Von Gert-Ewen Ungar
Anlässlich des Tags der Menschenrechte mahnt das Auswärtige Amt den Respekt vor der Pressefreiheit an. Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Luise Amtsberg, teilt in diesem Zusammenhang mit,
"Die Pressefreiheit ist einer der wichtigsten Grundpfeiler der freiheitlich-demokratischen Ordnung. Ohne informierte Entscheidungen gibt es keine Demokratie. Der Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen, die sich für Presse- und Informationsfreiheit einsetzen, hat deshalb höchste Priorität."
Angesichts der deutschen Medienrealität wirkt die Aussage bizarr. In Deutschland herrscht strenge Zensur, der Informationsraum ist hermetisch abgeriegelt. Unabhängige Journalisten werden drangsaliert, Bankkonten werden willkürlich gekündigt, ausländische Journalisten unter fadenscheinigen Begründungen ausgewiesen.
Ziel der Einschränkung der Pressefreiheit in Deutschland ist die Durchsetzung des regierungsoffiziellen Narrativs zu den großen politischen Themen. Geduldet werden in Deutschland lediglich undifferenzierte, holzschnittartige Darstellungen, die einem einfachen Gut-Böse-Schema folgen. In der Folge wirken deutsche Diskussionen zu geopolitischen Themen oft tief provinziell und weltfremd – eine notwendige Folge eines beschränkten Zugangs zu Informationen.
Aber nicht nur in diesem Bereich sind die Menschenrechte in Deutschland nur unzureichend verwirklicht. Der Europarat ging mit Deutschland bereits im März hart ins Gericht. Das hohe Maß an Armut und sozialer Ungleichheit stehe in keinem Verhältnis zum Reichtum des Landes, kritisierte die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatović, anlässlich der Vorstellung des Berichts zur Situation der Menschenrechte in Deutschland. Die Kernbotschaft ist, dass Deutschland zu wenig gegen die Ausbreitung von Armut, gegen Wohnungsnot und Obdachlosigkeit tut. Bei der Bekämpfung der Wohnungsnot versagt die Bundesregierung auf ganzer Linie. Der Wohnungsbau befindet sich in Deutschland im freien Fall.
Das größte Problem dabei ist, dass die wachsende Armut und die Wohnungsnot in Deutschland von der Politik gar nicht als menschenrechtliches Problem wahrgenommen wird, beklagt das "Forum Menschenrechte". Dabei ist das Recht auf soziale Sicherheit, auf Arbeit und einen angemessenen Lebensstandard ausdrücklich in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert.
"Die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung teilen zwei Drittel des gesamten Vermögens unter sich auf, während über 16 Prozent der Menschen in Deutschland in Armut leben. Es fehlt eine Gesamtstrategie, die Menschen langfristig aus der Armut holt. Es braucht Regelsätze, die nicht länger Armutssätze bleiben und eine Kindergrundsicherung, die ihren Namen verdient", fordert der Paritätische Gesamtverband.
In der politischen Diskussion herrscht in Deutschland allerdings die Vorstellung vor, die sozialen Rechte seien eine freiwillige Leistung und kein verbürgtes Recht.
Auch Rassismus gehört zu den Problemen, die in Deutschland nicht ausreichend bekämpft werden. Im Gegenteil bedienen die etablierten deutschen Parteien und die an sie angeschlossenen Medien im Hinblick auf den Ukraine-Konflikt dumpfe antirussische Klischees, die aus der Zeit des Nationalsozialismus übernommen wurden. Im Deutschland-Audit des UN-Menschenrechtsrats wurde Sinophobie moniert. Nicht nur im Hinblick auf Russland, auch im Hinblick auf China arbeitet die deutsche Politik mit rassistischen Stereotypen.
Trotz der schwerwiegenden Defizite inszeniert sich Deutschland als Hüter der Menschenrechte. Deutschland neigt dazu, andere Länder mit erhobenem Zeigefinger zu belehren. Dabei gebe es im eigenen Land genug zu tun. Vor allem ist der Trend nicht positiv. An den wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands und dem politischen Bedeutungsverlust schließt sich die Erosion der Menschenrechte an. Eine Verschlechterung der Menschenrechtslage in Deutschland scheint vorprogrammiert.
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