Fragt man Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), so liegt die derzeitige Misere der deutschen Automobilindustrie einzig darin begründet, dass sie zu spät auf Elektrofahrzeuge umgestellt habe. Sein letzter Vorschlag, der nun den ganzen Wirtschaftszweig retten soll, lautet, die Fahrzeuge als Stromspeicher zu nutzen, die für die erwünschte Versorgung mit erneuerbaren Energien dringend gebraucht werden. Aber selbst wenn dieser Plan realistisch wäre, ist eine Umsetzung auch nach Habecks eigenen Angaben erst 2030 zu erwarten. Die Krise in der Automobilindustrie findet aber heute statt.
Die jüngste Meldung ist die Ankündigung des Automobilzulieferers Schaeffler, weitere 2.800 Stellen in Deutschland abzubauen. Im mit betroffenen Schweinfurt ist das nicht der erste Betrieb, der Kündigungen verteilt. Der jetzt bekannt gewordene Gewinneinbruch bei Audi um 91 Prozent, gekoppelt mit einem Absatzrückgang um 16 Prozent, dürfte sich ebenfalls bald in Entlassungen niederschlagen. Schon im Oktober berichtete der NDR, allein in Niedersachsen seien 100.000 Arbeitsplätze gefährdet, verteilt auf 150 Zulieferunternehmen. Wie wird die weitere Entwicklung bei BMW und Daimler-Benz aussehen?
Habecks Behauptung, eine frühere Umstellung auf Elektrofahrzeuge hätte daran etwas geändert, trifft jedenfalls nicht den Punkt. Schon allein, weil die erforderliche Infrastruktur für diese Fahrzeuge nach wie vor nicht vorhanden ist – eine Million zusätzliche Ladesäulen wollte die Ampelkoalition ursprünglich errichten, im Jahr 2023 waren es jedoch gerade einmal 32.733. Bei dieser Geschwindigkeit dauert es noch 30 Jahre, bis das Ziel erreicht ist.
Aber die Elektroautos, die derzeit hergestellt werden, sind eher ein Klotz am Bein der Automobilindustrie, weil sie kaum jemand kaufen will. Sie sind nicht nur in der Anschaffung wesentlich teurer; der teuerste Bestandteil, die Batterie, hält bei Weitem nicht so lange wie das Chassis. Die Werkstätten haben Probleme mit der Reparatur, weil wesentlich weniger Mechanik, dafür aber viel Software verbaut ist, wofür das Personal nicht ausgebildet ist.
Die Hersteller unterliegen aber den Vorgaben der EU, wie viel Kohlendioxid ihre gesamte Flotte ausstoßen darf. Sie sind also gezwungen, diese Fahrzeuge zu bauen, auch wenn sie sie nicht verkaufen können, weil sie andernfalls auch die Autos mit Verbrennermotor nicht mehr bauen dürften. Was vielleicht noch eine Zeit lang hätte funktionieren können – wenn die EU nicht die Zölle für aus China importierte Elektrofahrzeuge erhöht hätte. VW beispielsweise hat seine E-Autos in China produziert und nach Deutschland importiert. Da sich diese weitgehend auf Halde produzierten Fahrzeuge dadurch verteuern, verschiebt sich natürlich die Kalkulation für die gesamte Flotte; und die zusätzlich entstandenen Kosten, die durch den Absatz der E-Autos nicht gedeckt werden, auf die anderen Fahrzeuge zu verteilen, ist schwer möglich, wenn die Nachfrage insgesamt zurückgeht.
Zumindest der Arbeitgeberverband Niedersachsenmetall war im Oktober so weit, ein Ende des Verbrennerverbots zu fordern. Ähnliches wird von der betroffenen Gewerkschaft, der IG Metall, jedoch nicht zu hören sein – deren Funktionäre wurden bereits vor Jahren auf die Klimaerzählung eingeschworen.
Selbst die Probleme in diesem Jahr, welche Wucht sie auch haben, werden jedoch nur ein Vorspiel für jene im Jahr 2025 sein. Denn es gibt neben der Einkommensentwicklung noch weitere Faktoren, die beeinflussen, wie viele neue Fahrzeuge verkauft werden können. Dies sind die beiden laufenden Kostenfaktoren: die Kfz-Versicherung und der Benzinpreis. Beide werden, das steht fest, im Jahr 2025 deutlich teurer werden. Die Kfz-Versicherungen wollen ihre Beiträge im Schnitt um 21 Prozent erhöhen; als Grund dafür werden kostenintensivere Reparaturen und höhere Schäden durch Extremwetterereignisse angegeben. Welche Kosten auf die nach wie vor von der Gesamtheit der Versicherten finanzierten Schäden durch ukrainische Fahrer zurückgehen, wurde nicht gemeldet.
Aber die Versicherung ist nicht der einzige Punkt, an dem das Autofahren teurer wird. Am 1. Januar steigen durch die als CO₂-Abgabe getarnte Steuer auch die Treibstoffpreise noch einmal deutlich. Für Benzin geschätzt um 15,7 Cent pro Liter und für Diesel um 17,3 Cent. Das wird die ohnehin in wirtschaftlichen Krisenzeiten vorhandene Tendenz, die Anschaffung eines Neuwagens hinauszuzögern, noch weiter verstärken. Für das kommende Jahr ist also auf dem deutschen Automarkt mit einem deutlichen Umsatzrückgang zu rechnen.
Damit steckt nach der Bauwirtschaft, die sich bereits seit zwei Jahren in einer tiefen Krise befindet, nun der zweite wichtige Wirtschaftssektor in einem tiefen Loch, aus dem derzeit kein Ausweg sichtbar ist.
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