von Benjamin Ernst 07.12.2020 06:23 Uhr
Der Virologe Hendrik Streeck, von der Universität Bonn, zählt zu den anerkanntesten Kritikern der Maßnahmen, welche durch die Bundesregierung im Rahmen der Coronakrise erlassen hat. Während einer Onlinekonferenz des Rotary Clubs dämpfte er die Hoffnung, dass der Lockdown durch die kommenden Impfstoffe enden würde. "Auch wenn man das möchte, wird man es gar nicht schaffen, die Menschen so schnell zu impfen".
Für "sehr hoch gegriffen" hält Streeck die Impfbereitschaft von angeblichen 50%, dazu wissen man nicht, wie lange der Schutz anhält.
"Die schlechte Situation wäre, dass der Impfstoff nur sechs Monate wirksam ist und wir kommendes Jahr im Herbst wieder dasselbe Problem wie heute haben".
Massenimpfungen in den Impfzentren sieht der Virologe kritisch und bringt eine zwingende Einbindung der Hausärzte mit ein. "Ohne Hausärzte wird es nicht funktionieren, oder wir müssen die Armee aufstocken", so Streeck.
Angesprochen auf die Sterblichkeitsrate durch Corona, bezog er sich auf die Zahlenspielerei der Politiker, insbesondere der Äußerungen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, dass "die Todeszahlen so hoch seien, als ob jeden Tag ein Flugzeug abstürzt". Durch die zwar saisonal erhöhte Sterblichkeit, sterben laut dem Virologe täglich ca. 2600 Menschen in Deutschland pro Tag, beispielsweise durch grippale Infekte. Jedoch durch die aktuellen Schutzmaßnahmen liegt die Sterblichkeit im Moment sogar unter dem Wert der letzten fünf Jahre.
"Aber wenn man sich die Zahlen anschaut, dann ist es nicht die enorme Katastrophe, als die sie gerade dargestellt wird."
Auf die Frage, welche Chancen Virologen hätten, sich gegen profilierungssüchtige Politiker durchzusetzen, antwortete Streeck knapp:
"Ich glaube, die Entscheidungen werden nicht auf Virologen-Basis getroffen."
Meist kommentiert