AfD-Parteitag hat eigene Verfassungsfeindlichkeit beschlossen

Gegen das, was die AfD Bayern da auf ihrem AfD-Parteitag beschlossen hat, sind vier Millionen Deutsche Anfang 2024 aus Protest auf die Straße gegangen: Die Vertreibung auch deutscher Staatsbürger aus Deutschland. Die AfD nennt es “obligatorische Rückführungsprogramme”. Während die Hochstufung der Gesamt-AfD als “gesichert rechtsextrem” verschoben wird, damit sie nicht der Partei schadet und die Widerstände in Berlin, überhaupt auch nur eine Prüfung eines AfD-Verbots endlich mal anzugehen, zu groß sind, können sich die Rechtsextremen ohne Konsequenzen immer weiter radikalisieren in ihrer Verfassungsfeindlichkeit.

AfD-Parteitag: Ein gefährlicher Beschluss

Die politische Landschaft Deutschlands steht vor einem entscheidenden Wendepunkt. Die Stimmen nach einem Verbot der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) werden immer lauter – denn die Partei wird immer radikaler. Vor kurzem hat sie einen weiteren Schritt in die Verfassungsfeindlichkeit getan. Die AfD Bayern hat auf ihrem AfD Parteitag in Greding, Bayern, eine Resolution zur sogenannten “Remigration” – der Euphemismus für Vertreibungen – verabschiedet, die nicht nur Asylbewerber und Nichtdeutsche betrifft, sondern auch deutsche Staatsbürger. Was vor einem Jahr in Potsdam besprochen wurde – und wohl auch mit aufwändiger Litigation PR vertuscht werden soll – wird auch in Teilen der Partei offizieller Plan. Der Geheimplan, den Correctiv aufdeckte, ist längst nicht mehr geheim.

In der Resolution fordert die bayerische AfD unter anderem, dass „Personengruppen mit schwach ausgeprägter Integrationsfähigkeit und -willigkeit mittels obligatorischer Rückkehrprogramme in ihre Heimat rückgeführt“ werden sollen. Besonders brisant ist die Forderung, die deutsche Staatsbürgerschaft “grundgesetzkonform” einfacher entziehen zu können. Diese Formulierungen lehnen sich stark an das Konzept der “Remigration” an, wie es vom österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner propagiert wird. Und es ist auch kein Zufall.

“Ghettogesetze”

Das Verwaltungsgericht München hat in einem Urteil festgestellt, dass sich Vertreter der bayerischen AfD die Lehren von Martin Sellner zu eigen gemacht haben. Das Gericht hat auch klar definiert, dass „Remigration“ nach Sellner Abschiebungen von deutschen Staatsbürgern einschließt.

Dies bedeutet, dass die von Sellner und offenbar ja auch der AfD geplanten Maßnahmen nicht nur auf Ausländer beschränkt sind, sondern auch die Ausweisung von deutschen Staatsbürgern durch gesetzliche Änderungen und den Entzug der Staatsbürgerschaft umfassen. Sellner spricht sogar von geplanten „Ghettogesetzen“. Sellner ist nicht die AfD, aber dass sich die AfD seine Pläne zu eigen zu machen scheint, zeigt, dass die Partei zu Recht vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird.

Dass es auch die ganze Zeit um deutsche Staatsbürger ging, war ja nie ein Geheimnis. Die geplanten „Ghettogesetze“ waren kein Geheimnis. Sellner hat das alles wortwörtlich in seinem Buch aufgeschrieben. Und man will uns erzählen, das sei alles Erfindung von Correctiv gewesen?

