philippinen schon am 12. Juni 1898 ihre Unabhängigkeit von Spanien erklärt. Dennoch sah Artikel III des Pariser Vertrages vor, den Inselstaat gegen eine Zahlung von USD 20 Millionen an Spanien an die USA zu verkaufen:

Ein Sklavenhandel im großen Stil sollte demnach den Anbruch des amerikanischen Jahrhunderts markieren.

 Der Sklavenhandel bedurfte noch der Ratifizierung durch den US Senat. Doch, prominente US Bürger, wie der ehemalige Präsident Grover Cleveland, Andrew Carnegie sowie der Schriftsteller Mark Twain erklärten öffentlich ihren Widerstand.

Dies führte im November 1898 in Boston zur Gründung der Anti-Imperialisten Liga, welche die drohende Kolonialisierung der Philippinen als „kriminelle Aggression“ brandmarkte.

1907 Mark Twain, Vize Präsident der Anti-Imperialisten Liga gegründet 15.6.1898 | Quelle: A.F. Bradley, New York, Public domain, via Wikimedia Commons

Mark Twain (1835 – 1910) amtierte von 1901 bis zu seinem Tode im Jahre 1910 als Vize Präsident der Anti-Imperialisten Liga und tat sich als Verfasser zahlreicher antiimperialistischer Streitschriften maßgeblich hervor . Das politische Establishment samt US-Wahlvolk dagegen standen fest hinter den imperial-kolonialen Interessen des Landes: Man unterstützte eine expansive Außenpolitik, die nach eigenen Flotten- und Handelsstützpunkten in Übersee suchte und zugleich darauf drängte, im Konzert der Großmächte künftig die erste Geige zu spielen.

Die „Benevolent Assimilation Proclamation“ des Präsidenten vom 21.12.1898 verkündete die Absicht der USA, sich künftig permanent auf den Philippinen kolonial einzunisten.

Emilio Aguinaldo erster Präsident der Philippinen

Der philippinische General Aguinaldo machte in seiner Gegenerklärung deutlich, dass eine neuerliche Unterwerfung der Philippinen – nach der vormaligen durch Spanien – nicht kampflos hingenommen werden würde.

Die auf den 6. Februar 1899 angesetzte Ratifizierung des Vertrages von Paris schien in Schwebe, zumal sie einer Zweidrittelmehrheit des Senats bedurfte. Erschwerend kam hinzu, dass nur kurz davor, am 23. Januar 1899, die 1. Philippinischen Republik  in der Kirche von Malolos feierlich inauguriert und ausgerufen wurde. Emilio Aguinaldo wurde zum ersten Präsidenten der Republik bestellt. Doch die Freude des Volkes an der neu errungenen Freiheit sollte nicht lange währen.

Am 4.2.1899 wurde die koloniale Epoche der Vereinigten Staaten militärisch eröffnet | Quelle: Photo: Zarate123; Eugene Alvin Villar (seav), CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Zwei Tage vor Ratifizierung des Vertrages von Paris kam es, wie schon in Havanna,  zum sogenannten ‚Zwischenfall’ . Dazu der Erinnerungsbericht des US Soldaten William Grayson der 1st Nebraska Volunteers, der sich auf einem Postengang befand und bei Dunkelheit Männer vor sich ausmachte: Ich rief, „Halt!“ … Der Mann bewegte sich. Ich forderte ihn durch ein neuerliches „Halt!“ auf. Jener rief, „Halto!“. zurück. Well, dachte ich, es wäre wohl das beste ihn abzuknallen – er fiel um…

 Schusswechsel zwischen amerikanischen und philippinischen Truppen über die Nacht  folgten. Die Eskalation traf die Philippinos unvorbereitet. Aguinaldo ließ einen Emissär zum Oberbefehlshaber der US Streitkräfte, General Elwell Otis, schicken, um die Einstellung der Feindseligkeiten zu erwirken. Doch Otis lehnte schroff ab: „… die Kämpfe müssen weitergehen – bis zum bitteren Ende (…must go on to the grim end)“.

