Gegen den Trend: Überwachung ist die Mutter aller Probleme

Grundrechte statt Überwachung zu fordern, liegt gerade nicht im Trend. Doch der markige Ruf nach mehr vermeintlicher Sicherheit gefährdet unsere Gesellschaft. Deshalb halten wir dagegen. Das geht nur dank eurer Unterstützung.

Eine Werbefläche vor einer Hauswand mit der Aufschrift "Überwachung ist die Mutter aller Probleme"
Durch diese Fotomontage haben wir ca. 1.400 € Werbebudget gespart. (Symbolbild – Montage: netzpolitik.org) CC-BY-NC-SA 4.0

Als Horst Seehofer, Vater des populistischen Migration-als-Mutter-aller-Probleme-Zitats, das Amt als Innenminister abgab, schöpften viele Hoffnung. Denn mit Nancy Faeser übernahm eine Sozialdemokratin das Haus. Und die würde wohl nicht länger die Grundrechte schleifen, als gäbe es kein Morgen.

Es kam anders. Und im Rückblick lassen sich die Überschriften unserer Texte vor und nach Seehofer kaum unterscheiden. Aus der Fortschrittsampel ist ein zersplitterter Rechtsabbiegepfeil geworden.

„Überwachung ist die Mutter aller Probleme“, sagen wir. Aber eigentlich liegt der Kern noch eine Ebene tiefer. Vielleicht sollte es heißen: Probleme immerzu nur mit der Einschränkung von Grundrechten zu beantworten, ist die Mutter aller Probleme. Das passt zwar nicht so gut auf ein Plakat, trifft es aber ziemlich gut.

Wer einen solchen Kurs fährt, muss sich am Ende nicht wundern, wenn von einer freiheitlichen Demokratie nichts mehr übrig bleibt. Und wenn sich die autoritären Fantasten über einen gefüllten Werkzeugkoffer freuen. Deshalb werden wir nicht müde, immer wieder laut zu werden, wenn Grund- und Freiheitsrechte beschnitten werden – ganz gleich, welche Parteifarbe die jeweilige:n Innenminister:innen tragen.

Überwachung und Einschränkung von Grundrechten – das gibt es nicht nur im Großen wie bei der Chatkontrolle und beim geplanten Sicherheitspaket mit seiner biometrischen Gesichtserkennung. Das gibt es auch da, wo eine Reform der Gewalttäter-Sport-Datei verschleppt wird, in der schon viele Fußballfans unrechtmäßig gespeichert wurden. Wenn schon wieder jemand die Vorratsdatenspeicherung fordert. Wenn Staatstrojaner immer tiefer in die Behördenpraxis eindringen. Wenn eine dringend nötige Überwachungsgesamtrechnung immer weiter hinausgeschoben und diskreditiert wird. Oder wenn Befugnisse unverhältnismäßig angewendet werden.

Wir schauen hin, seit Jahren.

Ob Staat oder privat

Wenn Freiheitsrechte eingeschränkt werden, bekommt das nur selten so viel Aufmerksamkeit wie die markigen Rufe nach vermeintlicher Sicherheit. Aber dank eurer Unterstützung können wir beharrlich darüber berichten.

Es sind nicht nur staatliche Stellen, die im Überwachungsfeld mitspielen. Auch private Überwachung ist eine Problemmutter. Bei den Tech-Konzernen paart sie sich bestens mit dem Streben nach immer mehr Profit. Wer alles über uns weiß, kann gut an uns verdienen und unsere Schwächen ausnutzen. Das ist der Treibstoff für den Überwachungskapitalismus.

Überwacht werden aber nicht nur Bürger:innen von Staaten und Nutzer:innen von Tech-Konzernen. Überwachung gibt es auch im Privaten. Wo Ex-Partner:innen ihren Opfern Stalkerware auf Smartphones spielen, wird sie zur physischen Gefahr. Auch dazu recherchieren wir.

Inmitten all der schlechten Nachrichten fragen wir uns immer wieder: Wie könnten andere Lösungen für all die realen Probleme aussehen? Lösungen, die ohne Grundrechtseinschränkungen funktionieren. Lösungen, die Probleme da lösen, wo sie entstehen. Ohne Angst, sondern mit Mut, Wertschätzung und Hoffnung. Weil wir die offene und solidarische Gesellschaft verteidigen und stärken müssen.

Mit deiner Spende für netzpolitik.org ermöglichst du es uns, konsequent für Grund- und Freiheitsrechte einzutreten. Ganz egal, ob das gerade „im Trend“ liegt oder nicht. Wir tun das, weil es wichtig ist. Und wir wollen weitermachen. Deshalb freuen wir uns, wenn du uns – gerade jetzt – dabei unterstützt.


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