Die EU-Kommission will Ausweiskontrollen beschleunigen. Mit Hilfe einer App sollen sich Reisende schon vor Antritt einer Reise ausweisen können. Auch Nicht-EU-Bürger:innen sollen die App nutzen können. Zum Datenschutz macht die Kommission noch keine genauen Angaben.
Die EU-Kommission hat gestern einen Vorschlag für eine App zum Speichern digitaler Identitätsdaten präsentiert. Wer innerhalb des Schengen-Raums reist, soll in Zukunft eine digitale Version des eigenen Reisepasses oder Ausweises in die „EU Digital Travel application“ hochladen können.
Der digitale Reisepass soll Kontrollen an den EU-Außengrenzen und an Flughäfen beschleunigen. Reisende, die die App nutzen, werden zwar weiterhin physische Dokumente mit sich führen müssen. Statt eines detaillierten Kontrollprozesses sollen sie diese dann aber nur noch scannen lassen müssen.
Die App soll für alle EU-Bürger:innen und Nicht-EU-Bürger:innen verfügbar sein, die aus der Schengen-Zone ein- oder ausreisen und einen EU-Ausweis oder einen biometrischen Pass haben. Reisende können sich mit der App auch vorab bei Behörden der EU-Mitgliedstaaten anmelden. EU-Bürger:innen sollen ihre digitalen Dokumente in allen EU-Staaten einsetzen können, etwa um sich für deren elektronische Identifizierungsverfahren zu registrieren.
Kommission will App selbst entwickeln
Die App will die EU-Kommission mit Unterstützung von EU-LISA selbst entwickeln, der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.
EU-Bürger:innen sollen künftig ein digitales Zertifikat für die Nutzung der App anfordern können, wenn sie sich ein neues Ausweisdokument ausstellen lassen. Alternativ sollen sie sich mit der App und ihrem Ausweisdokument auch eigenständig ein digitales Reisedokument erstellen können.
Die Kommission weist darauf hin, dass die Niederlande, Finnland und Kroatien schon jetzt ihren Bürger:innen erlauben, digitale Dokumente bei der Ein- und Ausreise zu verwenden. Ab 2030 soll dies die App der Kommission für die gesamte EU ermöglichen.
Reisepass für die digitale Brieftasche
Bürger:innen sollen ihre Ausweisdokumente dann auch in der europäischen digitalen Brieftasche speichern können. Die sogenannte ID-Wallet müssen alle EU-Mitgliedstaaten bis Herbst 2026 ihren Bürger:innen zur Verfügung stellen.
Die Brieftasche ist ein digitales Großprojekt, mit dem die EU das Ausweisen in der ganzen Union digitalisieren und vereinheitlichen will. Nach jahrelangen Verhandlungen hat das Europäische Parlament das entsprechende Gesetz im Februar beschlossen. Derzeit gibt es erhebliche Unstimmigkeiten bei der technischen Ausarbeitung des Projekts. Im September warnte erneut ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen vor den Gefahren, die das Projekt in seiner aktuellen Form mit sich bringe.
Details zum Datenschutz folgen
Weitere Details zum Datenschutz bei der Reise-App will die EU-Kommission noch in Durchsetzungsrechtsakten bekannt geben. Sie sollen Einzelheiten zu Datensicherheit, den eingesetzten Verschlüsselungsmethoden und dem Datenzugang enthalten.
„Die Menge an Daten, die die Grenzschutzbehörden verarbeiten, ändert sich nicht“, schreibt die Kommission in einem FAQ zu ihrem Gesetzesvorschlag. „Es ändert sich nur das Timing, wann sie kontrolliert werden, weil die Kontrollen früher geschehen.“
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