AfD Parteitag in Bayern hat Sellners Remigrations beschlossen.
Aus Sellners Buch

Sellners Konzept – jetzt so ähnlich auch offiziell von der AfD Bayern auf dem AfD Parteitag beschlossen – sieht nicht nur die Abschiebung von Ausländern vor, sondern auch die Ausbürgerung und Vertreibung von deutschen Staatsbürgern, die als nicht ausreichend “integriert” gelten. Die Kriterien für diese “Integrationsfähigkeit” sind dabei vage und öffnen Tür und Tor für willkürliche Entscheidungen aufgrund von Sprache, Religion oder sogar Wahlverhalten. Sprich: Wenn die AfD das so umsetzen würde, entscheidet sie alleine, wen sie aus dem Land vertreiben darf. Und niemand ist sicher. Das Ende des Grundgesetzes und unserer Freiheiten.

“Bist du deutsch genug für die AfD”?

„Hey, bist du ausreichend deutsch? Ich meine, ist deine Integrationsfähigkeit zwar vorhanden, aber ist sie auch stark genug ausgeprägt? Und hast du einen entsprechenden Integrationswillen? Wenn das nämlich nicht der Fall ist, dann gehörst du vielleicht zu der Personengruppe – und zwar ganz gleich, ob du Ausländer oder Staatsbürger bist –, die an einem obligatorischen Remigrationsprogramm teilnehmen müssen”, sagte es Anwalt Chan-jo Jun in seinem Video, dessen Titel wir für diesen Artikel übernommen haben.

Jun argumentiert, dass der AfD Parteitag ja schließlich Namen und Ideen von Sellner übernommen hat, und sich führende Mitglieder der AfD Bayern nachweislich auf ihn beziehen, kann man davon ausgehen, dass sie sich auch an dessen Ideen wie “Ghettogesetzen” orientieren wollen. Deutliche Distanzierungen gab es jedenfalls nicht. Er erwähnt auch, dass jene “Remigration” der AfD und Sellners deutsche Staatsbürger umfasst.

“Ja, wir wissen, Staatsbürger kann man nicht so ohne Weiteres abschieben, denn Staatsbürgern muss man vorher die Staatsbürgerschaft abnehmen. Das geht auch nicht so einfach, denn im Grundgesetz ist geregelt, dass ein deutscher Staatsbürger seine Staatsbürgerschaft nicht verlieren darf, wenn er dadurch staatenlos wird. Da sagt jetzt die AfD in ihrem Beschluss, dass es leichtere Möglichkeiten geben muss, um grundgesetzkonform die Staatsbürgerschaft zu entziehen.
Ja, wie soll das funktionieren, wenn das Grundgesetz ausdrücklich sagt, die Staatsbürgerschaft kann nicht entzogen werden, wenn danach jemand staatenlos wird? Das ist also die Voraussetzung. Na gut, wenn die sich so gegenüberstehen, dann muss halt vielleicht das Grundgesetz geändert werden.”

Die AfD habe ein anderes Verständnis von Menschenwürde und würde im Zweifel die Verfassung und die Institutionen, die wir bisher haben, derart austauschen, dass ihr Verständnis sich durchsetze.

“In dem Moment, wo ich sage, ich möchte die Zusammensetzung des Volkes ändern, und zwar nach ethnischen Gesichtspunkten, werte ich andere Teile des Volkes ab. In dem Moment verstoße ich gegen das Diskriminierungsverbot und eben wieder mal gegen die Menschenwürde aus Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz.”

Die Hochstufung durch den Verfassungsschutz ist überfällig

Obwohl der Verfassungsschutz bereits Teile der AfD als gesichert rechtsextrem einstuft, wurde eine umfassende Hochstufung der gesamten Partei als gesichert rechtsextrem bislang verschoben. Um der AfD so kurz vor der vorgezogenen Wahl dadurch nicht zu schaden. Das hat viel Kritik hervorgerufen: Unabhängig davon, ob es der AfD schaden würde – und das ist nicht ausgemacht – ist es doch die Pflicht des Verfassungsschutzes, eine neutrale und faktenbasierte Bewertung zur Verfassungsfeindlichkeit einer Partei als Warnung zu veröffentlichen. Und nicht unter Verschluss zu halten, um die mutmaßlich gesicherten Verfassungsfeinde zu schützen. Der Verfassungsschutz wird jetzt von Correctiv verklagt, das Gutachten offenzulegen.

