Für die Verabschiedung ihres „Sicherheitspakets“ hat die Ampel ihre drei einst hoffnungsvollen Farben zu einem schmutzigen Farbton zusammengerührt. Vom Versprechen einer grund- und menschenrechtsfreundlichen Politik ist nichts mehr geblieben. Ein Kommentar.
Heute hat die Ampel für ein Gesetzespaket gestimmt, das Asylsuchende pauschal für Terrorismus in Haftung nimmt. Sie hat für die Einführung biometrischer Fahndungsmethoden gestimmt, für die die Bilder von Milliarden Menschen in einer gewaltigen Datenbank gespeichert werden müssen. Sie hat dafür gestimmt, dass die Polizei in Zukunft vielerorts anlasslose Kontrollen durchführen kann und damit einen Generalverdacht gegen alle unbescholtenen Menschen ausgesprochen.
Mit der Verabschiedung des „Sicherheitspakets“ ist die Ampel gerettet. Aber die „Fortschrittskoalition“ ist tot. Es ist das Ende einer Koalition, die tatsächlich einmal vielen Menschen Hoffnung gemacht hat, weil sie die Grund-, Freiheits- und Menschenrechte achten und Überwachung nicht ausbauen wollte. So steht es im Koalitionsvertrag, der nach dem heutigen Tag keinen Pfifferling mehr wert ist.
Ohne Not lässt sich die Ampel von den aggressiven Tönen der AfD, von der ebenfalls getriebenen Union und der rechten Diskurshegemonie im Lande zu menschenrechtsfeindlicher und verfassungswidriger Politik drängen. Eine fatale Strategie, mit der die Koalition das rechte Original nur weiter stärkt.
Gegen die geballte Zivilgesellschaft
Mit ihrem nur kosmetisch angepassten „Sicherheitspaket“ schlägt die Ampel die einmütige Kritik der geballten demokratischen Zivilgesellschaft und vieler Sachverständiger in den Wind. Statt dreifarbiger Progressivität rührt sie ihre drei Farben panisch zu einem schmutzigen Farbton zusammen. Und das alles, obwohl die Faschisten immer stärker werden und frohlocken, dass alle anderen ihre Forderungen schon heute umsetzen. Man möchte fast meinen, die Ampel baue der AfD das Haus schlüsselfertig zur autoritären Übergabe.
Die Fortschrittskoalition ist tot. Menschen, denen Freiheitsrechte und eine offene Gesellschaft am Herzen liegen, bleibt parteipolitisch nur ein großes Fragezeichen. Eine große Leere. Ein Abgrund. Wen sollen diese Leute eigentlich bei der Bundestagswahl in knapp einem Jahr wählen?
Derzeit gibt es keine Partei im Bundestag, die Menschenrechte und das Versprechen der Demokratie als moderne, vielfältige, fortschrittliche, liberale Form der Herrschaft noch glaubhaft und im Hinblick auf die nächste Wahl gleichzeitig erfolgversprechend vertreten kann.
In der Bundestagsdebatte zum „Sicherheitspaket“ gab es, bis auf einen Redebeitrag der Gruppe der Linkspartei, ausschließlich Reden, die für Zustimmung warben – oder die das Paket für zu lasch erachteten. Das sagt viel aus über den Stellenwert von Grund- und Menschenrechten in diesem Land.
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