Moldawien sitzt wegen der Ukraine in der Gasfalle

Von Olga Samofalowa

Ab dem 16. Dezember verhängt Moldawien für 60 Tage den Ausnahmezustand im Energiesektor. Zuvor hatte auch Transnistrien den Notstand für 30 Tage ausgerufen. Die Länder befürchten eine Energiekrise und eine humanitäre Katastrophe, da die Gefahr besteht, dass der russische Gastransit durch das ukrainische Gastransportsystem unterbrochen wird.

Die Gefahr ist durchaus real, denn Kiew hat wiederholt erklärt, dass ab dem 1. Januar 2025 kein Gas mehr durch sein Gebiet gepumpt wird, da der Vertrag mit Gazprom ausläuft. Obwohl es Optionen für den weiteren Gastransit ohne diesen Vertrag gibt, kann man nicht ausschließen, dass die Gasbeförderung durch die Gasmessstelle Sudscha ab dem neuen Jahr tatsächlich eingestellt wird.

Es gibt mehrere Möglichkeiten für die Entwicklung der Ereignisse – von einer humanitären Katastrophe in Moldawien und Transnistrien bis hin zu günstigeren Szenarien.

Das Katastrophenszenario für Moldawien und Transnistrien beinhaltet, dass sie nirgendwoher russisches Gas bekommen können – weder über die Ukraine noch über die TurkStream-Pipeline. "Ein solches Szenario ist möglich, wenn die Sanktionen gegen die Gazprombank hart ausgelegt werden oder die US-Amerikaner zusätzliche Sanktionen verhängen. Dann würde der gesamte europäische Markt unter Gasmangel und Preissteigerungen leiden", sagt Igor Juschkow, Experte des Nationalen Energiesicherheitsfonds und der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation.

Selbst wenn es Moldawien gelingt, einen anderen Gaslieferanten zu finden, sollte es sich darüber im Klaren sein, dass es dafür die europäischen Spotpreise zahlen muss. "Wenn der ukrainische Transit gestoppt wird, werden die Preise auf dem europäischen Spotmarkt auf 800 und 900 US-Dollar pro Tausend Kubikmeter steigen, und in einem Moment können sie über 1.000 US-Dollar steigen, wenn der Frost Ende Dezember oder Anfang Januar zuschlägt. Mit anderen Worten, Moldawien wird jedes andere Erdgas zu Preisen kaufen müssen, die auf dem gesamten europäischen Markt gelten werden", erklärt der Analyst.

Rein physisch kann Moldawien Erdgas, das nicht von Gazprom stammt, aus Aserbaidschan oder auf dem Flüssigerdgas-Markt beziehen. Aber Aserbaidschan beliefert die EU bereits mit der Höchstmenge, es hat keine zusätzlichen Mengen, sodass Moldawien aserbaidschanisches Erdgas, das an ein anderes europäisches Land geliefert wurde, zurückkaufen müsste, fügt Juschkow hinzu. Natürlich wäre es somit teurer als auf dem Markt.

Bei Flüssiggas handelt es sich um ein noch komplizierteres und teureres Vorhaben, da dieses Erdgas nicht nur auf dem Weltmarkt gekauft, sondern auch in die Türkei geliefert, regasifiziert und dann über die transbalkanische Gaspipeline durch viele Länder gepumpt werden muss. Technisch ist das möglich, aber wirtschaftlich gesehen ist es sehr teuer, so der Experte.

Im Falle Moldawiens ist auch das staatliche Kraftwerk in Transnistrien (auch Moldawien-Kraftwerk genannt), das sich im Besitz des russischen Energieunternehmens Inter RAO befindet, ein sehr wichtiges Thema. Es wird mit Erdgas betrieben und liefert Strom an beide Seiten – Transnistrien und Moldawien.

"Die russischen Rohstoffe werden für die Versorgung des auf dem Gebiet Transnistriens gelegenen Moldawien-Kraftwerks verwendet. Der erzeugte Strom wird auch nach Moldawien geliefert, das heißt, de facto gibt es einen Tauschhandel zwischen Transnistrien und Moldawien: Erdgas im Tausch gegen Strom", erklärt Sergei Tereschkin, Generaldirektor von OPEN OIL MARKET, einem Handelsplatz für Erdölprodukte und Rohstoffe.

