Mastodon und Peertube: EU macht Fediverse dicht, weil niemand die Server betreiben will

EU-Institutionen sind auf Mastodon und Peertube aktiv, dank eines Pilotprojekts des Europäischen Datenschutzbeauftragten. Weil aber nach zwei Jahren keine EU-Institution die Fediverse-Server übernehmen will, werden diese im Mai kurzerhand abgeschaltet.

Grabstein, auf dem Europäische Sterne und ein Mastodon zu sehen ist.
Die EU will ihren Mastodon-Server schließen. (Symbolbild) – Public Domain generiert mit Midjourney

Vor ziemlich genau zwei Jahren startete der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDPS) als Pilotprojekt zwei Angebote im Fediverse: Mit EU Voice auf Basis von Mastodon und EU Video mit der Software PeerTube sollte den Einrichtungen, Ämtern und Agenturen der EU eine „alternative, datenschutzfreundliche und nutzerorientierte“ Plattform bereitgestellt werden.

Insgesamt öffneten in den vergangenen Jahren 40 Institutionen einen Account bei EU Voice, unter ihnen der EU-Datenschutzbeauftragte, der Europäische Gerichtshof und die EU-Kommission. Die Videoplattform nutzten hingegen sechs Institutionen. Laut dem Datenschutzbeauftragten waren die EU-Institutionen damit die größte Gruppe öffentlicher Einrichtungen im Fediverse weltweit.

Doch diese Angebote stehen nun vor dem Aus: In einer Pressemitteilung erklärt der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDPS) Wojciech Wiewiórowski, dass es ihm nicht gelungen sei, „ein neues Zuhause für EU Voice und EU Video in anderen EU-Institutionen zu finden“ – und damit niemanden, der „die Server warten und den Betrieb auf dem hohen Niveau aufrechterhalten können, das die EU-Institutionen und unsere Nutzer verdienen“. Der EDPS hat deswegen angekündigt, die beiden Angebote zum 18. Mai abzuschalten. Den bestehenden Accounts will der EDPS dabei helfen, auf andere Instanzen umzuziehen.

„Vermächtnis für eine digitale Zukunft“

In der Pressemitteilung liest sich das alles etwas skurril, weil der EDPS das Piloprojekt als großen Erfolg wertet. Es habe „bewiesen, dass öffentliche Einrichtungen wie die EU-Institutionen Plattformen für soziale Medien anbieten können, die die Grundrechte des Einzelnen respektieren“. Sie seien damit ein Alternative zu den üblichen Plattformen, „die einer Handvoll großer Akteure gehören“. Der Datenschutzbeauftragte zeigt sich stolz auf den Erfolg des Projekts, das als Vermächtnis beweise, „dass gemeinsame Anstrengungen und Lösungen zur Gestaltung einer sichereren digitalen Zukunft für die EU möglich sind.“

Oder eben auch nicht – weil sich keine der mehr als 40 Organe, Einrichtungen und Agenturen in der ganzen EU findet, die zwei Server dauerhaft betreiben und moderieren will. Dabei hält sich der Aufwand dafür in Grenzen – und von einem Staatenverbund mit einem Jahresbudget von mehr als 180 Milliarden Euro sollte er auch zu bewältigen sein.

Update 20 Uhr: 
Die EU-Kommission hat überraschend auf Mastodon angekündigt:

Unser Engagement für das Fediverse wird fortbestehen.
Wir arbeiten an einer Lösung, um unsere kontinuierliche Präsenz in Ihren Feeds zu gewährleisten und dabei die Vorteile der Identitätsübertragbarkeit von Mastodon voll auszuschöpfen.
Und wir bauen sogar das Team hinter unserer Mastodon-Präsenz aus, indem wir unsere Bemühungen verstärken, auf Ihre Kommentare zu unseren Beiträgen einzugehen.
Wir sind fest entschlossen, ein echter Teil der Konversation im Fediversum zu sein.

Lies die englische Version dieses Artikels


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