Drei Stunden nach Tagesanbruch gingen rund 5.000 US Truppen unterstützt durch Marineartillerie zu einem breit angelegten Angriff vor. Die Philippinos wehrten sich verbissen, doch mussten schließlich unter schweren Verlusten den Rückzug antreten. Hunderte Philippinos, die sich durch Flucht über den Parsig Fluss zu retten versuchten, wurden von US Truppen eiskalt niedergemetzelt. In amerikanischer Feldpost steht  dazu nachzulesen: „… Nigger im Wasser aufs Korn zu nehmen war größerer Spaß als ein Truthahnschiessen…“. „Nigger“ oder „Gugu“ waren die Schimpfnamen, die die US Truppen ihrem ehemaligen Verbündeten mittlerweile zugeteilt hatten. Ein anderer Soldat Fred B Hinchman, Company A, United States Engineers schrieb nach Hause: “… Gefangene werden keine gemacht. Das ist jetzt die Regel…“.

Feb. 1899 – Gefallene Philippinos Nahe Santa Ana am ersten Tag des Krieges | Quelle: UA ARCWEB – 524389 public domain

Die US Medien vertraten ihre Version vom Hergang der Ereignisse: Alle Schuld am Ausbruch der Kämpfe wurde den Philippinos zugeschoben. Es sollte reichen – am 6. Februar 1899 ratifizierte der US Senat den Vertrag von Paris, der die Philippinen endgültig zur US Kolonie stempelte. Am 4. März 1900 wurde Präsident William McKinley vom amerikanischen Volk erneut zum Präsidenten gewählt – eine klare Niederlage der Anti-Imperialisten Liga. Diese hatte zuvor der Administration vorgeworfen, mit ihrer Politik von 1898  „die fundamentalsten Prinzipien und nobelsten Ideale“ („… fundamental principals and noblest ideals“) der Nation zerstört zu haben.

Das US-Wahlergebnis brachte die Anti-Imperialisten Liga dazu, besagte US-Präsidentenwahl als ein „Referendum für Imperialismus“ („referendum on imperialism“) abzustempeln!

 Ungleiche, doch umso blutigere Kämpfe folgten: Die USA sahen sich gezwungen, ihre anfänglich 21,000 Truppen auf zuletzt 126,500 Mann aufzustocken. Ihre Streitkräfte verfügten über modernstes Kriegsgerät und kontinuierlichen Nachschub. Dagegen mussten die philippinischen Verteidiger auf Beutewaffen zurückgreifen oder sich mit Bambusspeeren und veraltetem Kriegsgerät behelfen. Die hohen Anfangsverluste veranlassten General Aguinaldo schon bald die  Kampfweise auf eine Guerillataktik umzustellen: Aufgeteilt in kleine Kampfeinheiten ging man dazu über, dem Aggressor durch schnelle Überraschungsangriffe zuzusetzen und größeren Konfrontationen aus dem Wege zu gehen. Schon bald hangen die US Expeditionstruppen fest.

Ein schneller Erfolg wie gegen Spanien blieb den US Streitkräften versagt. Am 2. Mai 1900 kommt es zur Ablösung von General Otis durch den neuen Militärgouverneur Arthur McArthur.  Er geht dazu über, der philippinischen Guerillataktik „search and destroy missions“ (Such- und Vernichtungseinsätze) entgegenzusetzen: Die Zivilbevölkerung wird für die Aktionen der kämpfenden Truppe haftbar gemacht. Ganze Ortschaften vermeintlich sympathisierender Bevölkerungsteile werden niedergebrannt oder kurz dem Erdboden gleichgemacht.

Summarische Exekutionen und Folter an verdächtigen Personen bilden die neuen Methoden der US Expeditionstruppen.

 Diese Praktiken haben rund 100 Jahre später in der US-Folter-Fabrik Guantánamo auf Kuba ihre logische historische Fortsetzung gefunden und sind inzwischen zum allseits akzeptierten Instrumentarium des Wertewestens geworden: Mit Hochglanz-Folterbildern in Farbe aus Guantánamo durften sich nach den Irakkriegen die Damen der westlichen High-Society in ihren Friseursalons die Wartezeit vertreiben. So funktioniert atlantischer Exzeptionalismus der westlichen Hegemonialgesellschaft!

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Fortsetzung folgt – Teil 3: Mit Völkermord und Kriegsverbrechen zur US-Weltherrschaft

Teil 1 – Welche Global-Ideologie verbindet McKinley, Adolf Hitler und Donald Trump?: Hier 

Welche Global-Ideologie verbindet McKinley, Adolf Hitler und Donald Trump? – Teil 1



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