"Das staatliche Kraftwerk in Transnistrien verfügt über einen Reservebrennstoff anstelle von Erdgas kann es mit Kohle betrieben werden. Die Kohlereserven im Kraftwerk selbst werden auf 50 bis 60 Tage geschätzt, je nach Wetterlage und Umfang der Stromerzeugung. Mit den vorhandenen Kohlevorräten wird man jedoch nicht die gesamte Heizperiode überstehen können. Es stellt sich auch die Frage, woher die Kohle importiert werden soll. Dies kann nicht über die Ukraine, sondern beispielsweise über Rumänien geschehen. Kohle ist eine billige Energiequelle, daher kann das staatliche Kraftwerk auf sie umgestellt werden. Das Problem mit den Privathaushalten wird bleiben – die Menschen kochen und heizen mit Erdgas, und auch wenn es sich nur um eine kleine Menge an Erdgas handelt, kann es nicht ersetzt werden" sagt Juschkow. Ihm zufolge wird es keine humanitäre Katastrophe geben, wenn es gelingt, das staatliche Kraftwerk in Transnistrien dauerhaft mit Kohle zu betreiben. Sollte das nicht gelingen, habe Moldawien nur eine Möglichkeit, eine Katastrophe zu vermeiden: den Kauf fertigen Stroms aus Rumänien. Aber auch hier sei alles nicht so einfach.

"Derzeit liefert Rumänien Strom in den Süden der Ukraine. Es hat keine zusätzlichen Kapazitäten. Daher wird das Szenario eines Stromausfalls in Moldawien für Rumänien die Frage aufwerfen, an wen es Strom liefern soll – an die Ukrainer oder an die Moldawier. Wenn Rumänien tatsächlich hofft, Moldawien in Zukunft zu einem Teil seines Landes zu machen, wird es darauf hinarbeiten, Moldawien mit Strom zu versorgen. Die Führung in Moldawien ist proeuropäisch und der Meinung, dass es keine moldawische Sprache gibt, sondern nur Rumänisch", argumentiert Juschkow weiter.

Allerdings sind die Optionen Rumäniens auch begrenzt, vor allem im Winter, wenn der Stromverbrauch im Land selbst ansteigt und die Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen abnimmt (da es keine Sonnen- und Windenergie gibt). Daher gehen die Stromexporte Rumäniens während der Heizperiode tendenziell zurück.

"Da die Nachbarländer Moldawiens überschüssige Kapazitäten nutzen, um die Ukraine zu versorgen, könnte das Land in diesem Winter mit Stromengpässen konfrontiert werden", stimmt Tereschkin zu.

Das zweite Szenario ist optimistischer und bisher wahrscheinlicher als das erste. Die Ukraine stoppt den Transit, aber Gazprom bleibt immer noch die technische Möglichkeit, Moldawien und Transnistrien über die alte Transbalkan-Pipeline von Süden her mit Erdgas zu versorgen. Früher erhielt die Türkei über diese Pipeline Erdgas aus Russland, das durch Transnistrien, Moldawien, Rumänien und Bulgarien transportiert wurde. Bei Bedarf kann es auch in umgekehrter Richtung, also von der Türkei nach Moldawien, befördert werden.

"Die einzige Schwierigkeit bei diesem Szenario besteht darin, dass zwischen Rumänien und Moldawien ein kleiner Leitungsabschnitt von ein paar Dutzend Kilometern liegt, der durch ukrainisches Gebiet führt. Wenn die Ukraine also sich gegen russisches Erdgas sträubt, wird sie es möglicherweise auch hier nicht durchlassen", merkt Juschkow an. Diese Schwierigkeiten können jedoch gelöst werden, so der Analyst weiter.

Gazprom kann sein Erdgas an Händler in der Türkei weiterverkaufen, die es wiederum an moldawische Unternehmen weiterverkaufen können. "Gazprom verkauft Händlern bereits mehrere Milliarden Kubikmeter Erdgas, das über die TurkStream-Pipeline kommt. Transnistrien braucht etwa zwei Milliarden Kubikmeter pro Jahr, Moldawien 0,5 Milliarden Kubikmeter. Ich denke, Gazprom wird solche kleinen Mengen finden", ist der Experte des Nationalen Energiesicherheitsfonds überzeugt.

"Oder Gazprom wird ein zusätzliches Abkommen über die Änderung der Gasabnahmestelle unterzeichnen, bei dem das Eigentum am Erdgas für Moldawien und Transnistrien früher übertragen wird – zum Beispiel nach Rumänien. Dann wird es moldauisches und nicht russisches Erdgas sein, das durch den kleinen ukrainischen Abschnitt fließt. Wir sind jedoch nur dann bereit, dem zuzustimmen, wenn Moldawien garantiert, dass das Erdgas Transnistrien in vollem Umfang erreichen wird", so Juschkow abschließend.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 14. Dezember 2024 zuerst auf der Website der Zeitung Wsgljad erschienen.

Olga Samofalowa ist Wirtschaftsanalystin bei der Zeitung Wsgljad.

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