Mehrere Staatsrechtler sind der Meinung, dass ein Verbotsverfahren alleine mit den bereits bekannten Plänen und Aussagen erfolgreich sein könnte. Die Juristen argumentieren hingegen in ihrem Gutachten, das hier auf Verfassungsblog veröffentlicht ist, dass die AfD sich fortlaufend radikalisiert habe. Sie vertrete mittlerweile offen verfassungsfeindliche Positionen. Sie betonen, dass die Partei ein völkisch-nationalistisches Programm verfolge und einen homogenen Volksbegriff propagiert. Der im Widerspruch zur Menschenwürde und den demokratischen Grundprinzipien des Grundgesetzes steht. Dieser Kurs werde von der gesamten Partei getragen, ohne dass sich der Bundesvorstand davon distanziere.

Die AfD kann nicht mehr “inhaltlich gestellt” werden

Die Partei greift nicht nur mit den Forderungen führender Politiker, sondern inzwischen auch offiziell mit ihren Beschlüssen und Forderungen direkt die freiheitlich-demokratische Grundordnung an. Sie propagiert Maßnahmen, die gegen das Diskriminierungsverbot und die Menschenwürde verstoßen. Es ist klar, dass die AfD sich immer weiter von den Prinzipien entfernt, die unsere Verfassung sichern soll. Eine inhaltliche Auseinandersetzung scheint kaum noch möglich, da die Partei selbst fundamentale demokratische Werte infrage stellt. Solange es ihr genehm ist, leugnet sie alles und lügt wie gedruckt.

Wir dürfen nicht aus Naivität so tun, als würde man das nicht sehen. Als würden führende Parteimitglieder und ganze Landesverbände nicht für die ganze Partei stehen können – insbesondere, wenn sich niemand mehr distanziert. Die Partei verwendet bewusst mehrdeutige Aussagen, um radikale Botschaften zu vermitteln, die sie bei Kritik jedoch abstreiten kann. Dies erschwert es, ihre wahren Absichten zu erkennen, doch in der Gesamtschau wird ihre verfassungsfeindliche Ausrichtung klar. Gerade erst legte die AfD Sachsen-Anhalt einen Kranz mit dem NS-Spruch “Für Führer, Volk und Vaterland – Warum?” am Volkstrauertag nieder. Wie viele tausende Vorfälle braucht man noch?

Außerdem erklären die Rechtsexperten in ihrem Gutachten bei den vielen verfassungsfeindlichen Zitaten Zurechenbarkeit dieser Aussagen zur gesamten Partei. Die Juristen betonen, dass diese verfassungsfeindlichen Positionen nicht nur von Einzelpersonen vertreten werden, sondern von der Breite der Partei getragen und vom Bundesvorstand geduldet werden. Durch diese Einteilung zeigen die Juristen, dass die AfD nicht nur in Einzelfällen, sondern systematisch gegen die Grundwerte der Verfassung verstößt, was die Voraussetzungen für ein AfD-Verbot erfüllt.

Die Politik muss jetzt handeln

Die AfD hat nicht nur mit ihrem jüngsten Beschluss auf dem AfD-Parteitag in Bayern ihre eigene Verfassungsfeindlichkeit bestätigt. Man braucht keinen Verfassungsschutz, um selbst zu sehen, dass diese Partei vollends rechtsextrem ist. Aber umso fahrlässiger ist es, dass der Verfassungsschutz diese Hochstufung zurückhält. Die Partei verfolgt offen eine Politik, die auf Ausgrenzung, Diskriminierung und die Abschaffung grundlegender demokratischer Rechte abzielt. Auf Vertreibungen auch deutscher Staatsbürger. Wir können Reden schwingen und von “wehrhafter Demokratie” sprechen. Aber die Demokratie verteidigt sich nicht von alleine. Das müssen wir auch tun. Wann fangen wir endlich damit an?

Artikelbild: Daniel Löb/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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